Wie schon in Tobruk ließen sie Fred allein in das achteckige Mahnmal westlich der Stadt El-Alamein gehen. Tom und Nikos reckten und streckten sich, dann ließen sich alle in dem warmen Sand nieder. Oberst Al-Numeiri nutzte die Pause, um sie auszufragen:
„Euer Freund Fred ist doch sicher nicht ein einfacher Agent."
„Nein, aus dem Alter ist er wohl raus," versuchte Tom, sich aus der Affäre zu ziehen.
„Sagt mir ruhig, wer er in Wirklichkeit ist," insistierte der Ägypter. „Ich komme sowieso irgendwann dahinter."
„Er ist der Chef vom MAD," antwortete Tom kleinlaut.
„Also der Mann, für den Ihr in den letzten Wochen in Libyen, Ägypten und Syrien wart," konstatierte Al-Numeiri.
„Richtig. Es war stressig, für ihn wahrscheinlich am meisten. Wir sind alle ziemlich urlaubsreif."
Al-Numeiri erkannte eine Chance. Als der MAD-General zurückkam, lud er alle zum Essen in El-Alamein ein. Sein Vortrag an den Wirt erheiterte Serhat, und was ihnen dann aufgetischt wurde, entsprach einem Staatsbankett, wenn auch ohne die bei solch einer Gelegenheit übliche Förmlichkeit.
„Wollen wir uns ein wenig die Beine vertreten?" fragte der ägyptische Geheimdienstoberst seinen deutschen Berufskollegen, als alle rundum satt waren.
„Gerne," freute sich Fred. „Das Essen muss man ablaufen."
Den anderen war klar, dass sie auf dem Spaziergang entlang der malerischen Lagune nicht erwünscht waren, also blieben sie in dem Restaurant, das in der ersten Reihe lag und einen romantischen Ausblick auf die Küstenlinie bot.
„Ich hatte mir meinen Ägypten-Urlaub etwas anders vorgestellt," bemerkte Sparks.
„Tut mir leid. So war das auch nicht geplant," entschuldigte sich Tom.
„Ich meinte das nicht negativ. In meinem Beruf ist es nicht ganz verkehrt, solche Leute zu kennen. Zumal wir uns demnächst auch mal im Libanon umsehen wollen. Ich wundere mich nur über Eure Verbindungen."
„Deine Kontakte in Afghanistan sind sicher nicht minder spannend," relativierte Tom.
„Aber ich habe Jahre gebraucht, sie aufzubauen. So viel Zeit könnt Ihr in Eurem Alter noch gar nicht gehabt haben."
„Wir haben eben zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute getroffen. War viel Zufall dabei," meinte Nikos, woraufhin Sparks sagte, was auch Tom und Nikos längst bewusst war:
„Es gibt keine Zufälle."
***
Oberst Al-Numeiri vermied es peinlichst, den Anschein zu erwecken, er wollte Fred aushorchen. Der stand ohnehin noch unter dem Eindruck seines Besuchs in der deutschen Trutzburg, und so waren sowohl seine Erlebnisse während des Afrika-Feldzugs und als auch die Erfahrungen des Ägypters in den Kriegen gegen England und Israel Thema. Die Geheimdienstler waren sich sympathisch.
„Was haben Sie morgen vor?" fragte der Oberst den General, als sie langsam zu dem Gasthaus zurückschlenderten.
„Ein Tag ist für Kairo sicher viel zu kurz. Tom meinte, wir könnten ein bisschen reiten, an den Pyramiden, und ich würde mir gerne auf dem Rückweg diese Stadt im Nildelta ansehen, wie hieß die noch? Tom und Nikos scheinen schöne Orte zu kennen."
„Die Stadt heißt Tanta. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Sie begleite?"
„Nein, das wäre sehr zuvorkommend. Ich weiß allerdings ehrlich gesagt nicht, wie meine Begleiter das sehen. Ihr Verhältnis ist mir nicht so ganz klar."
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Die richtigen Leute Band 9: Sorgt, dass die Wüste nicht wächst
Historical FictionIn „Sorgt, dass die Wüste nicht wächst", dem 9. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute" werden Tom und seine Freunde in teilweise gefährliche Abenteuer in verschiedenen europäischen Ländern und in Afrika verwickelt. Sie begleiten den „größten Ha...