Deja Vu 

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Ich wachte mit einem Schädel auf, als hätte ich eine Nacht straight durchgesoffen.
Ächzend blinzelte ich ins Licht, wobei Licht ehrlich gesagt leicht übertrieben war, denn das was meinen Sehnerv da triggerte war der rötliche Schein des Sonnenuntergangs.
Gott... ich hoffte, es war der Sonnenunter-, und nicht Aufgang!
Wie lange war ich bloß weg gewesen?
Ich stemmte mich in die Senkrechte und blinzelte wie eine verschlafene Eule im Raum umher. Es war der gleiche, in dem ich schon das letzte Mal untergebracht worden war. Also tat ich auch genau dasselbe, was ich beim letzten Mal schon gemacht hatte!
Ich ging mich erst mal erleichtern und dann hopste ich mit Begeisterung unter die warme Dusche.
Nachdem ich genüsslich den Stress der letzten Tage abgespült hatte, trocknete ich mich rasch ab und sah, dass der gute Samariter des letzten Males auch jetzt aktiv gewesen war. Auf einem Stuhl neben meinem Bett lag eine weiche, schwarze Yogahose und ein farblich passender Kapuzenpulli.
Und Halleluja... Socken und neue Turnschuhe!
Es war schon amüsant, wie schnell Frau sich wieder menschlich fühlte, wenn sie sauber war und saubere Klamotten anhatte!
Nachdem ich meine verstrubbelten Haare grob mit den Fingern durchgekämmt hatte, machte ich mich an den Ausbruch.
Vorsichtig öffnete ich die Tür und spähte hinaus. Doch anscheinend hatten die Männer durch meinen letzten Ausbruch einiges dazu gelernt, denn ich hatte doch tatsächlich einen Wachposten, der mich verschmitzt über die zwei Meter des Ganges von der gegenüberliegenden Wand her angrinste!
Echt jetzt?
Ich meine, wieso vertrauten die mir nicht?
Nur weil ich beim letzten Mal mich klammheimlich aus dem Staub gemacht hatte?
Also ehrlich...
Betont unschuldig grinste ich zurück und schloss die Tür hinter mir. Jetzt stand ich Auge in Auge dem hübschen jungen Mann mit den Grübchen gegenüber, der zusammen mit Jason bei meiner Untersuchung ins Zimmer geplatzt war.
„Hallo..." sagte er und legte den Kopf schief, während mich die beiden verdammten Grübchen durch das strahlende Lächeln bedingt anblinkten.
Ich nickte höflich und sah dann den Gang entlang.
„Lass mich raten, du willst wieder abhauen?! Ja, Luke hat sich sowas schon gedacht und meinte, wir sollten Wache schieben, weil er noch ein bis zwei Takte mit dir zu reden hat. Also kommst du mit mir? Ich bring mich zu ihm."
Der niedliche Schönling streckte mir eine seiner Pranken hin, die ich zweifelnd ansah. Dachte der wirklich, ich wäre so dämlich? Grübchen hin oder her, das würde nicht ausreichen, um mich in eine Falle zu locken.
„Wow, du bist ja eine ganz Misstrauische. Ich tue dir nichts, versprochen."
Ich musterte ihn nur mit hochgezogenen Augenbrauen und Schönling kapierte es endlich.
Er zog seine Hand wieder weg und deutete mit einer leichten, spöttischen Verbeugung den Flur hinunter.
Ich verdrehte die Augen und marschierte los.
Ich musste dringend zu Cami zurück, also konnte ich den obligatorischen Termin mit dem Onkel Doktor auch direkt hinter mich bringen.
Wir blieben vor einer Tür stehen und Schönling öffnete diese galant für mich.
„Sophie! Du bist wieder wach, das ist schön! Komm rein... danke dir, Christian."
Luke stand neben seiner Schwester und sah mich jetzt auffordernd an.
Ich seufzte und ergab mich meinem Schicksal.
„Hallöle, ihr zwei.. bevor du loslegst, Doktorchen... Ich hätte da mal eine Frage. Ist das der Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang?"
„Sonnenaufgang," grinste der Arzt mich an und lehnte sich gegen seinen Schreibtisch.

Shit!
Jetzt wurde mein Abgang aus dieser Stadt noch um einiges dringender!
Mitten in mein Gegrübel über die schnellste Fluchtroute aus der Stadt raus, sprang Linda auf mich zu und umarmte mich.
„Gott, Sophie... wir haben uns solche Sorgen gemacht, als du ohnmächtig wurdest! Und dann bist du einfach nicht mehr aufgewacht... Luke meinte, dass du schlichtweg von Ohnmacht in einen tiefen Schlaf gewechselt wärst und sich dein Körper jetzt einfach an Erholung holt, was er braucht..."
Ihr Bruder nickte wie ein Wackeldackel zu ihren verzweifelten Gestammel und ich wurde langsam nervös.
Nicht nur, dass dieses ganze Gekuschel mich im Moment leicht überforderte, ich hatte auch noch den dumpfen Eindruck, dass die Antwort auf meine nächste Frage mir partout nicht schmecken würde.
„Äh... wie lange hab ich geschlafen?"
Luke stieß sich von dem Möbelstück ab und schlenderte betont harmlos in unsere Richtung, während er die Antwort hinauszögerte.
„Luuuhuuke? Wie lange?!" fauchte ich und schob Linda fast schon grob von mir weg.
Der junge Arzt hatte uns fast erreicht, als seine Schwester mir die gewünschte Information regelrecht um die Ohren knüppelte.
„Soph, raste nicht aus, ok? Du warst ein Tag und zwei Nächte vollkommen ausgeknockt und... SOPHIE..."
Den letzten Teil brüllte sie, weil ich bereits Fersengeld gab.
Cami war mit absoluter Sicherheit am ausrasten und würde unter Garantie eine ähnlich schlecht geplante Rettungsaktion starten, wie die, die ich abgezogen hatte um sie aus dem Lager zu bekommen!
Anscheinend hatte Luke meine Flucht vorausgesehen und war nur zwei Schritte hinter mir, während ich in meinem Eifer kurzerhand den Grübchen tragenden Schönling über den Haufen rannte.
„SOPHIE! VERDAMMT NOCHMAL... BLEIB STEHEN!" donnerte Luke wütend und ich duckte mich unter seinen zugreifenden Armen hinweg. Durch das Rumgebrülle alarmiert, öffneten sich nun auch noch diverse Türen und mehr oder weniger verschlafene Männer steckten ihre Köpfe hervor, um rauszufinden, wer da ihren Schönheitsschlaf zu stören wagte.

„Woah, woah, woah... easy there, sweetheart!" Jason stakste auf mich zu, die Handflächen mir zugewandt, als wolle er mir versichern, dass ich nicht in Gefahr war. Als würde ich mir gerade Sorgen um mich selbst machen!
Pfff!
Als ich meine Besti das letzte Mal über einen längeren Zeitraum allein gelassen hatte, war sie trotz der Bewachung durch unsere Tiere einem Sammelteam in die Hände gefallen! Wenn der dämliche Kommandant auch nur einen Funken Grips in der grauen Masse da in seinen Schädel hatte, würde er zumindest in Erwägung ziehen, an gleicher Stelle erneut zu suchen. Und dann würde ein Entkommen sich recht schwierig gestalten, da die Pferde Cami nicht ohne meine ausgesprochene Erlaubnis aufsitzen lassen würden!

Dankenswerterweise hatte auch Jason - wie die meisten Kerle - die Angewohnheit mit weit gespreizten Beinen dazustehen, was ich natürlich nicht ungenutzt lassen konnte!
Aus dem vollen Lauf heraus machte ich eine Rolle vorwärts zwischen seinen Beinen hindurch und kam mit dem Schwung mühelos hinter ihm wieder auf die Füße. In meinem Rücken kollidierte Luke nun mit Aquaman und die beiden Herren der Schöpfung ging ächzend in einem wilden Knäuel aus Gliedmaßen zu Boden.
Ich nahm mir vor, über die völlig verdatterten Gesichtsausdrücke mir später einen abzulachen, erstmal musste ich die vermaledeite Treppe vom letzten Mal finden!
Am besten ohne wieder gegen diverse Wände und Feuerlöscher zu dömmeln!
Und obwohl ich den Orientierungssinn eines Mehlwurms hatte, stand ich nur wenig später vor dem Treppenhaus.

Und vor Sebastian...

Der niedliche Amerikaner lehnte mit verschränkten Armen an der Tür zum Treppenaufgang und sah mir mit einem leichten Schmunzeln entgegen.
„Hi Baby," sagte er und betrachtete mich amüsiert.
„Hi," japste ich und wollte an ihm vorbeischlüpfen, doch Seb zog mich mit einer schnellen Bewegung an seine Brust.
„Running away again? Warum? Zu wem musst du zurückkehren?" flüsterte er an meinen Lippen und ich vergaß wieder einmal alles um mich herum, als ich in diese wunderschönen Ozean-farbenen Augen sah.
„Love... don't leave..." wisperte Seb und dann küsste er mich. Seufzend schmolz ich in den warmen, starken Armen zu einer seligen Pfütze aus Lust und Leidenschaft zusammen.
Dieser Mann war aber auch hoch talentiert! Was er da mit seiner Zunge anstellte...
Wie gut, dass er mich festhielt, denn meine Knie hatten ihre Standfestigkeit schon nach der ersten Minute des Kusses eingebüßt.
Ich bekam nicht mal mit, wie Luke und Jason, gefolgt von einer Horde weiterer Männer und Schwesterchen Linda zu mir aufschlossen..

Das VirusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt