C H A P T E R T H I R T Y F O U R

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the memory of loss.

Dort stand seine Großmutter. Genau vor ihm, vielleicht nur fünf Schritte entfernt.
Sie lächelt ihn an. So wie früher.

Eine tiefe Sehnsucht breitete sich in Jungkooks inneren aus, wie ein gebrochener Damm der alles ertränkt, was ihm in den weg kommt. Er rannte los, stolperte über seine eigenen Füße und erreichte sie schließlich. Er wollte ihr so gerne in die Arme fallen, die sie für ihn ausgebreitet hatte, doch so wie bisher war sie nur ein Geist, durch den er einfach so hindurch glitt.

Heiße Tränen sammelten sich in seinen Augen.
Er wünschte sich nichts mehr auf der Welt, als eine letzte Umarmung von ihr zu bekommen.

»Oma? Bist du das wirklich?«, seine Stimme zitterte wie Espenlaub.

Er kannte die Antwort bereits. Natürlich war sie nicht echt, auch wenn sie unglaublich real aussah.

»Jungkook, ich bin sehr stolz auf dich. Ich kann es gar nicht in Worte fassen.«

Sie sah ihn an, mit den wärmsten Augen, die er je gekannt hatte. In ihrer Anwesenheit fühlte er sich so geborgen und sicher, als könnte nichts und niemand ihm etwas anhaben.

Ihre Lachfalten waren tief, aber wunderschön und sie zierten ihr schmales Gesicht wie Erinnerungen. Sie sah so jung aus, mit ihrem tief schwarzen Haar und den goldenen Ohrringen.

»Was machst du hier?«, Jungkook bekam einen Gedankenblitz, »bin ich etwa tot?«

Seine Oma lachte nur. »Nein, du bist nicht tot. Und das hier ist auch kaum zu vergleichen mit dem Tod. Es sei denn...«
Sie stoppte, sprach ihren Satz nicht zu Ende.

Es war, als wäre ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. Mit einem mal war sie kreidebleich. Ihre Muskeln begannen zu zucken. Man konnte sehen, wie die Nerven unter ihrer Haut sich bewegten. Ein gequältes, gurgelndes Geräusch — es klang fast wie ein knurren — drang aus ihrer Kehle.

»Was? Es sei denn, was?«, Jungkook wich bei dem Anblick, der sich vor ihm auftat, erschrocken zurück.

Die Haut seiner Großmutter begann zu schmelzen, wie der heiße Wachs, der von einer Kerze tropft. Ihre braunen Augen verflüssigten sich und liefen wie dickflüssiges Wasser über ihre Wangen, vermischten sich mit der Masse, bis nur noch leere schwarze Löcher zurückblieben.

Ihr Mund war weit aufgerissen, als wollte sie nach Luft schnappten, aber konnte nicht. Einen Augenblick später war nichts mehr von ihrem fleischigen Körper übrig, die zu großen Klamotten lösten sich wie staub im wind auf und sie hielt sich nur noch auf dünnen, knochigen Beinen.

Jungkook stieß einen schrillen Schrei aus. Er taumelte zurück. Vor ihm stand jetzt nur noch ein hässliches, halb verfaultes und teuflisch stinkendes Skelett.
Es streckte die langen, knackenden Finger nach ihm aus, und plötzlich konnte sie ihn berühren! Es fühlte sich kalt, und gleichzeitig brennend heiß auf seiner Haut an.

»Es sei denn, der Tod wünscht es sich, so ein hübsches Exemplar wie dich in seine Sammlung zu bekommen. Du musst wissen, mein Liebling, der Tod nimmt sich immer nur die schönsten Blumen auf der Wiese, um sein Haus zu dekorieren.«

Das war nicht mehr seine Oma, die dort vor ihm stand. Ihre Stimme klang mit jedem Wort schriller und verzerrter, wie eine quietschende Kreide auf einer Tafel.
Jungkook bewegte sich automatisch rückwärts, obwohl sein Kopf den Flugmodus eingeschaltet hatte, so sehr traf ihn der Schock.

MOTH | taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt