Zusammenziehen. Sie hatte in der Nacht noch geglaubt, dass es im Eifer des Gefechts einfach so angesprochen wurde. Doch heute Morgen hatte er erneut davon gesprochen. Einfach so. Fast nebenbei hatte er gefragt, ob sie wirklich darüber nachdenken würde und wollte, wissen, was sie davon hielt. Was sie davon hielt? Als würde es darum gehen, welche Socken sie tragen wollen würde. Das war ein großer Schritt. Ein riesiger Schritt. Sie müsste ihre Wohnung aufgeben. Gut, das wäre vermutlich weniger das Problem. Sie müsste ihre Sachen in seine Wohnung bringen, auch weniger ein Problem. Aber war ihre Beziehung dafür schon bereit? Vor einigen Monaten hatten sie sich gegenseitig in Gedanken noch verflucht, dann ständig miteinander geschlafen, gestritten und schlussendlich waren sie jetzt irgendwie hierbei gelandet. Sie wollte mit irgendjemanden darüber reden. Aber mit wem?
Daphne würde auf jeden Fall sagen, dass es zu früh war. Dass sie warten sollten und vor allem wollte Astoria Daphne nicht noch mehr belasten. Himmel, ihre große Schwester würde bald Mutter werden. Es könnte jederzeit so weit sein. Himmel, sie würde Tante werden. Tracey wäre noch eine Möglichkeit, aber vermutlich würde sie in ihrem absoluten Liebeswahn sofort eine Verlobungsfeier ausrichten für Draco und Astoria. Sie seufzte bei dem Gedanken und legte die angefertigten Briefe in die Schreibmappe. Was sprach eigentlich dagegen? Sie hingen doch ohnehin entweder in seiner oder ihrer Wohnung ab. Sie würden Kosten sparen. Sie müssten nicht immer entscheiden, wo sie schliefen. Sie schliefen ständig beieinander. Und auch miteinander dachte sie amüsiert und lächelte in sich hinein. Wovor hatte sie also Angst? Was ließ sie zögern?
Sie wusste es nicht wirklich. Hatte sich nicht gezeigt, dass sie alles überstehen konnten mit ihrer Vergiftung? Dass sie schon lange diese Streitereien und Rivalitäten hinter sich gelassen hatten? Vielleicht war es ein wenig Angst und Unsicherheit, weil es das erste Mal sein würde, dass sie mit einem Mann zusammenleben würde. Sie hatte zuvor noch nie eine richtige Beziehung gehabt. Zumindest nicht so was Ernstes wie mit Draco. Sie klemmte die Schreibmappe unter den Arm und betrat nach einem kurzen Klopfen Lucius Büro, der aufsah und ihr ein freundliches Lächeln schenkte. Er hatte heute nicht gefragt, warum Astoria nicht wie üblich um acht Uhr mit der Arbeit angefangen hatte. Vermutlich konnte er es erahnen, was sie aufgehalten hatte oder besser gesagt wer.
Der Ältere bedankte sich, als sie ihm die Mappe reichte und er begann die ersten Briefe zu unterschreiben. Nur hin und wieder hielt er inne und schien den Brief erneut zu überfliegen, nur um wieder seine Unterschrift darunterzusetzen und den nächsten anzusehen.
„Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte er plötzlich und Astoria, die sich vor seinen Schreibtisch gesetzt hatte, sah ihn verwirrt an.
„Ja, wieso?"
Sah sie krank aus? Sicher, sie hatte eindeutig zu wenig Schlaf gehabt, aber sie fühlte sich fit.
„Du wirkst heute ein wenig neben der Spur. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?" Sie spürte, wie sie rot wurde und senkte den Blick. „Astoria?", fragte er vorsichtig und sie atmete schwer ein und aus.
„Draco hat gefragt, ob wir zusammenziehen wollen", warf sie tonlos ein und in Lucius Augen regte sich etwas.
Er schien sie aufmerksam zu mustern und legte mit Bedacht dann seine Feder weg, nur um sie wieder anzusehen.
„Und was hast du geantwortet?", fragte er und sie schüttelte kaum sichtbar den Kopf, nur um wieder auf ihre Hände zu schauen, die auf ihrem Schoss lagen.
„Dass ich darüber nachdenken muss." Dass sie das nicht einfach so von heute auf morgen entscheiden konnte. „Es ist ein großer Schritt", fügte sie hinzu und sah zögerlich auf. Sie kam sich wie ein kleines Mädchen vor, dass von ihrem Vater gemustert wurde. „Was denkst du darüber?"
Lucius wirkte erstaunt.
