„Ich glaub, besser wird es nicht!"
Begeistert sah Cami zu mir hinüber. Ich lehnte mich über Orions Hals und begann zu grinsen, als ich das Schild entzifferte, welches meine Besti in Freudenstürme versetzt hatte.
‚Thermalquelle' stand dort gerade noch halbwegs lesbar unter dem Dreck der letzten Jahreszeiten.
„Wenn die tatsächlich noch sprudelt, wäre das fantastisch!" entfuhr es mir. Dank meiner damaligen Begeisterung für das Fach Erdkunde erinnerte ich mich wage an die Stadt, oder vielmehr den Ort, durch den wir gerade ritten.
Bad Bertrich war einst stolzer Besitzer einer sehr ergiebigen Thermalquelle, deren Wasser nicht nur wirklich gesund, dank der zahlreichen Mineralien durch die fünf erloschenen Vulkane war, es hatte sich noch eine perfekte Temperatur von um die dreißig Grad gehabt.
Auch gab es hier eine Höhle, die Elfengrotte - auch Käsegrotte genannt. Vielleicht war das ein passendes Winterquartier. Vor allem, wenn die Gebäude rund um die Thermalquelle zerfallen... oder schlimmer... bewohnt waren!
Leider schien sich hier unsere Glückssträhne endgültig erschöpft zu haben, denn der Ort war eine einzige Ruine... mit etwas sehr viel Fantasie konnte man noch die wunderschöne teils sehr alte Architektur erkennen, aber nicht eines der Häuser war auch nur ansatzweise bewohnbar. Oder wenigstens in einem Zustand, den wir für diesen Winter hätten retten können...
Cam seufzte traurig, folgte mir aber, als ich Orion über die Hügel trieb und der spärlich vorhandenen Beschilderung nach zur Elfengrotte ritt. Es wurde recht hügelig und der Weg war schon bald nicht mehr wirklich als solcher zu erkennen.
Aber vermutlich hatten meine Pferde Bergziegen in ihrer Ahnenreihe, denn die drei kletterten mit sehr viel mehr Begeisterung, als es für ihre Rasse zu erwarten war.„Ooookay... sieht etwas eng aus..." murmelte ich, als wir schließlich am Ziel angelangt waren. Die Treppen zum Höhleneingang waren noch erstaunlich gut passierbar gewesen und auch die Abstützungen der Grotte selbst - die alten hölzernen waren wohl kurz vor dem V-Day durch moderne Stahlträger ersetzt worden - schienen noch gut intakt zu sein und auch immer noch brav ihre Arbeit zu verrichten.
„Hilft alles nichts... wir können den Eingang anmeditieren, soviel wir wollen... aber um zu erfahren, ob wir darin überwintern können, müssen wir wohl oder übel reingehen."
Das war Logik, gegen die ich mich nicht wehren konnte. Also rutschte ich über Orions Flanke zu Boden und ging zu dem Rapphengst hin.
Ardanwen legte die Ohren flach an und tänzelte leicht. Er fand es gar nicht prickelnd, andauernd als Packpferd missbraucht zu werden und zeigte mir das sehr deutlich, in dem er mir spontan das Hinterteil zuwand.
„Alter Dickschädel," flüsterte ich liebevoll und suchte die Taschenlampe, die ich beim Einpacken vor zwei Tagen erspäht hatte.
Die beiden riesigen Hunde schnüffelten bereits mit heftig wedelnden Ruten in dem umgebenden Gebüsch herum und stürmten fröhlich bellend auf uns zu, als Cami nach ihnen pfiff.
Meine Freundin hatte sich bereits einen der Kompositbögen geschnappt und einen Pfeil eingelegt.
„Bran, Akela... sucht!" zischte sie und deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung zur Grotte und die Kangal-Mischlinge tauchten in die Dunkelheit.
Wir wechselten einen kurzen Blick miteinander, dann schaltete ich die starke Lampe an und leise folgten wir den Tieren ins Höhleninnere.Als wir eine halbe Stunde später wieder ans Tageslicht zurückkamen, war die Sache geritzt. Die Elfengrotte bestand nur noch aus drei Felsenkammern. Einem Hauptraum, der dazu auch noch über einen - wenn auch kleinen - Luftabzug verfügte, einem kühlen kleinen Nebenraum (perfekt für Vorräte) und dem dritten und besten Teil... hier hatte sich die Thermalquelle einen neuen Ausgang gesucht und quasi einen Poolraum geschaffen. Wir würden also permanent ein warmes Bad zur Verfügung haben!
Dazu kam noch, dass der Höhleneingang auf halber Höhe in einem Tal lag, so dass auch die Pferde vor den schlimmsten Winterstürmen sicher waren.
Und jetzt begann die eigentliche Arbeit. Ich machte mich daran, Ardanwen das Gestell abzunehmen, während Cami sich zusammen mit Bran buchstäblich in die Büsche schlug. Sie würde Feuerholz suchen und ich richtete derweil die Höhle wohnlich ein.
Nachdem ich unsere Sachen in den Hauptraum gebracht hatte, machte ich ein kleines Feuer direkt unter dem Rauchabzug.
Dann ging ich raus und krakselte die Felsenwände hinauf, um mit Hilfe des abziehenden Qualms die Öffnung zu finden. Noch war sie zu zugewachsen und auch zu klein, damit wir also keine späteren Schwierigkeiten bekommen würden, musste ich sie erweitern. Doch das würde schwierig werden, wenn ich die Rauchfahne und damit das Loch noch nicht einmal im Vorfeld finden konnte.
Nachdem ich mich zweimal dank aus dem Boden ragender Wurzeln langgelegt hatte und ein weiteres Mal in ein Dornengestrüpp getaumelt war, folgte ich endlich meiner Nase und Halleluja!... da war das kleine Mistding ja!
Jepp... diese Öffnung war definitiv viel zu klein. Seufzend fegte ich den Boden rund herum frei... und wieder mal endete die gerade erneut aufflammende Glückssträhne. Denn um den Abzug zu vergrößern brauchte ich schweres Gerät! Selbst ne Spitzhacke würde hier nicht ausreichend sein...
Gott, was würde ich jetzt nicht alles für einen Presslufthammer geben...
„Fuck!" maulte ich.
Dann markierte ich sorgfältig den Standort und machte mich an den Rückweg, der - zugegebenermaßen - ähnlich wie der Hinweg verlief. Dementsprechend war dann auch meine Laune und ich schnappte mir spontan den völlig verdatterten Akela, um etwas von der Frustration wegzuschmusen.„So schlimm?"
Finster blickte ich auf und sah meine Besti an, die gerade mit einem großen Arm Feuerholz vor mir zum Stehen kam.
„Sieht jedenfalls nicht gut aus. Wir müssen mit Feuer machen sparsam sein... da besteht echt so überhaupt keine Chance, dass wir nur mit Muskelschmalz den Abzug vergrößert bekommen. Vielleicht sollten wir auf der Seite des Poolraums unsere Schlafstatt aufbauen... da ist der Boden durch die Quelle etwas erwärmt. Wir könnten ja einen Windschutz aus Steinen und Lehm bauen... und dass meiste Kochen am Höhleneingang durchführen."
Cam nickte nachdenklich und trabte dann los, um das Holz nach drinnen zu bringen.
Ächzend erhob ich mich und ging ebenfalls hinein. Es wurde allmählich dämmerig und die Reise war alles andere als leicht gewesen. Ich warf noch einen letzten Blick zu den drei Pferden, die friedlich in den letzten Sonnenstrahlen auf der Lichtung grasten.
Orion hob den Kopf und blickte zu mir.
Ich war beruhigt... nun wussten meine drei Jungs, wo sie Unterschlupf finden konnten.
Vielleicht war es ja möglich den vorderen Teil des Hauptraumes abzutrennen, um den Tieren eine dauerhafte Unterbringung zu geben.
Das würden wir uns morgen genauer ansehen, oder vielmehr ich würde es mir anschauen.
Für Cami war morgen Jagdtag... und dabei würde sie zugleich die Umgebung erkunden.
Wir sollten schon wissen, ob es hier Wild gab - sowohl welches, das wir jagen konnten, wie auch Raubtiere, die uns selbst eventuell als köstlichen Snack einordnen würden.
Als ich den Hauptraum betrat, empfing mich der Duft von Zimt und Nelken. Beides war ein natürliches Mittel um Schlangen abzuwehren und ich war so dankbar, dass Cam daran gedacht hatte... wahrscheinlich als sie sich die Bögen ausgesucht hatte. Meine Freundin hatte bereits zur Sicherung einen Ring aus Steinen um das Feuerchen gelegt und ich beeilte mich, mit einem Büschel Zweige den Boden an der Wand zum Poolraum sauber zu fegen, damit wir die Isomatten dort ausbreiten konnten.
Als unsere Betten schließlich lagen, öffnete Cam ihren Rucksack mit den Lebensmitteln und reichte mir ein Paket Zwieback.
„Ich finde, wir sollten uns morgen den Ort noch mal genauer ansehen. Vielleicht finden wir dort irgendetwas, was wir noch benutzen können. Vielleicht sogar Vorräte... Und ich hatte überlegt, um die Höhle tagsüber hell zu bekommen, dass wir mit Spiegeln arbeiten. So wie die alten Ägypter... Wir müssten nur testen, wie wir die richtigen Winkel hinbekommen und natürlich müssten wir genügend Spiegel finden."
‚Joar... daran konnte es tatsächlich scheitern... wer brauchte in der heutigen Zeit noch intakte Spiegel,' dachte ich müde und sah ins Feuer.
Cam musterte mich besorgt von der Seite und fragte schließlich: „Willst du Luke und deine Jungs kontaktieren? Um ihnen zu sagen, dass es uns gut geht?"
Ich schüttelte langsam den Kopf.
Das hatte ich schon versucht, kurz bevor wir Bad Bertrich erreicht hatte ... kein Signal.
Wir waren definitiv außerhalb des fünfzig Kilometer Radius, den Luke mir als Vorgabe diktiert hatte...
Mist aber auch!
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Das Virus
Science FictionLasst euch impfen, haben sie gesagt. Dann wird das alles nicht so schlimm, haben sie gesagt. Wir werden das alles zusammen überstehen, haben sie gesagt... Ja... Schöner Mist, sage ich. Das Coronavirus hat sich tatsächlich als eine weltweite Pandemi...