Kapitel 37

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Ich sah Tarra direkt auf uns zukommen, nachdem Kinnon die Tür mit einer Hand aufstieß und mich mit der anderen zwischen den Schulterblättern in den Kommandosaal schob.

"Alles okay bei dir? Geht es dir gut?" Sie blieb direkt vor mir stehen.

"Ich weiß nicht, sag du's mir."

"Eelin, tut mir leid, aber–."

"Nein ich meine es ernst." Ich unterbrach sie. Das sollte kein Vorwurf sein, ich war einfach nur durch den Wind. "Sag mir, wie ich mich fühle, denn ich habe keine Ahnung. Das alles, ist zu viel für mich." Ich ließ sie stehen und ging zu einer der Chaiselounge, um mich frustriert auf das weiche Polster plumpsen zu lassen. Bevor ich mein Gesicht in meinen Händen vergrub sah ich, wie sich Kinnon gegen die Tür lehnte und die Arme verschränkte. Dieses ernste Gesicht passte nicht im Geringsten zu ihm, aber ich konnte es ihm nicht verdenken.

"Kann mich mal jemand aufklären?"

"Eelin ist verantwortlich für den Nebel!"

"Das bin ich nicht, ich bin NICHT verantwortlich für DEN NEBEL!" Ich sprang ruckartig auf und bemerkte zugleich, dass Kinnon einen breiteren Stand einnahm. Erst jetzt stellte ich fest, dass es wohl kein Zufall war, dass er die Tür versperrte. Das war eine Katastrophe. Ich hatte mal wieder alles nur noch schlimmer gemacht. Für alle.

Tarra blickte erschrocken zwischen uns hin und her und ich war ihr eine Antwort schuldig.

"Ich scheine ihn zu beeinflussen, aber es ist wirklich nicht so, dass mich irgendjemand für die letzten siebenundzwanzig Jahre verantwortlich machen könnte! Das müsst ihr mir glauben. Ich wusste nicht, dass das passiert!" Ich war den Tränen mehr als nah, aber ich wollte mich mit aller Kraft zusammenreißen. Losheulen würde mir auch nicht weiterhelfen.

"Und das habe ich auch überhaupt nicht behauptet!", sagte Kin beschwichtigend.

"Dann sag es nicht so!" Ich fixierte ihn mit meinem Blick, während ich mich langsam wieder setzte. Dieser Kerl wusste einfach, wie er alles Übriggebliebene noch in mir hochkochen lassen konnte. Kinnon seufzte und ließ seinen Kopf nach hinten gegen die Tür fallen, während Tarra mich weiter eindringlich, aber geduldig anschaute. Also fasste ich endlich für sie zusammen, was ich mit der Rune getan hatte. Ich erklärte auch, dass mich der Verdacht über meine Magie schon seit Varrengart beschlich. Sie schlug sich die Hand vor den Mund.

"Aber das heißt, du kennst deinen Schlüssel, du weißt, welche Gefühlsmischung es ist, wenn du die Magie in die Rune speisen konntest?"

Ich mochte nicht, wie sie mich ansah. Wieso war sie nur so neugierig?

"Welches Gefühl ist es?"

Ich war mir mehr als sicher, dass es Riian als nächstes wüsste, würde ich es ihr verraten. Schlimmer noch, durch ihre Gabe hätten sie alle ein Frühwarnsystem gegen mich. Nein, so viel Kontrolle würde ich ihnen nicht geben. Nicht nachdem mir Riian das mit meiner Mutter vorenthalten hatte und wer weiß was noch alles.

"Tut mir leid, Tarra, aber das geht dich nichts an!" Ich hielt ihren Blick und ließ ihn noch eine Weile weiter auf ihr ruhen. Auch als sie selbst einen mit Kinnon austauschte. War es vielleicht schon immer so? Hatte Riian Tarra als Spionin auf mich angesetzt? Die Fragen vom König hörten nach seinem ersten Verhör überraschend schnell auf und plötzlich war sie da und sie hatte viele Fragen. Ich hatte es anfangs darauf geschoben, dass sie mich besser kennenlernen wollte. Ich wollte nicht so fühlen, aber das Misstrauen setzte sich auf einmal wie ein Gift in mir frei. Riian hatte mir seinerseits die Wahrheit oft genug bewusst vorenthalten und jetzt wusste ich nicht mehr, was ich noch glauben konnte. Ich schluckte, aber der Kloß in meinem Hals war so dick, dass ich kaum meine Spucke herunter bekam.

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