Pauls Sicht
Mit Wasserhochstand in den Augen stehe ich mit Klaus vor der Türe. Lias hat noch ein paar Geschichten zum Besten gegeben, die uns vollends aus der Bahn geworfen haben. Mir ist es unerklärlich, dass die Taten des Herrn Fuchs so lange Zeit unentdeckt geblieben sind und verfluche meine Schwester noch ein Stück mehr, da sie Lias dem allem, wenn auch unbewusst, ausgesetzt hat.
"Richter... Ich bin erschüttert von dem, was ich hier gehört habe. Wir müssen sofort handeln. Leider ist es so, dass wir der Heimleiterin mit großer Sicherheit nur schwer etwas nachweisen können. Es fehlen handfeste Beweise. Wenn die Träger der Einrichtung keinen schnellen Ersatz auftreiben können, wird sie wohl oder übel noch eine Zeit lang an der Strippe sitzen und ich bin mir nicht sicher, ob sie Lias in Ruhe lassen wird. Sie wissen selbst, was polizeiliche Anordnungen bei manchen Menschen bewirken. Rein gar nichts. Haben Sie denn schon mal darüber nachgedacht, den Jungen zu sich zu nehmen? Mir ist bewusst, dass das eine große Herausforderung wird, aber ich könnte ihnen mit den Schichten so gut wie möglich entgegenkommen. Daran sollte es nicht scheitern."
"Das Sorgerecht liegt beim Jugendamt und ich denke, dass sich auf die schnelle bestimmt nichts machen lässt. Geschweige denn, dass das Gericht ein Eilverfahren einleiten wird, zwecks Übertragung des Sorgerechts…. Nachfragen werde ich auf alle Fälle. Ich möchte ihn sicherlich nicht wieder diesen Personen aushändigen. Wer weiß, welche Strafe er aufgebrummt bekommt!”
"Ich habe gute Kontakte, das wissen sie doch. Wenn sie diese Möglichkeit nutzen möchten und sich zu hundert Prozent sicher sind, könnte ich mal meinen Charme spielen lassen!"
Ich öffne meinen Mund und will schon mit hochgezogenen Augenbrauen fragen, wo er denn jetzt diesen Charme ausgraben will, da legt Cheffe ein ernstes Gesicht auf: "Wagen sie es nicht, jetzt ihre Frage zu stellen. Sonst werden sie die nächsten drei Tage am Schreibtisch verbringen!" "Jawohl, Chef!", sage ich grinsend, was Klaus seufzend den Kopf schütteln lässt. "Reden Sie mit dem Jungen, denn der muss ja schließlich auch wollen und wenn sie Bescheid wissen, sagen sie mir wiederum Bescheid. Die zuständige Dame auf dem Jugendamt besitzt dann doch etwas Menschlichkeit und wird bestimmt irgendetwas bewirken können, damit ihr Neffe diesen Menschen nicht mehr ausgesetzt ist. Ich weiß, dass es normalerweise mehr Zeit braucht, um solch einen Schritt durchzuführen, aber ich denke, es wäre in aller Interesse. Der Junge hängt an ihnen, das sehe sogar ich. Von daher sollte das kein allzu großes Problem werden."Über Klaus' Worte bin ich doch etwas überrascht. Es ist nicht so, dass er ein Unmensch ist, aber mit solchen Bekundungen hält er sich normalerweise sehr zurück, was mich dann doch auch nochmal zusätzlich bestärkt. "Ich werde gleich mit ihm reden. Danach komme ich wieder und beende..." "Ach, Richter... Sie denken doch wohl nicht, dass ich sie jetzt so völlig neben der Spur für diensttauglich befinde? Die faulen Pappnasen werden ihre Arbeit schon auffangen können. Rufen Sie mir einfach an, wenn heute noch eine Entscheidung fallen sollte und kümmern Sie sich um den Kleinen. Wir sehen uns morgen!" Klaus nickt mir zu und macht mir mit seinem Gesichtsausdruck klar, dass es an seiner Anordnung nichts zu rütteln gibt. "Danke, Klaus!", gebe ich erleichtert von mir, denn es ist mir wohler dabei, dass ich jetzt bei Lias bleiben kann. Mit einem Schulterklopfen gibt mir mein Chef zu verstehen, dass es schon in Ordnung geht und verzieht sich anschließend zurück auf sein Revier.
Ich selbst lehne mich für einen kurzen Moment gegen die Wand und schließe die Augen. Auch wenn ich jetzt doch schneller handeln muss, als ich gedacht habe, ist der Gedanke, dass Lias zu mir zieht, nicht mehr so überfordernd wie gestern. Alle meine Kumpels stehen hinter mir und sogar mein Chef hat mir zugesichert, dass wir das mit der Arbeit schon irgendwie unter Dach und Fach bekommen. Jetzt gilt es nur Lias zu fragen, ob er diesen Schritt auch wollen würde. Ein klein wenig Angst habe ich schon vor der Antwort, denn es könnte ihm zu schnell gehen und ihn in die Enge treiben. Eine andere Möglichkeit sehe ich allerdings nicht und werde das Gesagte darum jetzt auch in die Tat umsetzen.
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Lias will glücklich sein
FanfictionAls wäre das Leben mit einer täglich quälenden Erkrankung nicht schon schwer genug, muss Lias sich von seinem besten Freund Anton verabschieden. Die beiden Heimkinder hatten so viele Dinge zusammen geplant, die Lias helfen sollten, im täglichen Kamp...