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Irgendwie habe ich es gerade noch so geschafft, zurück zum Haus meiner Familie zu finden.

Ich habe so viel Blut verloren, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann, doch mein Stolz ist bekanntlich zu groß, um einfach nachzugeben.

Vor wenigen Minuten erst, haben mich die Männer meines Vaters durchsucht und erst ins Haus gelassen, als sie sich sicher waren, dass ich keine Waffen bei mir habe.

Jetzt stehe ich vor der verdammten Bar meines Vaters und schenke mir einen Wodka ein.

Wieso dieses Getränk immer das ist, welches mir zuerst in den Sinn kommt, kann ich nicht erklären, doch egal ist es mir auch.

Die Kugel steckt zwar nicht mehr in meiner Hüfte, da ich sie dummerweise mit einem schmutzigen Messer aus meinem Körper geholt habe, doch bluten tue ich noch immer unkontrolliert.

Mein Vater hat mir in den letzten Wochen so viel zugemutet, dass es kaum noch zu beschreiben ist, wie sehr ich ihn verachten sollte.

Und doch weiß ich nicht, wie ich mich fühlen und verhalten soll.

Mit Schmerz verzogener Miene, ziehe ich meine Jacke aus und werfe sie einfach auf den Hocker vor der Theke, ehe ich das Glas nehme und die Flüssigkeit in einem herunterkippe.

Ich höre die Schritte, welche mir immer näher kommen und doch ignoriere ich sie und gieße mir stattdessen einen weiteren Drink ein.

Als ich dann jedoch das Lösen der Sicherungen von mehreren Waffen höre, bildet sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen.

"Du hättest ganz simpel darum bitten können, dass ich zu dir komme, Vater", sage ich und nehme das Glas in meine Hand, ehe ich mich langsam zu den Leuten umdrehe.

Drei der Männer meines Vaters richten ihre Waffen auf mich, während Emanuel neben meinem Vater steht und seine Waffe zu Boden richtet.

Vater hingegen steht mit verschränkten Armen vor der Brust in seinem Morgenmantel zwischen den vielen Leuten und sieht mich mit seinem üblichen Blick der Abneigung an.

Er findet immer irgendeinen Grund, um mich als seinen Misserfolg zu bezeichnen.

"Du hast dich dem größten Feind unserer Familie angeschlossen, Amara. Das wird mit dem Tod bestraft", sagt er mit seiner dunklen und rauchige Stimme, während er mich mit seinen dunklen Augen betrachtet.

Ich nicke und nippe ein weiteres Mal an meinem Glas.

"Wo wir gerade vom Tod sprechen", lächle ich in seine Richtung, ehe ich das Glas erneut in einem Zug leere und es dann hinter mich stelle.

"Wenn du Glück hast, sterbe ich in Kürze an einer Blutvergiftung. Wenn ich natürlich nicht vorher an dem vielen Blutverlust sterbe", lächle ich und beobachte die vielen Männer vor mir dabei, wie sie mein gesamtes Erscheinungsbild abschätzen.

Immerhin musste ich in den letzten Wochen einiges einstecken.

Mein Vater rümpft die Nase und sieht flüchtig in meine Augen, ehe er sich wieder auf die vielen Wunden an meinem Körper konzentriert.

"Ich habe erst erfahren, wer er ist, als Rafael mich angerufen hat, um mir zu sagen, dass du ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt hast. Was, ganz nebenbei, total lieb von dir war", erkläre ich ihm mit einem Lächeln auf den Lippen.

"Verhalte dich nicht so überheblich, Mara!", zischt Emanuel wütend darüber, dass ich unserem Vater keinen Respekt zolle.

"Oh, verzeih mir", sage ich und lege mir theatralisch die Hand an die Brust.

"Ich leide gerade an unerklärlich viel Blutverlust, weil unser Vater voreilige Schlüsse gezogen und mir die halbe Stadt auf den Hals gehetzt hat. Mach die Augen auf, Emanuel!", knurre ich zurück und spüre sofort wieder, wie mir schwindelig wird.

Ich verabscheue, die Lage in welcher ich stecke.

Mir würde nicht einmal im Traum einfallen, einem dieser Männer nachzugeben, doch wie mir scheint, bleibt mir einfach keine andere Wahl.

Jedenfalls nicht, wenn ich noch weiter leben möchte.

Frustriert fahre ich mir mit den Fingern durch das schmutzige Haar und sehe dann wieder zu meinem Vater, während ich beginne, mich an einem der Hocker abzustützen.

"Ich bin freiwillig hier, was bedeutet, dass ich nichts zu verbergen habe. Mach mit mir, was auch immer du willst. Foltere mich, bestrafe mich, aber zieh das Kopfgeld zurück und besorg mir einen verfluchten Arzt, bevor ich sterbe, ohne meine Strafe abgesessen zu haben", sage ich, während ich einige Male unkontrolliert zu blinzeln beginne, da ich dabei bin, die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren.

Mein Vater betrachtet mich vollkommen unbeeindruckt, während Emanuel bereits beginnt, nervös zu werden.

Doch so war mein Vater schon immer.

Er ist ein kaltherziges Arschloch und interessiert sich nicht für mich.

Jedenfalls nicht, solange er keinen Nutzen in mir hat.

Als meine Knie für einen kurzen Moment nachgeben, stütze ich mich sofort auf der Theke ab und versuche meinen Vater weiterhin nicht nachzugeben.

Wenn ich jetzt das Bewusstsein verliere, ohne eine Antwort von ihm zu bekommen, hatte das ganze überhaupt keinen Zweck.

"Vater! Sie stirbt noch!", hetzt Emanuel eilig, doch mein Vater zuckt nicht einmal mit der Wimper.

Aus irgendeinem Grund bringt mich diese Tatsache unweigerlich zum Lächeln.

"Dir ist klar, dass du mit meinem Tod dein wertvollstes Werkzeug verlieren würdest, oder?", lächle ich ihm direkt ins Gesicht.

"Immerhin sind weder Emanuel noch Giovanni so gute Killer, wie ich einer bin. Und Rafael kannst du nicht mehr für deine Zwecke benutzen. Ich bin die einzige, die dir noch von Nutzen ist, wenn du dafür sorgen willst, dass Nathaniel endlich von der Bildfläche verschwindet", grinse ich weiterhin, da er bereits beginnt, den Köder zu schlucken.

Er zieht erneut seine Nase kraus, was mir nur wieder beweist, wie schwer diese Entscheidung für ihn ist.

"Ganz simpel, Vater. Du pfeifst deine Hunde zurück und ich werde wieder für dich arbeiten. Haben wir einen Deal?", frage ich, während ich mit aller Kraft daran arbeite, nicht gleich einfach um zu fallen.

Mein Körper wird schwächer und meine Knie geben erneut nach, bis ich letztendlich zusammen breche und auf dem Boden knie.

"Vater!", brüllt Emanuel erneut und dreht sich hektisch zu unserem Vater um.

Ich sehe weiterhin mit einem Lächeln auf den Lippen zu ihm auf, während das Blut an meinem Körper hinab läuft.

Vielleicht hätte ich die Kugel einfach in meinem Körper lassen sollen, bis alles geklärt war.

Für einen winzigen Moment schließt mein Vater die Augen, ehe er sich zu meinem Bruder dreht.

"Mach die Anrufe. Blase das ganze ab und kontaktiere den Arzt. Sie ist wohl oder übel tatsächlich sehr nützlich, wenn es um das Morden geht", sagt er widerwillig, ehe mein Bruder sofort aus dem Raum rennt.

Mir wird immer schwindeliger, bis meine Sicht vollkommen schwarz wird.

"War doch gar nicht so schwer, oder?", frage ich, ehe ich einfach nach hinten kippe und das Bewusstsein verliere.

Passionate VengeanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt