20 Ein Sponsor für einen Libyentrip

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Tom entschuldigte sich und ging in sein Büro. Er musste in Ruhe nachdenken. Die Motivation des Abgeordneten war ihm klar: eine Spende für die Parteistiftung und die Berichterstattung in der Lokalpresse, der FDP-Mann habe die Arbeitsplätze der Fertighausfirma gerettet, waren für einen jungen Abgeordneten Grund genug, sich für die Firma einzusetzen. Dieser Punkt interessierte Tom eigentlich nur am Rande, vielmehr beschäftigte es ihn, inwieweit Nikos' Gruppe und die Libyer, denen er sich als Major schließlich auch verpflichtet fühlte, davon profitieren konnten.

Der letztere Punkt schien ihm unproblematisch. Unterkünfte für Ölarbeiter wurden auf jeden Fall benötigt, und die libysche Bauwirtschaft war mit dem Boom der Städte und Ölanlagen so ausgelastet, dass sie schon Arbeiter im Ausland rekrutierte. Die Lösung könnte, wie im Fall Sommerston, ein Joint Venture mit einer libyschen Baufirma sein. Die Gewinne könnte man aufteilen, und durch die Beschäftigung einheimischer Ingenieure und Vorarbeiter würde das Land Knowhow erlangen.

Wegen der Fertigbauweise würde – entgegen der konventionellen Bauweise - eine kleine Zahl deutscher und libyscher Monteure ausreichen, die Häuser zu errichten. Es würden also kaum einfache Arbeiter benötigt, die in Libyen ohnehin knapp waren. Auf die Dauer könnte man vielleicht auch Teile der Produktion im Land selbst vornehmen. Die ganze Sache ließe sich durchaus so gestalten, dass alle Seiten etwas davon hatten. Auch die Athener Gruppe natürlich.

Tom notierte als eretes auf seinen „To Do Liste" „Mansour anrufen". Er würde die ganze Sache, auch die Frage eines geeigneten Vertreters, mit ihm durchsprechen, bevor er Gaddafi selbst damit behelligte, ohne dessen Zustimmung so etwas nicht laufen würde, und den man auf keinen Fall zu spät informieren durfte. Der zweite Name auf seiner Liste war Basilis, ohne dessen Okay er die Sache fallenlassen würde. Als letztes schrieb er Bilski auf, und dann ging er zurück in den Besprechungsraum.

„Ich müsste ein paar Telefongespräche führen," sagte er zu Högelmann, „das kann eine Stunde dauern. Wollen Sie warten, oder sollen wir uns später noch einmal treffen? Ich muss allerdings in ein paar Stunden weg, und ab morgen bin ich wieder in der Kaserne."

Die Antwort des Abgeordneten zeigte Tom, dass die Spende an die „Vereinigung" nicht ganz klein gewesen sein konnte:

„Dann warte ich lieber."

Klaus räumte ohne Murren seinen Schreibtischstuhl und setzte sich in der Ecke auf einen Sessel. Während er Tom lauschte, ging sein Schmunzeln in ein breites Grinsen über. So lief das also mit der Finanzierung der Athener Gruppe, dachte er.

Al-Marzouki hörte sich Toms Vortrag geduldig an. Bevor er seine jetzige Position beim Geheimdienst angetreten hatte, war er für die Beschaffung der Armee zuständig gewesen, wofür ihm sein Studium der Wirtschaft in London die fachliche Qualifikation lieferte. Es befähigte ihn ebenso, Toms Vorschlag zu beurteilen.

„Wir machen das so, Tom," entschied er. „Ich spreche das zuerst mit den zuständigen Leuten im Wirtschafts- und Ölministerium durch. Im Großen und Ganzen könnte das so gehen, wie Du geschildert hast. Wenn die Experten zustimmen, lege ich die Sache Oberst Gaddafi vor. Ich werde mich auch umhören, wer als Vertreter für diese Firma in Frage käme. Wann brauchst Du eine Antwort?"

„Aus meiner Sicht eilt es nicht. Ich muss ab morgen in die Kaserne. Dann kann ich mich sowieso nicht darum kümmern. Also hat das Zeit bis zum Wochenende, mindestens."

„Kannst Du am Samstag zu Malik kommen, gegen Mittag? Dann kann ich Dir eine konkrete Antwort geben," versprach Al-Marzouki.

„Gut, bis Samstag also. Wie ist das Wetter in Tripolis?"

„Es regnet. Und es ist kalt. Keine 20 Grad. Und in Bonn?"

„Es regnet. Ungefähr 5 Grad."

„Willst Du nicht doch nach Afrika ziehen?"

Die richtigen Leute Band 9: Sorgt, dass die Wüste nicht wächstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt