2 Wer, wenn nicht wir?

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Richard, der Geheimagent im Dienst Ihrer Majestät blickte in die Londoner Suppe und freute sich. Noch drei Tage, und er würde dieses Wetter für eine gute Woche hinter sich lassen – auf ihn wartete eine Dienstreise nach Griechenland und Ägypten. Er raffte sich auf, zog einen langen Mantel an, setzte einen schwarzen Hut auf und fuhr zu einer Privatschule in Finchley.

Als der Schulleiter, Mr. Robbins, am Vorabend angerufen und die Rückkehr seiner beiden Schüler Phil und Hamit gemeldet hatte, hatte der MI 6-Mann auf den Kalender gesehen und nachgerechnet. Es war der 7. November 1972, und das hieß, die beiden Schüler waren sage und schreibe zehn Tage unterwegs gewesen, in Deutschland und in Libyen, und zwar im Auftrag der Deutschen, genauer, des deutschen Geheimdienstes – das war alles, was er gesichert wusste. Aber er hatte so einige Vermutungen. Man sollte sich mit ihnen unterhalten.

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Der Chef des deutschen Militärgeheimdienstes, der in den letzten Wochen einen äußerst geheimen Stab in Bonn geleitet hatte, in dem die „Ausweisung" der Olympia-Attentäter nach Libyen organisiert wurde, erblickte seine Zielpersonen, drei Männer, bereits, als sie die Abflughalle des Frankfurter Flughafens betraten. Der zivil gekleidete General blätterte in einer Zeitschrift und beobachtete, wie Tom, Nikos und Klaus am Olympic-Schalter ihre Bordkarten bekamen. Als sie die Passkontrolle durchlaufen hatten, ging er zügig zur Wache der Flughafenpolizei.

„Können Sie mich zu dem Olympic-Flieger bringen?" bat er den Wachhabenden und zeigte ihm seinen Dienstausweis.

„Selbstverständlich, Herr General. Kommen Sie, die Maschine boardet gleich."

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Nicky, die Stewardess in Diensten der Olympic Airways, sah den Polizeiwagen kommen und empfing den netten, älteren Herrn im Popelinemantel an der Tür. Der Mann musste wichtig sein, wenn er vor allen anderen und dann auch noch mit einem Polizeiwagen gebracht wurde, und Erster Klasse reiste er auch. Ein Politiker? Ein besonders reicher Industrieller? Sie geleitete ihn zu seinem Platz in der zweiten Reihe. Nun würden ihre guten Freunde Nikos, Tom und Klaus doch nicht die Einzigen in der Luxusklasse sein, in die sie der Pilot gesetzt hatte, obwohl sie eigentlich billigere Tickets gebucht hatten.

General Fred, der MAD-Chef, machte es sich auf dem bequemen Sessel gemütlich. Er lobte sich für die gute Idee, in der Ersten Klasse zu fliegen, und das nicht nur, weil ihm das als General zustand – wäre er mit Lufthansa geflogen, hätte er keinen Pfennig dafür zahlen müssen. Die Gesichter von Tom, Nikos und Klaus, wenn er sich ihnen zeigen würde, waren ihm den exorbitanten Preis wert. Er würde über den Alpen einen kleinen Spaziergang in die Zweite Klasse machen und sie überraschen.

Als der Bus mit den wenigen anderen Passagieren an der Gangway hielt, entfaltete Fred die Frankfurter Allgemeine und las einen Kommentar zu den Auswirkungen, die die Freilassung der Münchner Attentäter auf die Bundestagswahl haben könnte. Er wollte verhindern, dass die drei jungen Männer ihn zufällig sahen, wenn der Vorhang zur Ersten Klasse für andere Passagiere geöffnet wurde.

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Auf dem Weg zum Direktorat, im Schlepptau von Brenda, der Schulsekretärin, sprachen sich Hamit und Phil ab, die zum Rapport bei ihrem Schulleiter, Mr. Robbins, bestellt waren.

„Ich glaube, ich sage gar nichts," meinte Hamit. „Du kennst Dich mit sowas besser aus."

„Wenn er mit uns zusammen spricht," gab Phil zu bedenken. „Wenn nicht, denk dran: wir reden nie über unsere Auftraggeber und unsere Aufträge. Lass Dich nicht einschüchtern."

„Der kann mich nicht einschüchtern. Mein Vater schon eher. Ich muss ihn noch anrufen."

Brenda führte sie direkt in das Büro des Direktors, wo zu ihrer Überraschung Richard, der MI6-Offizier, auf sie wartete.

Die richtigen Leute Band 9: Sorgt, dass die Wüste nicht wächstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt