Kapitel XXII

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Mein Gegenüber griff nach der kleinen Keramik Kane und goss uns einen hellen Tee ein.
Ich beobachtete aufmerksam jede Bewegung. Juan Li und seine Männer hatten uns freundlicherweise in eine angemessenere Umgebung gebracht, als der verlassene Flughafen an dem wir gelandet waren.
Wir befanden uns in einem Gasthaus, nicht weit von unserem Lade Ort entfernt. Die Einrichtung war asiatisch gehalten und wir saßen auf dem Boden und zwischen uns stand ein niedriger Tisch, der chinesischen Tradition entsprechend, und es waren viele Gerichte und Dessert aufgetischt worden.
Meine Brüder und Männer saßen an gesonderten Plätzen, ein paar Meter von uns entfernt.
Auch sie wurden gastfreundlich bedient, doch niemand von ihnen hatte bis her etwas angerührt.
Sie alle warteten auf mein Okay, jedoch war ich noch nicht bereit dieses zu geben.
Ich hatte Juan Li noch nicht vollständig durchschaut und war nicht bereit mich von ihm führen zu lassen. Dieses Gespräch würde alles entscheiden, die zukünftige Geschäftsbeziehung und viel wichtiger noch, ob es auf dem Weg zur Rettung von Isabella ein Feind oder Freund sein würde.

Nach dem Ende der Yakuza Familie hielt uns nichts davon ab die Triade zu beliefern, doch ich weigerte mich bedeutende Geschäfte mit Juan Li zu machen. Dieser alte Fuchs war viel zu hinterhältig und durchdringen, um ihn zu kontrollieren. Er hatte mit meiner Frau gespielt, wie mit einer Schachfigur auf dem Brett, sowas konnte ich nicht ignorieren.
"Verzeih mir den kleinen Überfall, jedoch konnte ich mich nicht zurück halten, als ich erfuhr, dass du einen Fuß auf meine Erde gesetzt hattest. Einen solch seltenen Gast musste ich persönlich Empfangen."
Allein diese Aussage bestätigte meine Analyse von ihm. Auch wenn er so tat, als würde er nur Andeutungen machen, so erkannte man leicht, dass er seine Absichten direkt aussprach.

Entweder er hatte er von unserem Treffen mit Wasili erfahren, oder aber  seine Grenzkontrolle teilte ihnen mit, dass unser Jet in ihr Gebiet eingedrungen war.
Egal was seine Motive waren, er versuchte mich mit Hilfe dieser Information einschüchtern. Ich sollte wissen, dass er mir nicht aus freien Stücken helfen würde und, dass er nicht zulassen wird, dass ich mich auf diesem Gebiet frei bewege. So oder so lief es auf einen Deal hinaus, die Frage war nur, was er diesmal als Gegenleistung verlangen würde.
"Seien sie nicht zu streng mit sich. Ihre Begrüßung erfolgte recht zeitgleich mit unserer Landung, sodass sie sich als Gast nichts vorzuwerfen haben."
Die beste Möglichkeit, um die Oberhand nicht zu verlieren, lag darin seine Sprache zu sprechen. Wenn der Herr es bevorzugte, wie in einem historischem Drama zu reden, dann kann er das gerne haben. Auch dachte ich nicht daran, ihm in seiner unschwelligen Drohung nachzustehen, wenn er sich solch passiv aggressive Äußerungen erlauben kann, dann konnte ich das auch.

Ich näherte mich mit der rechten Hand meiner Teetasse, berührte sie aber nicht. Die Tasse war ebenfalls aus Keramik, hatte aber die Größer einer Untertasse. Ich werde nie verstehen, wieso sich Chinesen so etwas antaten. Wer trank bitte Tee aus einem Behälter, in den nicht mehr als ein Espresso hinein passte.
Mit dem Zeige- und Mittelfinger gerührte ich die untere Hälfte der Oberfläche, machte aber keine Anstalt das Gefäß an meine Lippen zu führen.
Wir befanden uns in Mitten eines strategischen Spiels und jede weitere Bewegung könnte ein Zug in die falsche Richtung sein. Während man sich in anderen Kämpfen mit Schwertern bezwang, so lag unsere stärkste Waffe hier in der Schärfe unseres Verstands.
Mit List und Weitschicht hatte ich meine Spielfiguren auf dem imaginärem Spielbrett zu platzieren, damit mein Gegner keine Möglichkeit bekam meine Verteidigung zu durchbrechen und mir seine Bedingungen aufzudrücken.

"Deine Weisheit stellt das junge Alter, welches dich beherrscht wahrlich in den Schatten. Es freut mich, dass euer Vater bei deiner Erziehung wert auf, in heutigen Augen, altmodische Dinge gelegt hat."
Mit großer Mühe musste ich meinen Gesichtsausdruck beherrschen, wie lange wollte er noch um den heißen Brei herumreden?!
Ich hatte keine Zeit dafür, wir hätten uns schon längst auf den Weg zur Residenz machen sollen.
Auch ging mir diese Farce langsam auf die Nerven, nur leider konnte ich nichts dagegen tun. Ich musste mich seinem Tempo anpassen, ansonsten würde er zum Angriff übergehen und uns die weiterfahrt erschweren.
Es blieb also nichts anderes übrig, als mitzuspielen.
"Nur ein Mann, der harte Arbeit wertschätzt, kann sie auch bei anderen erkennen."
Wenn ich ihm noch mehr Honig ums Maul schmieren muss, dann kotz ich.
Diese falschen Schmeichellein würden selbst den britischen Königshof zum ertöten bringen.
Meine Aussage brachte mir ein Lächeln von ihm ein. Er griff nach seiner Tasse und nahm einen kleinen Schluck raus. Ihre Teekultur ähnelte unserer Art und Weise Kaffee zu trinken und so ungern ich auch Tee trank, meine gute Erziehung erlaubte es mir nicht eine solche Geste zu ignorieren. Also folgte ich dem Beispiel meines Gastgebers und hob die Tasse an meinen Mund, ehe ich einen kleinen Schluck von der warmen Flüssigkeit zu mir nahm.
Es handelte sich um einen Grüntee mit einer Note von Jasmin.
Der Geschmack war schwach und kaum ausreichend um ihn wahrzunehmen.
Meine Augen schwenkten kurz zu Ivan herüber und auch bei ihm konnte ich die Ungeduld sehen. Meine Brüder hingegen hatten alle eine eiskalte Miene aufgesetzt. Sie wussten, dass wir nur so schnell hier raus kamen.
Ich stellte die Tasse ab und nahm den Blickkontakt mit Juan Li wieder auf.

Meine Handlung muss etwas in ihm geändert haben, denn sein Gesichtsausdruck hatte sich mittlerweile verändert. Er sah ernster aus, nicht mehr so spielerisch gastfreundlich wie noch vor einigen Minuten.
"In alter Zeit sprach man nicht einfach drauflos. Man schämte sich, wenn man seine Worte nicht einlösen konnte. Wir würden dazu erzogen uns und unsere Bedürfnisse zu kontrollieren."
Meine Hand formte sich unter dem Tisch zu einer Faust zusammen, jedoch schaffte ich es ruhig zu bleiben.
Jetzt zitierte der alte Mann auch noch Konfuzius.
Das war meine Chance, um das Gespräch zu meinen Gunsten zu wenden.
"Lo scherzo é bello quando dura poco." (Der Scherz ist schön, wenn er kurz andauert)

Ich wusste, dass der Triaden Boss italienische sprach, sodass es für ihn keine Mühe darstellen würde diese Weisheit zu übersetzten.
Dieser indirekte Hinweis sollte ausreichen, damit er endlich zum Hauptthema überging.

Wie von mir erwartet las Juan Li zwischen meinen Zeilen und verstand, dass ich nicht bereit war dieses Schmiertheater länger aufrecht zu erhalten. Ich hatte mich lang genug zurückgehalten.
"Ja, auch in diesem Gedanken verbirgt sich eine Wahrheit. Du hast recht, es bedarf keine weiteren Worte."
Es schob einige Teller zur Seite und einer seiner Männer legte eine Mappe auf den frei gewordenen Bereich.
"Wir beide wissen, aus welchem Grund du hier bist und was für ein Ziel du verfolgst. Ich gewähre dir freies Geleit zur Residenz und in meinen komoketten Gebiet und stelle dir sogar alle Mitte zu Verfügung die du benötigst."
Er schob die Mappe ein paar Zentimeter in meine Richtung.
"Und ich bin mir sicher, dass du weißt, was ich als Gegenleistung aufgrund dieser Großzügigkeit möchte."

Bereits mit ungutem Gefühl zog ich die Papiere zu mir herüber. Der erste Blick auf ihren Inhalt zeigte mir, dass es sich um einen Vertrag für Waffenlieferungen handelt. Ohne die weiteren Seiten zu lesen, reichte ich alle Unterlagen an Lorenzo weiter. Er war in unserer Familie der Spezialist für Papierkramm.
Wichtig war jetzt nur zu entscheiden, ob der freie Geleit und die zusätzlichen Leistungen es wert war auf die Bedingungen in dem Vertrag einzugehen.
In erster Linie waren wir hier, um an Wasilis Handy heran zu kommen, ich wusste nicht zu hundert Prozent, ob Isabella sich in Hongkong befindet und, ob wir sie sofort befreien könnten. Seine Männer wären also, mit einer guten Wahrscheinlichkeit, völlig unnötig.
Besonders, da ich genügend eigene dabei hatte.

Während Lorenzo sich einlas, behielt ich die kühle Miene bei, um Juan Li keinen Hinweis zu geben.
Ehrlich gesagt brauchten wir seine Hilfe nicht so sehr, wie dass er sich nicht in unsere Angelegenheiten einmischte.
Wenn wir nicht auf das Geschäft eingehen würden, dann müssten wir einen Krieg mit der Triade riskieren, sollten wir ohne Erlaubnis ins Innere ihres Gebietes vordringen.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als dem Deal zu zustimmen.

Lorenzo nickte mir kurz zu und ich konnte sicher sein, dass sich im Vertrag keine Klauseln zu unserem Nachteil versteckten.
Die Papiere fanden ihren Weg zu mir zurück und ich unterzeichnete sie, ohne länger als zwei Sekunden drauf zustarren.
Dann griff ich nach der Keramik Tasse und kippte den Rest des Inhalts in einem Zug herunter, wie bei einem Shot.

"Dann wäre es ja geklärt."

Ich nickte meinen Männern zu und wir standen auf.
Nun konnten wir endlich zu dem Teil unserer Reise übergehen, wegen dem wir hier waren.

Diesmal wird alles so laufen, wie ich es geplant hatte.

Ace of Hearts IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt