Kapitel 31.1

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Author's note:

Triggerwarnung: Eelin wird sich an die Geburt erinnern. Trigger könnten sein: Komplikationen während einer Geburt, schwere Geburt, Fehlgeburt. Aus Respekt vor dem Thema ist die Sequenz sehr knapp gehalten und der Fokus auf Eelins Gedanken. Es wird kurz Blut erwähnt jedoch dann schnell in einem anderen Zusammenhang gebracht. Solltest du dir dennoch unsicher sein ( weil du zum Beispiel gerade schwanger bist) kannst du das Kapitel auch auslassen. Ganz unten findest du eine Zusammenfassung mit den nötigsten Erkenntnissen. 

"Firrin versteckt sich in den dunkelsten Ecken"

Mitten in der Nacht schreckte ich mit starken Unterleibsschmerzen auf. Noch im Traum hatte ich die kalten rauen Steinwände gefühlt, an denen ich mich verzweifelt in der Dunkelheit festhielt und den modrigen, feuchten Geruch des Kellers gerochen. Ich sah durch meine Augen, wie ich jede neue Schmerzwelle an der Wand abzufangen versuchte. Wie ich mich festkrallte, während meine verzweifelten Rufe nach Hilfe ins Leere gingen. Und da war Angst, so viel Angst, die mich nur noch mehr verkrampfen ließ.

Die Wachen verhöhnten mich. "Sie denkt wohl, sie kann uns schon wieder etwas vormachen!" Ich hatte selbst Schuld. Zu oft hatte ich versucht zu entkommen und jetzt nahm mich keiner ernst. Nein, niemand wollte mir helfen und jetzt ließ es sich auch nicht mehr aufhalten. Wann würden sie endlich merken, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

Ich hatte geglaubt, der königlichen Familie war mehr an ihrem Thronfolger gelegen. Vermutlich war es ihnen ohnehin lieber, das Problem hätte sich in seinem ganzen Ausmaß von selbst erledigt. Hauptsache kein Kind seines Blutes würde irgendwo seiner Kontrolle entzogen aufwachsen, nur um im falschen Moment zurückzukehren und jemals Ansprüche zu erheben.

Da war warme Flüssigkeit, die mir plötzlich das Bein herunter lief und dann wachte ich auf.

Die warme Flüssigkeit war noch da. Die Schmerzen, wenn auch nicht so stark, auch. Offensichtlich hatte mein Zyklus wieder eingesetzt. Mema hatte mir zwar damals einen starken Tee gegeben, der dafür sorgte, dass die körperlichen Veränderungen sich sehr schnell zurückbildeten. Mein Zyklus war seitdem aber ausgeblieben. Bis mich in dieser Nacht meine Monatsblutung plötzlich im Schlaf überraschte. Ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, was mit mir los war. Mir fehlte die Orientierung. Halb schlafend schleppte ich mich in mein Badezimmer.

"Eelin verdammt noch mal wach auf oder muss ich einen Arzt rufen?"

Ich zitterte am ganzen Körper, als ich die Augen aufschlug.

"Du bist ja völlig unterkühlt und kreidebleich! Was ist passiert?" Warme kleine Hände rüttelten an meiner nackten Schulter. "Wieso liegst du denn auf dem kalten Boden?"

Mirrins Stimme klang besorgt. Ungewöhnlich besorgt. Es passte garnicht zu ihr. Benommen blinzelte ich mich wach. Drückte mich etwas hoch, um Mirrin besser sehen zu können. Sie kniete über mir gebeugt. Ihr Blick tastete mich ab, als würde sie sicher gehen wollen, dass sie nichts übersah.

"Ich weiß nicht mehr. Ich hab heftig geträumt und dann – ich wollte mich im Bad waschen. Keine Ahnung. Ich kann mich nicht erinnern", flüsterte ich.

"Oh!" Mirrin schien zu einem Schluss gekommen zu sein. "Ist es deine erste Blutung seit –?" Sie half mir, mich langsam aufzurichten.

"Du weißt davon?", fragte ich sie verwirrt.

"Ja. Ich wurde über deine Umstände informiert." Sie ließ mich aufrecht sitzend neben der Wanne zu mir kommen, während sie alles für ein warmes Bad vorbereitete. Ich beobachtete sie stumm dabei. Etwas in ihrem Gesicht veränderte sich. Als bemerkte sie den Ausdruck in meinem.

"Hör zu, es mag sein, dass dir das jetzt nicht gefällt. Prinz Riian wollte, dass ich ein Auge auf dich habe, und wenn ich das hier sehe, zurecht. Schauen wir erstmal, dass wir dich wieder warm bekommen. Das Bett mache ich auch gleich frisch. Oh Danadas, Liebes, du siehst gar nicht gut aus."

Er wollte was?

"Mirrin nicht, lass mich bitte. Es ist mir unangenehm. Du solltest das nicht für mich tun müssen! Lass mich erst mal wach werden, dann zieh ich das Bett selbst ab."

"Du machst wohl Witze? Okay ich sag dir jetzt mal was!" Mirrin schnaufte wütend auf. "Mal ganz abgesehen davon, dass es Schwachsinn ist, dass dir das unangenehm ist. Als Halbfae habe ich selbst schon ganz schön kranken Scheiß durch. Dass ich hier sein kann, eine Arbeit habe, helfen darf, darüber bin ich froh. Im Moment will ich nur, dass du annimmst, was ich zu geben habe. Hast du mich verstanden?"

Ich nickte schwach. Ihre Ansage war deutlich. "Wirst du ihm denn davon berichten?"

"Natürlich nicht, es geht ihm einen Scheißdreck an!", sagte sie bestimmt, und ich atmete erleichtert aus.

Mirrin überraschte mich. Nicht damit, dass sie Halbfae war. Nicht damit, dass sie vermutlich selbst eine Geschichte zu erzählen hatte. Das glaubte ich inzwischen bei so manchen auf dieser Seite des Schlosses. Sie überraschte mich damit, dass ich ihr so vertrauen konnte.

"Weißt du, ich hab nicht mehr damit gerechnet. Ich dachte, dachte – Als die Blutung so lange ausblieb, dachte ich –" Ich schluckte, die Worte wollten nicht raus. "Dass ich vielleicht dabei kaputt gegangen bin." Ausgesprochen stimmte mich der Gedanke noch trauriger.

"Oh Liebes!", sagte Mirrin leise, "es ist alles gut!"

Während den nächsten drei Tagen zog ich mich ganz zurück. Mirrin ließ allen ausrichten, dass ich mich nicht wohl fühlte. Riian und Tarra tauchten zwar abwechselnd an der Tür auf, aber ich versicherte beiden, dass ich einfach nur etwas Ruhe brauchte und dann bald wieder auf den Beinen wäre. Tarra beäugte mich dabei am kritischsten. Langsam verstand ich immer mehr, wieso ihr nichts entging. Es war ein weiterer Grund, ihr aus dem Weg zu gehen.

Meine Monatsblutung allein wäre auch nicht das Problem gewesen. Der Traum und die Erinnerungen, die einfach nicht wieder verblassen wollten, dagegen schon. Diese verdammte Kiste, die sich einfach nicht mehr schließen lassen wollte.




***

Zuammenfassung:

Eelin hat seit den traumatischen Ereignissen in jeder Nacht das erste mal wieder ihre Monatsblutung und ihr Unterbewusstsein baut die realen Unterleibskrämpfe und die Blutung in einem Traum ein, in dem sie sich an die Geburt erinnert. Sie wird anschließend von Mirrin geweckt, die sie unterkühlt und schlafend im Badezimmer findet. Im Gespräch zwischen beiden erfährt man, dass Mirrin Halbfae ist und Eelin das inzwischen bei vielen auf der privaten Seite des Schlosses vermutet. Es kommt raus, dass Riian Mirrin darauf angesetzt hat ein Auge auf Eelins Zustand zu haben und Mirrin entsprechend auf Eelins Vergangenheit im Vorfeld vorbereitet hat. Auf die Frage, ob Mirrin Riian den Zwischenfall berichten wird, sagt diese aber: Dass ihn das einen Scheißdreck angeht. Man erfährt dass sich Eelin für ein paar Tage zurückziehen wird.

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