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Der Donnerstag ging in einem Nebel von Müdigkeit dahin.
Auch Ron war offenbar sehr müde, obwohl Faith nicht wusste, wieso.
Ihr drittes Nachsitzen verlief wie die beiden zuvor, nur verschwanden nach zwei Stunden die Wörter Ich soll keine Lügen erzählen nicht mehr von Ihrem Handrücken, sondern blieben dort eingeritzt und sonderten Blutstropfen ab.
Weil das Kratzen der spitzen Feder einen Moment aussetzte, bei Harry ebenfalls blickte Professor Umbridge auf.
"Ah", sagte sie mit weicher Stimme und kam hinter ihrem Schreibtisch hervor, um ihre Hände persönlich zu untersuchen.
"Gut. Das sollte Ihnen eine Lehre sein, nicht wahr? Sie können für heute Abend gehen."
"Müssen wir trotzdem morgen wiederkommen?", fragte Harry und griff seine Schultasche mit der linken und nicht mit der brennenden rechten Hand. "O ja", sagte Professor Umbridge, wie stets mit einem breiten Lächeln.
"Ja, ich denke, wir können die Botschaft mit der Arbeit eines weiteren Abends noch ein wenig tiefer einprägen."
Faith und Harry schwiegen, während sie zum Gryffindor-Turm zurückgingen.
Faith war so in Gedanken, dass sie erschrak, als sie Harry
"Ron?" sagen hörte.
Sie hatte den Treppenabsatz erreicht, waren nach rechts gegangen und fast mit Ron zusammengeprallt, der hinter einer Statue von Lachlan dem Lulatsch lauerte und seinen Besen umklammerte. Als er Faith und Harry sah, machte er überrascht einen Satz und versuchte den neuen Sauberwisch Elf hinter seinem Rücken zu verstecken.
"Was treibst du hier?"
"Ähm – nichts. Was treibst ihr hier?"
Faith sah ihn stirnrunzelnd an.
"Komm schon, uns kannst du es erzählen. Warum versteckst du dich hier?"
"Ich – ich versteck mich vor Fred und George, wenn ihr’s unbedingt wissen wollt", sagte Ron.
"Die sind eben mit ein paar Erstklässlern vorbeigekommen. Ich wette, die testen wieder Sachen an denen aus. Jetzt können sie es ja nicht mehr im Gemeinschaftsraum machen, oder? Jedenfalls nicht, wenn Hermine da ist." Er redete fieberhaft überstürzt.
"Aber wozu hast du deinen Besen dabei, du bist doch nicht etwa geflogen?", fragte Faith.
"Ich – nun – na ja, okay, ich sag’s euch, aber nicht lachen, ja?", stammelte Ron abwehrend und lief mit jeder Sekunde röter an.
"Ich – ich dachte, ich könnte es mal als Gryffindor-Hüter probieren, jetzt, wo ich einen anständigen Besen habe. So. Da habt ihr’s. Jetzt lacht schon."
"Wir lachen nicht", sagte Harry.
Ron sah beide erstaunt an.
"Glänzende Idee! Wär wirklich toll, wenn du in die Mannschaft kämst! Ich hab dich nie Hüter spielen sehen, bist du gut?" fragte Harry
"Ich bin nicht schlecht", sagte Ron, der ungeheuer erleichtert über Faiths und Harrys Reaktion wirkte.
"Charlie, Fred und George haben mich immer den Hüter machen lassen, wenn sie in den Ferien trainiert haben."
"Also hast du heute Abend geübt?" fragte Faith
"Jeden Abend seit Dienstag … aber nur für mich allein. Ich hab versucht Quaffel zu verhexen, damit sie auf mich zufliegen, aber es war nicht so einfach, und ich weiß nicht, ob es mir was bringt." Ron wirkte nervös und beklommen.
"Fred und George werden sich dumm und dämlich lachen, wenn ich bei den Auswahlspielen auftauche. Seit ich zum Vertrauensschüler ernannt wurde, nehmen die mich dauernd auf den Arm."
"Wenn ich nur dabei sein könnte", sagte Harry bitter, als sie sich zusammen auf den Weg zum Gemeinschaftsraum machten.
"Ja, ich währe auch gerne dabei." entgegnete Faith.
"Ja, finde ich auch – Harry, was hast du da auf der Hand?"
Harry, der sich gerade mit der freien rechten Hand an der Nase gekratzt hatte, versuchte sie ebenso erfolglos zu verstecken wie Ron zuvor seinen Sauberwisch.
"Hab mich nur geschnitten – nichts weiter – es ist –"
Aber Ron hatte Harrys Unterarm gepackt und zog Harrys Handrücken vor sein Gesicht.
Eine Pause trat ein, während er auf die Wörter starrte, die in die Haut geritzt waren, dann ließ er Harry los, als würde ihm plötzlich schlecht.
"Ich dachte, ihr hättet gesagt, sie würde euch nur Sätze schreiben lassen?"
Ron packte auch Faiths Unterarm und sah da die gleichen Wörter eingeritzt, wie bei Harry.
Faith und Harry zögerten, aber schließlich war Ron ehrlich zu ihnen gewesen, und so erzählte sie ihm die Wahrheit über die Stunden, die sie in Umbridges Büro verbrachten.
"Die alte Hexe!", wisperte Ron empört, als sie vor der fetten Dame ankamen, die, den Kopf an ihren Rahmen gelehnt, friedlich döste.
"Die ist krank! Geht zu McGonagall und sag was! Oder zu deinem Vater Faith" »Nein«, erwiderte Harry rasch.
"Erzählt bloß nichts Papa davon!" sagte Faith rasch, " Der macht die alte Hexe platt."
"Währe dass so schlimm?" fragte Harry scherzhaft.
"Vermutlich nicht" sagte Faith und alle drei lachten, während sie in der Korridor zum Gemeinschaftsraum bogen.
"Damit dürft ihr sie nicht durchkommen lassen!" sagte Ron jetzt wieder im ernsten Ton.
"Ich weiß nicht, wie viel Macht McGonagall über sie hat", sagte Harry. "Dann Dumbledore, erzählt es Dumbledore!"
"Nein", sagten Faith und Harry entschieden.
"Warum nicht?"
"Er hat genug um die Ohren", sagte Harry.
"Also, ich finde, ihr solltet –", begann Ron, wurde jedoch von der fetten Dame unterbrochen, die sie schlaftrunken beobachtet hatte und jetzt herausplatzte: "Sagt ihr mir jetzt das Passwort oder muss ich die ganze Nacht wach bleiben, bis ihr euer Gespräch beendet habt?"

Am Freitag hatten Faith und Harry ihr letztes Nachsitzen bei Umbrige.
Die Schnitte auf Faiths Handrücken, gingen mittlerweile nicht mehr weg.
Vom Fenster aus hatte Faith eine gute Sicht aufs Quidditchfeld.
Sie konnte einige Spieler sehen.
Einige waren Grotten Schlecht und andere wiederum gut.
Sie hoffte insgeheim, dass Ron zu den guten Spielern gehörten.
Nachdem Umbrige den beiden gesagt hatt, sie dürfen gehen, rannten sie so schnell sie konnten in den Gemeinschaftsraum, wo Ron in Freudestrahlend entgegenkam.
"Faith, Harry, ich hab’s geschafft, ich bin dabei, ich bin Hüter!"
"Jjaaaa" jubelten Faith und Harry.
"Nimmt euch ein Butterbier." Ron drängte ihnen eine Flasche auf.
"Ich kann’s nicht fassen – wo ist eigentlich Hermine?"
"Sie ist dort drüben", sagte Fred, der ebenfalls Butterbier trank, und wies auf einen Sessel am Feuer.
Dort saß Hermine und döste, in der Hand ein Getränk, das bedenklich schwappte.
"Na ja, als ich es ihr gesagt habe, meinte sie, es würde sie freuen", sagte Ron und sah ein wenig verstimmt aus.
"Lass sie schlafen", sagte George hastig. Wenige Augenblicke später fiel Faith auf, dass einige der um sie versammelten Erstklässler eindeutig so aussahen, als hätten sie vor kurzem Nasenbluten gehabt.
"Komm mal her, Ron, lass uns schauen, ob dir Olivers alter Umhang passt", rief Katie Bell, "wir können seinen Namen abtrennen und deinen draufnähen …" Als Ron hinüberging, kam Angelina auf Harry zugeschritten.
"Tut mir leid, dass ich euch letztens ein bisschen schroff behandelt hab, sagte sie ohne Umschweife.
"Dieser Trainerkram ist stressig, wisst ihr, langsam überleg ich mir schon, ob ich nicht manchmal ein wenig ungerecht zu Wood war."
Sie musterte Ron mit einem leichten Stirnrunzeln über den Rand ihres Kelchs hinweg.
"Hört mal, ich weiß, er ist euer Kumpel, aber er ist nicht gerade umwerfend", sagte sie offen heraus. "Trotzdem glaube ich, mit ein wenig Training wird noch was aus ihm. Schließlich kommt er aus einer Familie guter Quidditch-Spieler. Ich setze drauf, dass ein bisschen mehr Talent in ihm steckt, als er heute gezeigt hat, ehrlich gesagt. Vicky Frobisher und Geoffrey Hooper sind zwar heute Abend besser geflogen, aber Hooper ist ein echter Jammerlappen, dauernd stöhnt er über dies und das, und Vicky steckt in allen möglichen Vereinen. Wenn das Training sich mit dem Zauber-Klub überschneiden würde, dann würde sie lieber in den Klub gehen, hat sie selbst zugegeben. Aber egal, wir haben morgen um zwei eine Trainingsstunde, also sieht zu, dass ihr diesmal kommt. Und tut mir einen Gefallen und hilft Ron, so gut ihr könnt, okay?"
Beide nickten.

Das Geheimnis von Severus Snape Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt