3 Immer auf der Hut

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Der General war verwirrt. Waren das die jungen Männer, deren Kreativität und Mut er in den letzten Wochen so zu schätzen gelernt hatte? Die sich voll und ganz in ihre Aufgabe gestürzt hatten? Die sollten einen DDR-Agenten „erledigt" haben? Die schmiedeten ein Komplott, um einen deutschen Offizier zu töten und schwafelten von Allmachtsgefühlen? Er schaffte es nicht, die Dinge so zu sortieren, dass sie einen Sinn ergaben. Tom ahnte, welche Gedanken den Mann hinter der Zeitung gerade quälten. Eine Drehung noch, dachte er, dann müssten sie ihn erlösen. Es wurde auch Zeit. Der Sinkflug hatte schon begonnen.

„Nikos, erinnerst Du Dich noch an Al-Masri?" eröffnete Tom den letzten Akt der Inszenierung.

„Blöde Frage. Natürlich. Wie kommst Du jetzt auf den, Gangster?"

„Na ja, kannst Du Dich noch erinnern, was Muammar mit ihm gemacht hat, als er gemerkt hat, dass er ihn hintergangen hat?"

„Du meinst, als er uns für die Ägypter ausgekundschaftet hat?" fragte Nikos, um für Fred den Zusammenhang herzustellen.

„Was sonst?" versetzte Tom. „Klaus, hör gut zu. Wir haben Dir das noch nicht erzählt, aber Du solltest es wissen."

„War das nicht ein Libyer, der heimlich für die Ägypter gearbeitet hat?" stieg Klaus auf die Erzählung ein. „Und Ihr habt ihn erwischt? Ihr habt mal so eine Andeutung gemacht."

„So ungefähr."

„Und was ist mit ihm passiert?"

„Gaddafi hat ihn erschießen lassen. Einer aus unserer Gruppe, Stephanos, war dabei."

Nikos erkannte, wohin sich Tom bewegte:

„Warum kommst Du jetzt mit diesem Spitzel um die Ecke, Tom?"

„Ich wollte nur mal daran erinnern, was jemandem passiert, der uns auskundschaftet. Oder es versucht."

„Zum Beispiel mit einer total unauffälligen Zeitung, die er seit einer Stunde nicht mehr umgeblättert hat?" visierte Nikos Toms Ziel an wie der Torero den Stier, und Tom versetzte dem General den entscheidenden Stoß:

„Zum Beispiel. Das muss ein ziemlicher Anfänger sein. Tst, tst, Umblättern vergessen."

„Fragt sich nur, wer hinter der Zeitung steckt," meinte Nikos.

„Jemand, der in Athen niemanden kennt außer uns," beantwortete Tom seine rhetorische Frage. „Jemand, der uns nicht entkommen wird...."

„Jemand, für den in der Höhle auf Kreta auch noch Platz ist," ergänzte Nikos.

Der MAD-Chef wusste nicht, ob er lachen oder sich ärgern sollte. Er entschied sich fürs Lachen, schließlich hatte er Urlaub. Er legte die Zeitung beiseite und stand auf.

„Tut mir leid. Ich wollte Euch nicht ausspionieren. Ich habe extra Erste Klasse gebucht, weil ich dachte, Ihr sitzt in der Zweiten."

Das Argument stach. Sie waren auch gar nicht böse auf ihn, aber neugierig schon:

„Das kann doch kein Zufall sein, dass Du in demselben Flieger sitzt wie wir," stellte Tom fest.

„Ich gebe es zu. Ich habe mir auch Urlaub verordnet, den hab ich bitter nötig. Meine Frau muss arbeiten, da habe ich mir überlegt, wo ist es schön, wo ist es warm, oder wenigstens wärmer als in Köln, und da fiel mir Griechenland ein."

„Wo Du gerne etwas mehr über unsere Gruppe erfahren möchtest," vermutete Tom.

„Das wäre ein schöner Nebeneffekt, gab Fred zu. „Seid Ihr sehr sauer?"

Sie ließen die Frage unbeantwortet. Stattdessen stand Tom auf und ging mit Nikos in die Zweite Klasse, in der sich wenige Passagiere verloren. Sie setzten sich in eine Reihe, wo sie keine Nachbarn hatten.

Die richtigen Leute Band 9: Sorgt, dass die Wüste nicht wächstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt