Anastasia
Ich zog die kühle Atemluft in die Lungen und warf den Blick zum Himmel. Graue Wolken bildeten sich über meinem Kopf und ein paar Vögel schreckt aus der Baumkrone auf und machten sich auf den Weg in die Weiten des Himmels.
Ein erbarmungsloser Wind spielte durch mein Haar, sodass sich eine Gänsehaut in meinem Nacken formte und die Schultern entlang wanderte. Ich drückte den Mantel näher an meinen Körper und richtete den Blick vor mich.Trostlose Farben umgaben mich, fast als hätte man einen grauen Filter über meine Augen gelegt. Nur ein paar Meter von mir entfernt befand sich der Eingang zum Grund meiner persönlichen Hölle.
Nur ein paar Meter, doch zugleich so fern, dass ich glaubte es niemals erreichen zu können.
Alleine der Anblick dieses Ortes reichte aus, damit das Blut in meinen Adern gefror und meine Beine ihren Halt verloren.
Also wieso stand ich dann noch?
Wieso lief die Essenz des Lebens noch durch einen Körper?
Wieso ich?"Wollen wir?" Vlad trat neben mich, in der Hand die Blumensträuße. Mit einem kurzen Nicken machte ich den ersten Schritt ins Innere des Friedhofs. Die Erde unter meinen Füßen war weich, fast gepolstert, sodass ich problemlos vorran kam.
Doch je mehr sich die Entfernung zwischen mir und meinem Ziel verringerte, desto mehr Kälte verspürte ich.
Nur diesmal war es nicht der Wind.Vlad kam vor mir an den Gräbern an. Er legte zunächst einen Strauß auf Isabellas Grab, ehe er sich der Erde meines Bruders zuwandt. Die roten Blüten berührten die braune Erde und ein vertrautes Bild drängte sich in meinen Verstand. Erinnerungen vom Grab meiner Mutter huschten vor meinem Inneren Auge auf und es blieb nur ein Gedanke in meinem Kopf übrig.
Wie viele geliebte Menschen werde ich noch der Erde übergeben?Vlad kniete vor dem Grab meines Bruders, eine Hand auf dem Grabstein als würde er ihn an der Schulter packen.
"Привет Брат, я принёс тебе цветы. Но только не смейся на данной, так приятно! Я знаю ты предпочёл бы что-то выпить, потому я и это принёс.
(Hallo Bruder, ich hab dir ein paar Blumen mitgebracht. Mach dich aber bloß nicht lustig über mich, okay?! Das gehört sich so, die Tradition fordert es. Ich weiß, du würdest dich mehr über etwas Alkohol freuen, also hab ich auch daran gedacht.)Vlad sprach ruhig, doch ich konnte eine kleine Veränderung in seiner Stimme feststellen. Es war nicht sehr auffällig, jedoch hatte sich seine Tonlage erhellt, als würde er eine Oktave höher sprechen. Er drehte sich zu der Tasche um, welche er neben sich hingelegt hatte und holte ein Shotglas heraus.
Er befüllte es mit dem Vodka aus der Flasche, welche er ebenfalls aus der Tasche herausholte. Anschließend stellte er das Glas auf den Grabstein und in russischer Tradition legte er ein Stück Schwarzbrot auf dessen Oberfläche.
"Ты знаешь как сложно было найти чёрный хлеб в это стране?! Как они здесь живут? Итальянцы вообще не умеют правильно пить! Всё время закусывают красное вино сыром. Что это?! Мне приходится пить с Тимуром, а ты знаешь но сколько его хватит. Вообщем я пью один."
(Weißt du, wie schwer es war Schwarzbrot in diesem kulturarmen Land zu finden? Keine Ahnung, wie sie hier leben! Italienern haben keine Ahnung davon, wie man richtig trinkt! Wie kann man bitte nur Rotwein trinken und dann auch noch mit Käse zusammen! Was ist das bitte?! Deswegen bin ich gezwungen mit Timur zu trinken, aber du kennst ihn ja, ihm reichen ein paar Gläser und schon ist er weg. Also trink ich im Endeffekt allein.)Wie gebannt hörte ich seiner Erzählung zu und für den Augenblick war es so, als würde mein Bruder uns gegenüber sitzen und sich Vlads Leideslied anhören.
Vlad nahm selbst einen kräftig Schluck aus der Flasche, bevor er einen Teil des Vodkas über die Grabserde schüttete.
"Мне хватит, я за рулём. Тем более я везу твою сестру." (Mir reicht ein Schluck, ich muss noch Autofahren. Besonders weil ich heute der Chauffeur deiner Schwester bin.)
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Ace of Hearts III
ChickLitBand III -Eine Welt voller Zweifel, falschen Tatsachen und leeren Versprechen- Die Ehe zwischen Anastasia und Dante wird mit jeden Tag fester, doch die Probleme der Außenwelt lassen sie nicht in Ruhe. Während die beiden sich auf die Geburt ihres ers...