„Du willst meine Meinung wissen?"
Sie zuckte die Schultern.
„Ich weiß nicht, wen ich sonst fragen soll. Daphne würde mir davon abraten, da bin ich sicher. Tracey vermutlich schon eine Hochzeit planen." Lucius gluckste. „Und mit meiner Mutter werde ich sicher nicht darüber reden."
Seine Miene versteinerte sich.
„Sie hätte das nicht sagen dürfen. Dass du das ganze erfindest."
Astoria lächelte gequält. Sie war eigentlich froh gewesen, dass Lucius das Thema heute nicht weiter vertieft hatte und doch waren sie jetzt genau bei dieser Sache.
„Nun, sie ist verliebt und denkt, dass ich Avery so sehr hasse und deshalb diese Geschichte erfinde."
„Narzissa tut es auch leid", meinte Lucius. „Sie wollte dich nicht bloßstellen. Sie hat nur versucht..." Er stockte und atmete schwer aus. „Sie wollte nur helfen, Tori."
„Ich weiß", antwortete sie knapp. „Sag ihr bitte, dass ich ihr nicht böse bin. Ich weiß, dass sie nur versucht hat, zu vermitteln." Er nickte stumm und sie legte etwas den Kopf schief. „Also, was denkst du?"
„Wegen des Zusammenziehens?" Sie nickte. „Nun, was würde denn dagegensprechen?"
Eigentlich gar nichts und anderseits so viel.
„Ihr wohnt doch ohnehin schon so gut wie zusammen", fügte Dracos Vater scherzhaft hinzu. Ja, das stimmte. Aber was, wenn es kompliziert wurde. Sie sich wieder angifteten und in alte Gewohnheitsmuster verfielen. Unwahrscheinlich, aber diese Angst war da. „Astoria", sprach Lucius sie erneut an und sie fuhr aus ihren Gedanken hoch. „Du liebst meinen Sohn, nicht wahr?" Sie glühte und als wäre dies Antwort genug, lächelte Lucius. „Und Draco liebt dich. Mehr als irgendjemanden anderen. Ich glaube, er hat noch nie so viel für einen Menschen empfunden." Ja, das wusste sie. Das sagte er ihr immer wieder. „Es gibt keine Garantie, Astoria. Die wird dir niemand geben können", erklärte der Ältere und musterte sie sanft.
„Würde ich mich freuen? Natürlich würde ich das. Du weißt, dass du mir wichtig bist und wenn Draco und du euch glücklich macht, zwei Menschen, die mir so sehr am Herzen liegen, dann ist das wundervoll. Also würde ich sagen, ja, zieht zusammen. Wenn du dafür bereit bist."
Sie lächelte ihn an.
„Danke, Lucius."
„Wofür?", gluckste er. „Ich habe mich Jahre lang mit meinem starrsinnigen Sohn rumschlagen müssen. Es ist zur Abwechslung mal sehr amüsant zwei Dickköpfe wie euch beide zusammen zu sehen." Er zwinkerte ihr aufheiternd zu und griff wieder nach seiner Schreibfeder und meinte fast lapidar. „Vielleicht kannst du dafür sorgen, dass er wenigstens einmal in der Woche zum Abendessen vorbeischaut. Seiner Mutter ist das wichtig."
Ja, sie könnte auf jeden Fall ein Auge darauf haben.
Cooper und Daphnes kleine Tochter kündigte sich scheinbar mitten in der Nacht an. Zumindest nahm das Draco an, der in den frühen Morgenstunden geweckt wurde durch ein scheiß Anruf, denn er versuchte zu ignorieren, aber Astoria annahm. Er war beinahe wieder weg gedämmert als Astoria Licht gemacht hatte und ihn entschieden geweckt hatte, mit den Worten.
„Wir müssen ins Krankenhaus. Meine Schwester hat ihr Kind bekommen."
Er hatte es für einen verdammten Witz gehalten. Seine Laune war im Keller gewesen und das, obwohl er mit einem Hochgefühl eingeschlafen war, weil Astoria ihm beim Abendessen beinahe beiläufig mitgeteilt hatte, dass sie nachgedacht hatte und die Idee mit dem Zusammenziehen gut fand. Er hatte pures Glück gefühlt, weil er schon Sorge hatte, sie würde Nein sagen. Sie hatte nicht sofort zugestimmt, sondern ihn warten lassen.
Doch statt dass er dieses Gefühl auch ausgeschlafen und ausgeruht genießen konnte, hatte er sich in den frühen Morgenstunden eines verdammten Donnerstages in seinem Bett aufgesetzt und nach seinem Wecker gegriffen, während Astoria bereits ins Bad verschwunden war.
„Ist das Daphnes Ernst? Es ist verdammt nochmal drei Uhr morgens."
„Ich gehe davon aus, dass sie sich das nicht ausgesucht hat, Draco", hatte Astoria geschimpft und er hatte sich wieder hingelegt. Nur um gefühlt fünf Minuten später seiner Decke entledigt zu werden und Astoria streng gefordert hatte „Steh auf. Na los."
Was im Nachhinein völlig unnötig war. Sie hatten gefühlt zwei Stunden gewartet, bevor Cooper einmal aufgetaucht war, müde, blass, aber mit einem breiten Grinsen, als hätte er einen verdammten Aufheiterungszauber hinter sich. Sie hatten ihm gratuliert. Astoria hatte ihn fest umarmt. Draco hatte es bei einem Händeschütteln belassen und dann waren sie zu Daphne.
Die ebenso fertig gewirkt hatte wie ihr Mann, aber strahlte, als stünde auch sie unter einem Zauber oder vielleicht auch einem aufputschenden Trank. Draco hatte es nicht verstanden. Kein bisschen. Bis zu dem Zeitpunkt als Daphne ihnen das kleine Wesen präsentiert hatte. Bonnie, ein kleiner krebsroter Säugling mit runden Köpfchen und einem Flaum aus dunklem Haar. Sie war winzig. Draco wusste, dass Babys klein waren, aber Bonnie wirkte kaum wie ein Hauch von Leben. Sie wirkte regelrecht klitzeklein als Daphne den Säugling ihrer Schwester in die Arme legte, die voller Faszination den neuen Erdenbürger musterte.
„Sie ist wunderbar", sprach Astoria und Daphne strahlte, berührte ihre Schwester, die bei ihr am Rande des Bettes saß, am Arm.
„Cooper und ich haben uns gefragt, ob du vielleicht die Patin werden möchtest?"
Daphne sah vielsagend zu ihrem Mann auf, der nur zustimmend nickte und Astoria lächelte.
„Natürlich. Sehr gerne."
Draco setzte sich neben Astoria auf das Bett und streckte seine Hand aus. Berührte das winzige Wesen und musterte es voller Faszination, wie Astoria es tat.
„Ist sie nicht hübsch?", fragte Tori leise.
Er nickte stumm. Ja war sie. Sie kam wohl, außer dem dunklen Haar, ganz nach ihrer Mutter.
„Würde euch auch gutstehen", warf die Blondine plötzlich ein und Astoria und Draco sahen sie irritiert an.
„Wie bitte?", fragte er und Daphne nickte ihrer Tochter zu.
„Na ein Baby. Würde euch auch stehen."
Er spürte Hitze in sich aufsteigen und nahm wahr wie Astoria rot wurde und beinahe ärgerlich
„Daphne", murmelte.
Cooper gluckste.
„Liebling, ich glaube, du machst die Beiden gerade verlegen."
„Was denn? Darf ich das nicht sagen?"
Falsches Timing, dachte Draco und Astoria gab die kleine Bonnie ihrer Mutter zurück. Sie blieben noch eine Weile, aber die Stimmung schien seltsam angespannt zu sein.
Darüber dachte Draco auch noch nach, als sie zurück in seiner Wohnung ankamen und beide beschlossen, dass ihnen noch ein wenig Schlaf guttun würde.
„Tori?", fragte er, als sie die Bettdecken zurückschlug.
„Mmh."
„Willst du eines Tages Kinder?"
Sie hielt kurz inne.
„Wie bitte?"
Er setzte sich aufs Bett und musterte sie genau.
„Willst du eines Tages Kinder? Ist eigentlich keine schwere Frage."
Sie seufzte seinen Namen und als er sie weiterhin ansah, kletterte sie zu ihm aufs Bett.
„Natürlich will ich eines Tages Kinder. Eine Familie. Aber nicht jetzt gleich." Er grinste und sie atmete schwer aus. „Daphne hätte das nicht sagen dürfen."
„Aber sie hat recht, es hat dir gutgestanden."
Viel zu gut.
„Willst du denn irgendwann Kinder?"
Er runzelte die Stirn.
„Ich habe darüber noch nie wirklich nachgedacht, aber..."
Er zögerte.
„Aber?", fragte sie abwartend und er beugte sich vor und küsste sie sanft.
Als er sich von ihr löste, war seine Stimme ruhig.
