Kapitel 6

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Am nächsten Tag

„Sag mal, was ist eigentlich mit Horatio los?“ witzelte Eric, als er neben Calleigh im DNA-Labor stand und gerade etwas in den Computer hämmerte.

„Wieso? Was soll denn mit ihm sein?“ Die blonde CSIlerin klang abwesend.

„Vorhin ist Valera beinahe ein Reagenzglas umgekippt. Du weißt, wie penibel Horatio in solchen Dingen ist, aber er hat nichts gesagt.“

„Dann wird er es nicht gesehen haben“, murmelte Calleigh, die etwas auf einen Block notierte.

„Er stand direkt neben ihr. Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen“, sagte Eric und schüttelte den Kopf. Calleigh reagierte nicht.

„Sag mal, hörst du mir eigentlich zu?“

„Ja, ich höre dir zu“, sagte Calleigh, und es klang etwas genervt. Sie wusste, wieso Horatio gut drauf war. Und sie zwar zwiegespalten, was das neue Glück ihres Chefs anging.

„Und ich bleibe dabei. Irgendwas ist los mit ihm. So kenne ich meinen Schwager gar nicht“, blieb Eric bei dem Thema.

Calleigh sah ihn an. Obwohl Marisol, Erics Schwester, tot war, sah er in Horatio noch immer seinen Schwager. Durfte er ihm vorenthalten, dass es eine neue Frau in seinem Leben gab? Ode ging es Eric nichts an?

„Ich tippe auf eine Frau“, überlegte Eric, während er auf die Ergebnisse wartete, die ihm der Computer liefern sollten. „Klingt vielleicht blöd, ist aber so. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er ist verliebt.“

„Eine Frau? Wie kommst du darauf?“ Eric hatte es geschafft und ihre volle Aufmerksamkeit.

„Na ja, Marisol ist jetzt zwei Jahre tot. Sie hätte nicht gewollt, dass er ewig alleine bleibt und ihr hinterher trauert.“

Calleigh wunderte sich über Erics offene Worte und legte den Kugelschreiber zur Seite. „Dann hättest du also nichts dagegen, wenn Horatio sich neu verlieben würde?“

„Was soll denn die Frage? Er wird immer der Mann meiner Schwester bleiben, aber warum sollte ich denn etwas dagegen haben? Er hätte es mehr als verdient. Ich rede schon eine ganze Weile auf ihn ein, dass er rausgehen und wieder am Leben teilhaben soll, aber du kennst ja Horatio.“ Er verdrehte die Augen.

Calleigh wusste, dass es nicht böse gemeint war. Horatio war kein Typ, der in die Bar ging, Frauen aufriss und sie für den Spaß mit nach Hause nahm. Wenn sich Horatio für eine Frau interessierte, dann ernsthaft.

„Eric, du hast Recht.“

„Womit habe ich Recht, Cal?“

„Mit deiner Vermutung. Es gibt eine neue Frau in Horatios Leben.“

„Echt? Wen?“ Er riss die Augen auf.

„Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen soll. Ich hatte gehofft, dass Horatio es dir vielleicht selbst sagen würde.“

„Was? Wovon redest du da bitte, Cal?“

„Er ist mit Trish zusammen.“ Jetzt war es raus.

„Mit deiner Schwester? Horatio ist mit deiner Schwester zusammen? Du machst Witze.“

Calleigh nickte.

„Und wie lange geht das schon?“ Eric fuhr sich mit der Hand übers Kinn, wo ein Dreitagebart wuchs.

„Noch nicht lange. Etwa zwei Wochen. Sie haben sich kennen gelernt, als Trish mich besuchen wollte.“

Eric schwieg. Er erinnerte sich schwach an den Tag, an dem Calleighs Schwester im Labor gewesen war, aber er hatte dem Besuch kaum Beachtung geschenkt.

„Was hälst du davon? Bist du jetzt sauer, weil ich dir nichts gesagt habe?“

„Na ja, es wäre schon ganz schön gewesen, denn länger hätte ich es mir eh nicht angesehen, wie er leidet. Ich hatte schon die Idee, ihn zu so einem Speed-Dating mitzunehmen“, sagte Eric, aber als Calleigh sein verschmitztes Grinsen sah, war klar, dass er nur Spaß machte.

„Nein, im Ernst. Ich finde es toll, dass Horatio sich auf deine Schwester eingelassen hat. Hast du denn ein Problem damit?“

Calleigh zuckte mit den Schultern. „Kann ich dir nicht sagen. Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.“

Sie kannte Horatio. Er war kein Mann, der mit einer Frau nur spielte. Vor Marisol war er kurz mit Yelina, der Frau seines verstorbenen Bruders Ray zusammengewesen, aber es hatte nicht sein sollen. Und davor war er mit Julia Winston zusammengewesen. Sie hatte ihm ihren gemeinsamen Sohn Kyle vorenthalten, und das hatte er ihr nie verziehen. An eine andere Frau in Horatios Leben konnte sie sich nicht erinnern. Jetzt schien auch er endlich das Glück gefunden zu haben, nach dem er so lange auf der Suche gewesen war.

Und dennoch machte sie sich Sorgen. Sorgen um ihre Schwester. Horatio würde ihr niemals absichtlich wehtun, aber was würde passieren, wenn Trish ihn auf andere Art und Weise verlor und daran zerbrach?

Csi Miami (Neuanfang)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt