Kapitel 6

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"Firinn, der gute Geist der Wahrheit, beehrt uns oft dann, wenn seine Anwesenheit gar nicht erwünscht ist."

Am nächsten Morgen war der Nebel bereits wieder verschwunden. So einen schnellen Wechsel der Nebelbedingungen kannte ich aus Hallgar nicht. Dort hatte er sich zum Leidwesen der Bevölkerung in den Jahren eher stetig, über viele Ländereien ausgedehnt und rückte weiter vor. Kurz vor dem Zentrum Hallgars und an seinen Hofgrenzen blieb er aber nahezu beständig. Ein so unberechenbares Vor- und Zurückziehen war nicht typisch.

Die Frage was den Nebel verursachte, seine Richtung wies, beschäftigte mich daher mehr denn je, besonders jetzt, da ich der noch viel schlimmeren Bedrohung, der Nahärra so nah war. Es schien als hätte der Nebelwald seine ganz eigenen Naturgesetze. Der große Wald, lange bevor er den Namen Nebelwald verliehen bekam, galt schon seit jeher als mystisch und war Ursprung unseres Glaubens an die guten Geister. Diesen Glauben teilten wir mit allen vier Königreichen. Es verband uns, auch wenn der Nebel uns heute teilte.

Daher schien es nicht zufällig, dass sich der Nebel in der Zeit der Sonnenwenden zurückzog und Passagen unter unseren Ländern freigab. Denn die Sonnenwenden waren unsere beiden höchsten Feste, zu ehren unserer guten Geister. Man sagte sich, dass die Verbindung zu ihnen und ihrer Anderswelt an diesen Tagen am stärksten und unsere Grenzen am Dünnsten war und der Wald, als Tor in diese Welt funktionierte. Da der Nebel irgendwo im Wald seinen Ursprung hatte und mit ihm verbunden war, war auch der Nebel eng mit unserem Glauben verbunden auf eine Art und Weise, die wir einfach nur noch nicht verstanden.

Die Fae hatten einen stärkeren Zugang zum mystischen Wald, denn wenn sie es stark trainierten, konnten sie sogar etwas Magie durch die Geister und den Wald channeln. Manchmal machte es nicht mehr Eindruck als Taschenspielertricks. Den Mächtigen konnte es zwar als Waffe dienen, große Kriege wurden damit aber nicht geführt, da es sehr viel Stärke und Konzentration brauchte und lange Erholungsphasen.

Unseren gemeinsamen Glauben lehrten uns einst die Fae, die ihn uns durch ihre Magie offenbarten und wir Menschen, die einmal vor hunderten von Jahren an Götter glaubten, sich von dem, was sie sahen, vereinnahmen ließen. Menschen wollten schon immer sehen, an was wir glaubten.

Mema zeigte mir ihren Garten, oder das was davon übrig war, denn fast alle Pflanzen hatten einen braunen Pilzbefall, faulten bis in die Wurzel. Eine der vielen schlechten Einflüsse des Nebels. Wir zogen die verdorbenen Pflanzen und trennten sie von den wenigen noch grünen. Es roch modrig und feucht. Normalerweise liebte ich den Duft von feuchter Erde, aber dieser hatte etwas unangenehmes, saures beigemischt. Meine Beine zitterten nach ein paar Reihen Gartenarbeit, aber mir tat es gut draußen zu sein. Dabei ein paar braune Pflanzen zu zupfen beschäftigte mich wenigstens.

Mema glänzte mit sehr viel mehr Hingabe und steckte knietief im Beet mit beiden Händen tief in der Erde vergraben. Diese Frau konnte keine einzige Sekunde stillhalten. Sie durchwühlte und durchpflügte Bahn für Bahn, um wenigstens ein paar ihrer kostbaren Kräuter zu retten. Dabei steckte sie gleich wieder neue Samen in die Erde in der Hoffnung, die Zeit würde reichen, ein paar dieser neu aufkeimenden Pflanzen jung zu ernten, bevor der Nebel erneut darüber ziehen würde.

Das Geräusch von Pferdehufen ließ mich aufschrecken und die Neugierde trieb mich um die Hütte zum Vordereingang. Ich verlangsamte meine Schritte und spähte vorsichtig um die Ecke .

Er war zurück. Ein leichtes, nervöses Prickeln der Anspannung tanzte über meine Wirbelsäule.

Wieder ganz dunkel gekleidet, hatte er die Kapuze seines schwarzen Wollmantels tief in sein Gesicht gezogen, zusammen mit der Maske waren nicht einmal seine Augen gut zu erkennen.

Ich stand keine sieben Meter von ihm entfernt, angelehnt an der Häuserwand und beobachtete ihn still. Er war es, der mich in dieser Nacht im Nebel fand, der mich vom Boden aufhob und in Sicherheit brachte. Ich erinnerte mich wieder an den Geruch des Wollmantel und wie gut er sich an meiner bitterkalten, vom feuchten Nebel durchnässten Haut anfühlte. Ich stütze mich zusätzlich mit einer Hand an der Hauswand.

NebelwaldjägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt