"Willst du mir vielleicht verraten, warum du mitten in der Nacht bewaffnet in meinem Zimmer stehst, obwohl du bei unserem letzten Treffen ziemlich klargemacht hast, wie du zu mir stehst?", fragt er mit einer noch tieferen Stimme als sonst.
Dabei hebt er genervt die Braue, was ich ziemlich gut nachvollziehen kann.
Ich wäre auch nicht gerade glücklich darüber, so aus dem Schlaf gerissen zu werden.
"Von wollen ist hier leider nicht mehr die Rede, Nathaniel", sage ich und sehe ihm noch einige Momente tief in die Augen.
Ich könnte das Messer bereits herunternehmen, doch irgendwie macht es mehr Spaß, die Kontrolle über ihn zu haben.
Stattdessen nehme ich ihm das Messer aus seiner Hand und werfe es einfach hinter mich auf den Boden, sodass es ein Klirren erzeugt.
"Heute war die Geburtstagsfeier meines Vaters", sage ich, was ihn ziemlich unbeeindruckt nicken lässt.
"Ist mir bekannt. Ich war ziemlich gezwungen, mich davon abzubringen, diese verfluchte Veranstaltung nicht zu stürmen", murmelt er, ehe er sich einfach zurück in seine Kissen fallen lässt.
Damit verschwindet auch das Messer von seiner Haut, was dazu führt, dass er mir mal wieder den ganzen Spaß raubt.
So viele Leute würden mich fürchten, wenn ich mitten in der Nacht bei ihnen auftauchen würde, doch Nathaniel?
Er zuckt nicht einmal mit der Wimper, obwohl wir beide wissen, dass mein Vater nur auf den perfekten Moment wartet, um mir den gewissen Befehl zu geben.
"Du bist nicht hier, damit ich deinem alten Herren zum Geburtstag gratuliere. Also, wieso bist du hier?", fragt er, als er die Arme unter seinen Kopf legt und ganz unbekümmert zu mir nach oben blickt.
Ich lege das Messer genervt auf das Nachtschränkchen und verschränke dann die Arme vor der Brust.
Als ich dann wieder zu ihm sehe, muss ich beobachten, wie er seine Augen über meinen gesamten Körper wandern lässt.
"Ich habe gehört, der Dresscode wäre Weiß gewesen", merkt er an, während er die linke Hand ausstreckt und über die Haut an meinem linken Bein streichen will, an welchem der Schnitt des Kleides liegt.
Doch ich schlage seine Hand ganz unbeeindruckt weg, bevor er mich anrühren kann.
"Meine Mutter wollte, dass ich meine Narben verdecke. Als sie sich dann verraten hat, zu wissen, woher sie eigentlich stammen, habe ich mich dagegen entschieden", lasse ich ihn wissen.
Er nickt und schiebt den rechten Arm wieder unter seinen Kopf.
Es kostet mich wirklich viel Beherrschung, ihn nicht auch so abzuschätzen, wie er es ständig bei mir tut.
Immerhin zeigt er gerade mehr als nur genug Haut.
Außerdem interessiere ich mich plötzlich brennend für die dunkle Tinte auf seinem Oberkörper.
Ich wusste nicht einmal, dass er Tattoos hat und plötzlich will ich wissen, wie sie aussehen.
"Amara", sagt er und reißt mich damit sofort aus den Gedanken.
"Warum bist du hier?", fragt er nun etwas sanfter.
Anscheinend habe ich wirklich keinen Grund zur Sorge, wenn ich in seiner Nähe bin.
Er will mir nichts tun.
Jedenfalls noch nicht.
Vielleicht habe ich einen gewissen Nutzen für ihn, doch bis ich mehr weiß, sollte ich das für mich nutzen.
"Ich habe meine Cousins heute über etwas sprechen hören..."
"Du meinst, du hast sie belauscht", unterbricht er mich, was mich sofort dazu bringt, ihm einen mahnenden Blick zu widmen.
Dann nickt er und muss sich ein schelmisches grinsen verkneifen.
Manchmal kann ich in diesem Mann nichts anderes sehen, als ein kleines, verspieltes Kind.
"Jedenfalls habe ich gehört, wie sie über etwas gesprochen haben, das mich wieder an deine Worte erinnert hat. Ich will, dass du mir erzählst, was du in dem Hotelzimmer angedeutet hast. Das, über meine Familie, meine ich", sage ich und behalte die Arme vor der Brust verschränkt.
"Du machst Witze", sagt er und hat plötzlich diesen strengen Ausdruck im Gesicht.
Er hebt eine Braue, setzt sich auf und wirft die Decke förmlich von sich, ehe er sich erhebt und mit den Knien immer näher an mich heranrückt.
Ich gehe einen Schritt zurück, da ich annehme, er würde aufstehen wollen, doch plötzlich legt er seine viel zu große Hand in meinen Nacken und zieht mich wieder näher zu sich.
"Seit Wochen versuche ich dir zu vermitteln, dass ich kein Feind für dich bin. Du weist mich ständig ab und tust dasselbe in diesem Hotelzimmer, in welchem du vor meiner Ankunft noch einen anderen Kerl gefickt hast. Und dann brichst du mitten in der Nacht in mein Haus ein, in welchem ganz nebenbei meine Nichte denkt, sie wäre sicher?", fragt er mit solch einer bedrohlichen Stimme, dass ich wirklich tatsächlich eine Gänsehaut bekomme.
Trotzdem lasse ich mich von niemandem mehr unterkriegen.
"Wenn du mir nicht mehr helfen willst, finde ich jemand anderen, der das kann", entgegne ich, wobei mir seine Worte immer und immer wieder im Kopf widerhallen.
Wie kann es diesen Mann so sehr stören, dass ich mich mit anderen Männern vergnüge?
Schon damals, als er plötzlich in meinen Wagen gestiegen ist, wurde er, wegen einer meiner dummen Anmerkungen wütend.
Ganz langsam wandert seine Hand in mein Haar, ehe er meinen Kopf daran etwas nach hinten zieht, sodass er seine Hand ganz leicht an meinen Hals legen kann.
Und trotzdem rühre ich mich keinen Millimeter.
"Mir ist klar, dass du in deinem Leben noch nie von irgendjemandem auch nur einen Funken Wertschätzung oder Vertrauen geschenkt bekommen hast. Mal abgesehen davon, dass deine Familie es liebt, dich zu foltern..."
"Treib es nicht zu weit, Nathaniel", mahne ich, doch er ignoriert meine Warnung.
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Passionate Vengeance
ChickLitAmara ist der einzige weibliche Nachwuchs einer sehr bedrohlichen und gefürchteten Mafiafamilie. Ständig wird sie von ihrem Vater unter Druck gesetzt und zu Dingen gezwungen, die sie niemals tun würde. Als ihr Vater dann jedoch etwas Unglaubliches i...