Tatsächlich war es gar nicht schwer gewesen, selig einzuschlummern. Wir beide waren so dermaßen fertig, dass wir sogar verpassten, wie sich der Schneewittchen Verschnitt am Morgen wieder in den Container schmuggelte. Jedenfalls lag die Kleine als ich aufwachte zusammengerollt unter der Decke und tat recht überzeugend so, als würde sie still vor sich hinratzen. Auch ließ sie sich einige Herzschläge lang Zeit, nachdem sie das Quietschen meiner Bettfedern vernahm und setzte sich erst Sekunden später mit der Urmutter allen Gähnens auf.
„Morgen," nuschelte Anastasia dann und schwang die Füße auf den kühlen Boden.
Ich war ein Morgenmuffel par excellence, also grunzte ich nur eine Unverständlichkeit zurück.
Ein kurzer Blick auf Cami zeigte mir, dass meine Besti immer noch am pennen war. Sie musste ja auch eine lebensbedrohliche Erkrankung gesund schlafen... von der Bühnenreifen Showeinlage des gestrigen Tages will ich gar nicht erst reden...
„Kommst du mit in den Wasch-Container? Ich müsste mal dringend und ich fühle mich mit den ganzen Männer dort draußen nicht so sicher, wenn ich alleine gehe..." piepste mich das Mädchen von der Seite an und ich nickte gähnend.
Na, klar doch... du fühlst dich nicht sicher... als würde nur einer dieser schwanzgeilen Triebtäter da draußen auch nur entferntesten auf den Gedanken kommen, der Tochter des Kommandanten etwas zu Leide zu tun...Aber da ich ebenfalls äußerst nötig das Töpfchen aufsuchen musste und mir die Nacht von den Zähnen schrubben wollte, bequemte ich mich aus dem erstaunlich komfortablen Feldbett. Wenn Frau Jahre lang auf dem harten Boden geschlafen hatte, kam einem selbst eine Isomatte wie der pure Luxus vor, ganz zu schweigen von einer tatsächlichen Matratze!
Also bitte kein Augenverdrehen... es sind die simplen Freuden des Lebens, die jeder stets feiern sollte...
„Na, dann komm... wir sollten Camelia noch schlafen lassen. Die Blutvergiftung in Verbindung mit der Tablette gestern Abend hat sie wohl ganz schön geschlaucht."
Ich schnappte mir meinen Kulturbeutel und streckte mit einem bemühten Lächeln die Hand nach Anastasia aus. Sofort trippelte die kleine Spionin zu mir und gab Pfötchen. Während wir den Container verließen, sah ich aus den Augenwinkeln, wie Cami mich verstohlen aus einem Auge anblinzelte.
Oh, gut... Sie war doch schon wach.
Und würde vermutlich die freie Zeit nutzen, um sich ein wenig in unserem Gefängnis umzusehen.
Ich beschloss, dasselbe draußen zu machen und so stapfte ich langsam in Richtung der Baracke mit den Duschen und sanitären Anlagen.
Die Sonne ging gerade auf. Ich schätze daher, dass es vielleicht acht Uhr morgens war und für die morgendliche Stunde war es zudem noch erstaunlich ruhig.
Auf dem Weg zu den Toiletten begegneten wir gerade einmal drei Männern.
Anscheinend war für die meisten nach wie vor Schlafenszeit.
Interessant...
Augenscheinlich waren demnach die frühen Morgenstunden die beste Zeit, um klammheimlich die Biege zu machen.
Oh, oh... und da ich sah noch etwas!
In einiger Entfernung huschte ein etwa Kalb-großes Tier mit schwarzem Fell zwischen den einzelnen Zelten hindurch.
Ach, du Heiliger Supermist!
Das war Akela!
Ooooh, das war gar nicht gut!
Ich war mir ziemlich sicher, dass die Männerpatrouille, die meine beste Freundin entführt hatte, zumindest einen von den riesigen Kötern gesehen hatte. Denn, seien wir mal ehrlich... diese gigantischen Biester konnte man nun echt kaum übersehen!
Cami musste ganz schnell ein Machtwort sprechen und den Hund wieder wegschicken. Wie sie das anstellen wollte, konnte ich mir aber beim besten Willen nicht erklären...
Vor allem nicht, ohne dass wir uns dabei verraten würden.
So ein Mega Pech aber auch...Gut... im Moment konnte ich sowieso nichts dagegen unternehmen. Also tat ich zunächst einmal das nahliegende und suchte das stille Örtchen auf.
Nachdem ich mir den Schlaf aus den Augen gewaschen und anschließend die Zähne geputzt hatte, fühlte ich mich fast schon wieder wie ein Mensch. Was jetzt noch so richtig gut gewesen wäre, waren neue Klamotten. Und ich musste dringend nachschauen, wo meine Turnschuhe abgeblieben waren! Immerhin hatten mir die Jungs aus der Stadt diese gerade eben erst geschenkt und sie waren so mega bequem gewesen...
