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Als ich mein Auto in einer ziemlich ruhigen Wohngegend parke, ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche hervor, um mich zu vergewissern, dass ich bei der richtigen Adresse angekommen bin. Da mich meine grauen Zellen nicht im Stich gelassen haben, schnappe ich mir meine Tasche, in der ich einige Unterlagen von Lias verstaut habe, und mache mich auf den Weg zu der Hausnummer sechzehn.

Herr Richter wohnt in einem Zweiparteienhaus, dessen untere Wohnung er sein Eigen nennt und genau diesen dazugehörigen Klingelknopf betätige ich umgehend. Kaum einen Wimpernschlag später öffnet mir Lias' Onkel höchstpersönlich die Türe und führt mich in sein Reich.

Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber ich bin wirklich überrascht, als ich die Wohnung betrete. Sie ist größer, als ich angenommen habe und ein klein wenig chaotisch. Das stellt für mich allerdings keinen Minuspunkt dar, sondern macht den Herrn sogar etwas sympathischer. Wäre es hier bis in den letzten Winkel fein säuberlich hergerichtet worden und würde den Anschein eines Möbelhaus Prospekt bieten, würde ich mir eher Gedanken machen und mich nicht auf Anhieb wohl fühlen.

"Kommen Sie mit, setzen wir uns ins Wohnzimmer!" Lias' Onkel beherrscht den Grad zwischen Distanz und lockeren Umgang ausgezeichnet. Bei ihm habe ich von Anfang an das Gefühl, dass wir uns schon länger kennen und gut miteinander klar kommen könnten. Das gibt es heutzutage nicht mehr oft.

In besagtem Raum angekommen, lassen wir uns auf eine große anthrazitfarbene Wohnlandschaft nieder, auf der unzählige Kissen und eine kuschelige Decke beherbergt werden. "Darf ich Ihnen irgendetwas zu trinken anbieten? Wasser, Kaffee, Cola?" "Ein Wasser wäre gut. Wenn ich heute nochmal einen Kaffee trinke, erleide ich womöglich einen Koffeinschock!" "Das möchte ich natürlich nicht verantworten. Bin gleich wieder da!" Während sich der Hausherr aus dem Raum bewegt, schaue ich mich in dem großen Wohnzimmer um.

Es ist modern eingerichtet, sauber aber nicht steril. In der Ablage, unter dem kleinen Wohnzimmertisch, liegen zwei Bücher und ein Flyer eines Lieferdienstes. An der linken Wand steht ein hohes Sideboard, auf dem ein paar Bilderrahmen aufgestellt wurden. Gegenüber dem Sofa hängt ein großer Flachbildfernseher, unter dem eine Kommode ihren Platz gefunden hat. Neben zwei Zimmerpflanzen, einem Relaxsessel und einer Standlampe gibt es hier nichts weiteres vorzufinden.

Als Herr Richter wieder bei mir eintrifft, stellt er ein Wasserglas und eine dampfende Tasse auf dem Wohnzimmertisch ab und setzt sich mit etwas Abstand zu mir auf das Sofa. "Herr Richter..." "Ach, wegen mir können wir auch die Förmlichkeit weglassen. Ich bin Paul!" "Sehr gerne. Also, Paul... Ich habe dir ja einiges an Infomaterial zukommen lassen, was Lias' Krankheit und seinen gesundheitlichen Zustand betrifft. Hast du schon Zeit gefunden, einen Blick darauf zu werfen?" Mein Nebensitzer nickt mir euphorisch entgegen: "Klar. Ich habe alles durchgelesen und mir auch einige Fragen notiert!" Zu meiner Überraschung zieht Paul einen Zettel aus der Hosentasche, den er öffnet und mir überreicht. Dass er sich so viele Gedanken gemacht hat, hätte ich nicht erwartet, zeigt mir aber damit, dass er ernsthaft interessiert ist.

"Gut. Dann gehen wir die Fragen doch einfach mal durch.... Kommen wir gleich zur Ersten, zwecks der Inhalation. Diese Maßnahme ist sehr wichtig für Lias und sollte nicht ausgesetzt werden. Momentan muss er viermal täglich inhalieren, wobei das neue Medikament dringend wieder ausgetauscht werden muss. Nach jeder Inhalation wird er unbeschreiblich müde und schläft anschließend sehr viel. Um auf die eigentliche Frage einzugehen: Es gibt mobile Inhalatoren, die man unterwegs nutzen kann. Somit sind Ausflüge natürlich möglich. Die Handhabung ist nicht schwer und Lias kennt sich gut damit aus!" "Okay. Könntest du mir das trotzdem bei Gelegenheit einmal zeigen und genau erklären?" "Klar. Gar kein Problem!" Ich kann mir ein breites Grinsen nicht verkneifen, da Paul den Anschein macht, es mit Lias wirklich ernst zu meinen.

Lias will glücklich seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt