Dante
Plötzlich brach sie weinend vor mir zusammen.
"Брат. Мой Брат." (Bruder, mein Bruder)
Die Scherben schnitten ihr ins Handgelenk, doch sie interessierte es nicht.
" Прости. Прости меня, это всё моя вина." (Vergib mir, bitte verzieh mir, das ist alles meine Schuld)
Der Schmerz, welchen sie in sich spürte war stärker als der, den die Schnittwunden sie fühlen ließen.
Ihr bitterliches Weinen schnitt mein Gehör und ich formte meine Hände zu Fäusten.
Trauer, Wut, Verzweiflung, all diese Gefühle mischten sich zusammen und ich hatte Mühe mich auf ein konkretes zu fokussieren.
Ein Tag, mehr war nicht nötig, um unser Leben zu erschüttern und ein Blick reichte, um zu erkennen, dass Anastasia nur einen Stoß davon entfernt war auseinander zu fallen.Vorsichtig, ohne ihr noch mehr Schaden zuzufügen, hob ich sie vom Boden auf und setzte sie auf die Couch. Anastasia war zu stark weggetreten und in ihrer Trauer gefangen, als dass sie sich gegen mich wehrte.
"Amore, ich kümmere mich drum. Alles wird gut."
Ich befreite ihre Hände von den kleinen Glasstücken und pustete leicht denen die Wunden. Sie waren nicht tief, nur oberflächliche Schnitte, aber sie bluteten.
"Es ist nicht so schlimm. Nur ein paar kleine Schnitte."
Anastasia zuckte die ganze Zeit nicht einmal zusammen, sondern starrte nur abwesend ins Leere. Sie antworte auch nicht auf meine Aussagen, fast so, als wäre ich nicht da.
Tränen liefen unaufhörlich ihre Wangen herunter, doch sie gab keinen Ton von sich.Nachdem ich ihre Hände gereinigt und die größeren Wunden verarztet hatte, hob ich sie erneut an und brachte sie zurück zum Bett.
Ihr emotionaler Anfall von vor einigen Minuten hatte ihr jegliche Kraft geraubt, sodass sie sich sofort auf dem Kissen nieder legte.
Ich setzte mich an ihr Kopfende und fuhr mit den Finger durch ihre herbstbraunen Haare.
Sie hatte sich auf die Seite gelegt, das Gesicht von mir abgewandt und winkelte ihre Beine leicht an die Körper Mitte.
Meine Augen behielt ich auf ihr, schützend fuhr ich mit dem Blick ihre Umrisse nach.
Sie war müde, vielleicht eher kaputt, doch Anastasia kämpfte mit dem Drang einzuschlafen.
Es war, als wollte sie es vermeiden ihre Augen zu schließen.Gleichmäßig führte ich meine Bewegung fort, in der Hoffnung sie würde ihrem Traum die Einwilligung zum Eintritt zu geben.
Es dauerte eine Weile, doch am Ende gab sie nach und schlief ein. Ich saß noch einige Minuten länger an ihrer Seite, ehe ich aufstand und mich auf den Weg zur Garage machte.
Auf mich wartete bereits die nächste Aufgabe, von einer Hölle direkt in die nächste.
Ich öffnete die Tür und zwei geschlossene Käste warfen sich mir direkt ins Blickfeld.
Der Anblick raubte mir sofort den Atem, obwohl ich wusste, was mich erwarten würde, konnte mein Verstand sich immer noch nicht an das Gesehene gewöhnen.
Und das würde er auch nicht.
Diese Realität war nicht die, die eintreten sollte.
Es war nicht der Weg, welchen unsere Geschichte nehmen sollte.
Ich hatte nicht meine Erlaubnis dafür gegeben!Meine Trauer verwandelte sich in Wut und meine Fäuste kehrten zurück.
Wenn ich sie nicht bald gegen unseren Feind einsetzte, dann würde wieder eine unserer Wände leiden.
Ich ließ meinen Blick durch den Raum gleiten und erblickte meine Brüder, welche sich in einem Halbkreis um Isabellas Sarg aufgestellt hatten. Vlad und Riccardo hingegen standen neben an Ivans Seite.
Mein Vater trauerte neben meiner Mutter, welche im Augenblick von Giovanni behandelt wurde.
Sie hatte das Bewusstsein verloren, nachdem ich die Worte über die Lippen brachte, welche jede Mutter zum brennen brachten.
Eine Mutter sollte diese Worte nicht hören, meine Mutter sollte diese niemals hören und mit Sicherheit sollte das Leben mich nicht dazu zwingen sie auszusprechen.
Und doch kam es so."Fratello." (Bruder)
Chiaras Stimme ertönte hinter mir und mein Herz stoppte seinen Schlag.
Ich drehte mich um und sie warf sich in meine Arme.
An meiner Brust fing sie bitter an zu weinen und ich drückte sie fest an mich.
"Fratello, dimmi che non è vero." (Bruder, sag mir, dass es nicht wahr ist)
"Lorenzo mente. Sta mentendo. Isabella è viva, vero? È viva e verrà presto da noi." (Lorenzo lügt. Er lügt. Isabella lebt, oder? Sie lebt und wird bald zu uns kommen.)
Sie schniefte und ihre Worte wurden immer undeutlicher.
Gerade, als sie unseren Bruder erwähnte, kam Lorenzo angelaufen. Ich hatte ihn gebeten es unserer kleinen Schwester so achtsam wie möglich zu erzählen, doch es war egal wie er es gesagt hatte, ihre Reaktion wäre die selbe gewesen.
Der Schmerz vom Verlust eines Familienmitglieds reißt einen in Stücke, ob man die Nachricht nun vorsichtig ausspricht, oder schreit.
Ich nickte mit dem Kopf in Richtung der Tür und Lorenzo ging an uns vorbei zu den anderen.
Liebevoll strich ich Chiara über den Kopf, in der Hoffnung sie würde keine Antwort auf ihre Frage von mir verlangen.
"Shh, schon gut mia farfalla. (Mein Schmetterling)
Laura tauchte neben uns auf und nahm mir Chiara ab, welche sich kraftlos an ihre Schulter lehnte. Ich nickte Laura dankend zu, bevor ich mich wieder dem Innerem der Garage widmete.
Ich nahm einen tiefen Atemzug, richtete meine Schultern auf und trat hinein.
Ich tat das nicht, um meine Autorität zu wahren oder den Schein eines kühlen Gemüt bei zu behalten, es war nur die einzige Art, wie ich es schaffen konnte einen Fuß vor den anderen zu setzten.Zwei eiserne Särge, beide aus kaltem Metall, machten die Mitte des Raums aus. Wir mussten uns an die Vorgaben der Ausreise halten, um beide nach Italien bringen zu können, Privatjet hin oder her.
"Luca, fratello va." (Bruder, geht)
Ich sprach meine Anweisung klar und deutlich aus, doch es war kein Befehl, denn heute war ich kein Don.
Heute war ich ein Bruder, der seine Schwester verloren hatte.
Ich wartete, bis auch noch der letzte den Raum verlassen hatte und die Tür ins Schloss fiel, ehe ich näher trat.
Meine Beine trugen mich, auch wenn mein Verstand festgefroren bleib.
Ein kalter Windhauch streifte mein Gesicht, doch mein Körper reagierte nicht darauf. Es gab nichts, was mich im Moment etwas anderes, als das brennende Feuer in meinem Inneren, fühlen lassen könnte.
Ich hob die rechte Hand und führte sie näher an die silberne Oberfläche, doch ehe meine Haut das Metall berührte, fiel ich auf die Knie.
Meine Beine, welche mich bis hier her getragen hatten ohne einzubrechen, gaben nach.
Mit einem harten Fall traf ich den Betonboden, doch auch hier spürte ich nichts.Wenn Anastasia der Mond in meinem Leben war, welcher mich in der tiefen Dunkelheit allein durch seine Anwesenheit leitete und mich mit einer förmlich natürlichen Anziehung zu sie zog, dann waren meine Schwestern die Sonne in meinem Leben, das Licht welches mich von Zeit zu Zeit vom Nachtleben ablenkte und mir erlaubte mich in der Helligkeit ihrer Güte und Liebe zu sonnen.
Und nun war ein Teil dieser Sonne bedeckt mit Schatten, seine Strahlen nicht mehr so warm und ihr Licht nicht mehr so hell.Stille Tränen liefen meine Wangen herunter und ich gab mich der Trauer hin, welche mich schon so lange betäubte.
Ich erlaubte es mir zu weinen.
Heute, in diesem Moment, an diesem Ort, auf dem kalten Boden kniend gab ich meinem inneren Drang nach und folgte meinen Gefühlen.Ich, Dante Martinelli, weinte am Sarg meiner kleinen Schwester!
Ich, Dante Martinelli, hatte einen Teil meiner Sonne verloren!
Ich, Dante Martinelli, schwöre, dass ich Wasili für jede vergossene Träne meiner Familie leiden lassen werde!
2. Wut
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Ace of Hearts III
ChickLitBand III -Eine Welt voller Zweifel, falschen Tatsachen und leeren Versprechen- Die Ehe zwischen Anastasia und Dante wird mit jeden Tag fester, doch die Probleme der Außenwelt lassen sie nicht in Ruhe. Während die beiden sich auf die Geburt ihres ers...