Als ich fertig war und gerade an den Duschen vorbei in Richtung Ausgang tapste, berührte mich eine Hand an der Schulter. Verwirrt drehte ich mich um, in der Erwartung, Anastasia dort zu sehen... doch es war eine mir fremde Frau. Ich schätze sie auf maximal Anfang Dreißig und war erschüttert darüber, wie abgekämpft sie wirkte.
„Du bist neu, oder?" fragte sie leise und ich nickte langsam.
„Mein Name ist Linda... Und ich geb dir einen guten Rat. Wenn du kannst, verschwinde hier so schnell es möglich ist. Verplempere nicht deine Zeit, irgendwen von hier retten zu wollen. Hau einfach ab! Ich empfehle dir früh morgens. Da sind die Scheißkerle noch müde von ihrer nächtlichen Rumfickerei..."
Früh morgens, hm?
Da lagen wir anscheinend auf derselben Wellenlänge. Rasch sah ich mich um, doch meine Gefängniswärterin stand noch am Waschbecken und putzte sich die blendend weißen kleinen Perlen Zähnchen.
„Was ist mit dir? Meine Freundin und ich können dich doch mitnehmen."
Linda schüttelte müde den Kopf und sagte leise:
„Nein, das ist keine gute Idee. Ich bin schwanger und sie bewachen mich mit Argusaugen. Mit mir würdet ihr nicht den Hauch einer Chance haben."
Ich presste die Lippen fast zusammen.
Sie tat mir so leid!
Obwohl sie erst Anfang Dreißig war, wirkte sie verbraucht... völlig erschöpft, mutlos und todunglücklich.
Und in der Sekunde wurde mir eines klar.
Wir würden sie auf jeden Fall mitnehmen!
„Nur mal eine Frage ins Blaue hinein: kannst du reiten? Also, auf einem Pferd, meine ich..."
fragte ich betont harmlos und bückte mich, um die versehentlich - will sagen außerordentlich absichtlich - fallengelassene Zahnpastatube möglichst umständlich wieder aufzuheben.
„Ähm... nein. Ich hab zwar als Kind mal auf ein Pony gesessen, aber noch nie auf einem größeren Pferd... wieso?" antwortete Linda verwirrt und ich richtete mich mit einem Zwinkern auf. Dann öffnete ich den Kulturbeutel und sah hinein, als müsste ich mir noch mal vergegenwärtigen, was da alles drin war und was nun - Oh Wunder - mir gehörte.
Ich grinste also sehr glücklich und dezent grenzdebil mein Deostift an, während ich diesen aus dem Säckchen zog und wisperte ohne die Lippen zu bewegen:
„Oh, keine Sorge... Das bringe ich dir schon bei. Morgen um die gleiche Zeit wieder hier?"
Verwundert nickte die Frau und wickelte sich in ein Handtuch.
„Ihr solltet wirklich lieber ohne mich verschwinden. Ich halte euch nur auf... Und meine Bewachung macht es zudem noch schwieriger. Ach, und was Bewachung angeht... Passt mit dem Kind aus."
Ich lächelte zuckersüß und hob den Arm, um mich mit dem Deostift einzukleistern.
Dabei flüsterte ich zurück: „Oh, wir wissen über ihre tatsächliche Funktion bereits Bescheid. Aber vielen Dank... Jetzt weiß ich, dass ich dir trauen kann."
Anastasia hatte mittlerweile ihre Morgenhygiene beendet und stapfte schnell in meine Richtung.
„Hey, kleine Maus, bist du fertig? Ach, kennst du Linda schon? Sie ist echt super nett! Sie hat mir gerade erzählt, was für ein großartiger Mann der Kommandant ist. Kein Wunder, dass es hier im Lager so friedlich und gesittet zugeht. Ich freu mich schon darauf, ihn kennen zu lernen. Vielleicht kann er uns ja erklären, wie es ab jetzt weitergeht... Hat mich gefreut, Linda. Wie sieht's aus Anastasia? Sollen wir nicht mal langsam schauen, ob Camelia wieder wach ist?"
Die kleine Möchtegern Spionin nickte und griff wieder nach meiner Hand. Rasch zerrte sie mich von Linda fort, der ich im Abgang noch einmal beruhigend zu zwinkerte.
Ja, diese arme Frau würden wir auf jeden Fall mitnehmen!
Ich hatte zwar noch keinen Schimmer, wie wir Hebammen spielen sollten, aber kommt Zeit, kommt Rat.
So wie sie aussah, konnte sie höchstens im dritten Monat sein, was bedeutete, dass wir noch gut ein halbes Jahr hatten, um uns diese Fähigkeiten anzutrainieren. Ich meine, ich hatte ja bereits bei diversen Pferdegeburten geholfen...
Wie schwer konnte eine da menschliche Geburt sein?
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Das Virus
Fiksi IlmiahLasst euch impfen, haben sie gesagt. Dann wird das alles nicht so schlimm, haben sie gesagt. Wir werden das alles zusammen überstehen, haben sie gesagt... Ja... Schöner Mist, sage ich. Das Coronavirus hat sich tatsächlich als eine weltweite Pandemi...