„Du bist meine Zukunft, Astoria. Wir beide. Du und ich. Und ja, ich kann mir mit dir Kinder vorstellen." Sehr sogar. „Aber ich sehe das wie du. Wir haben noch Zeit."
Sie lächelte etwas breiter.
„Heißt das, dass du mich nicht mehr gehen lassen wirst?"
„Nie wieder", versicherte er ernst und sie küsste ihn zurück. Als sie sich voneinander lösten, lehnte er seine Stirn gegen ihre. Er würde sie irgendwann heiraten, das wusste er einfach. Er würde mit ihr ein Leben haben. Kinder haben. Eine Familie haben. Beinahe hätte er aufgelacht. Seine Eltern wären absolut begeistert von ihr. Sein Vater liebte sie ohnehin schon wie eine Tochter und seine Mutter fand sie einfach wunderbar. Doch für Draco war sie einfach nur das perfekte Gegenstück. „Tori", murmelte er leise und sie macht erneut
„Mmh."
Er seufzte schwer.
„Ich glaube, ich weiß, wer dich vergiftet hat."
Die harmonische Stimmung kippte augenblicklich. Sie sah ihn einfach nur schockiert an.
„Wie bitte?"
Er holte tief Luft.
„Ich glaube, ich weiß, wer dich vergiftet hat", wiederholte er sich.
„Wer?", fragte sie atemlos.
„Ich habe Pansy in Verdacht."
Ihre Stirn kräuselte sich.
„Parkinson? Wieso sollte sie so etwas tun? Ich meine, ja sie läuft vielleicht nicht ganz rund. Aber würde sie mich deswegen vergiften?" Sie lachte unsicher auf. „Wir kennen uns so gut wie gar nicht und..."
Sie brach ab, als er nach ihrer Hand griff und diese drückte.
„Ich habe sie in der Straße getroffen als ich Pizza holen war für uns." In ihren Augen regte sich etwas. „Millicent wohnt in derselben Straße wie du."
„Das heißt nichts", hauchte Astoria leise.
Sie hatte recht, das musste nichts heißen.
„Ich glaube, sie könnte mich oder vielleicht uns gesehen haben. Zusammen", erklärte er und sie schüttelte kaum sichtbar den Kopf.
„Und selbst wenn, was heißt das schon?"
„Tori, ich habe keine Beweise. Aber du hast keine Ahnung, wie verworren Pansy manchmal denkt. Wie eifersüchtig sie sein kann und wie krass ihre Besitzansprüche oft sind, obwohl ich ihr damals in Hogwarts schon mehrfach klargemacht habe, dass ich nichts von ihr möchte." Mehrmals. Damals hatte es regelrechte Dramen gegeben, in denen Pansy viel zu oft den Gemeinschaftsraum verwüstet hatte. „Denk nach", forderte er. „Avery war es nicht. Ihn können und müssen wir ausschließen. Du hast keine anderen Feinde." Sie schien sein Gesicht abzusuchen und er drückte ihre Hand fester. „Ich kenne Pansy schon mein ganzes Leben lang, Astoria. Ich glaube nicht, dass sie dich töten wollte. Sie ist damals in Zaubertränke nur so weit gekommen wegen Theo und Blaise. Und Kräuterkunde war nie so wirklich ihre Stärke. Ich glaube nicht, dass sie, wenn sie es war, überhaupt weiß, was sie getan hat."
Sie schien darüber nachzudenken.
„Tori?", hakte er besorgt nach und sie fuhr sich über die Stirn.
„Okay... was, wenn es so ist? Was tun wir? Potter Bescheid sagen?"
Er atmete schwer aus.
„Das sollten wir vermutlich."
Ihre Augen röntgen ihn.
„Aber im Grunde willst du das nicht wirklich?"
Er senkte den Blick.
„Ich denke, ich sollte erst mit ihr reden, bevor wir irgendwelche Drachen scheu machen."
Es war immerhin nur eine Vermutung. Er hatte keine Beweise. Keine Indizien. Nichts. Er blickte sie wieder an, als sie nach seiner anderen Hand griff.
„Dann tu das. Aber versprich mir, dass du das nicht allein machst, ja? Nimm Theo oder Blaise oder am besten beide mit, ja?" Er küsste sie wieder. „Draco, ich meine das Ernst. Pass bitte auf dich auf. Versprich es mir."
„Ich verspreche es."
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Leidenschaft umfasst Liebe und Hass
Fiksi PenggemarSie war für Draco ein Dorn im Auge und es machte es nicht gerade besser, dass sein Vater ihr Mentor war und er sie praktisch jeden Tag zu Gesicht bekam. (Drastoria).