Kapitel 28.1

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"Danadas Weg führt ins Gleichgewicht."

Ich war in meinem Buch versunken, als ich hörte, wie die Tür knarrend aufsprang. Ich musste nicht aufschauen, um zu wissen, wer hereingekommen war. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er sich den Mantel auszog und die Ärmel seines weißen Hemdes hochkrempelte, bevor er sich seufzend auf den großen Sessel fallen ließ. Als ich meinen Kopf zu ihm drehte, blickten wir uns kurz regungslos an, dann beschloss ich, lieber wieder in mein Buch zu gucken. Ich wollte wirklich niemanden stören.

"Ehm, Kinnoooon?" Tarras Stimme klang etwas höher als sonst. "Ich wollte dir doch noch etwas zeigen!"

Mein Blick wanderte nun ebenfalls neugierig zu Kinnon und ihr.

"Ah ja? Was denn?" Seine Augenbrauen zogen sich fragend zusammen. Tarras Versuch war wohl zu subtil.

"Etwas ganz Schönes!"

"Wiiirklich?" Plötzlich schien Kinnon ganz Ohr zu sein. Ich spürte, wie sich meine Augenbrauen reflexartig hochzogen. Kinnon grinste breit während Tarra tief einatmete. Echt jetzt? Flirtete sie mit ihm? Jetzt schaute auch Lorrn zwischen beiden hin und her, dann zu mir und zum Schluss zu Riian.

"Darf ich auch etwas ganz Schönes sehen?", fragte er grinsend.

"Kommt ganz drauf an, wie viele schöne Dinge du so verträgst", sagte Tarra amüsiert, während sie bereits Richtung Tür tänzelte. Dabei die Hüften kreisen ließ. Kinnon lachte laut auf. Ich war perplex.

"Ihr wisst doch, für mich kann es nie schön genug sein!", konterte Lorrn lachend und die drei liefen durch die Tür.

Ich fragte mich, ob allen Beteiligten wirklich klar war, zu was genau sie sich da verabredet hatten oder es nur an meiner blühenden Fantasie lag? Eine Ablenkung, denn eigentlich wusste ich, dass Riian und ich dringend reden mussten.

Das er nur wenige Meter hinter mir im Raum saß, fühlte ich körperlich. Die Gänsehaut auf meinem Rücken machte es mir mehr als deutlich. Auch das nervöse Prickeln auf meinem Hinterkopf. Doch ich schaute nicht hin. Stattdessen tat ich noch einen Moment weiter, als würde ich lesen. Obwohl ich schon seit mindestens zwei Seiten nicht mehr gewusst hatte, um was es eigentlich ging. Erst als ich seine schweren Schritte auf mich zukommen hörte, schaute ich davon hoch und klappte das Buch lautstark zusammen. Ich würde nicht zulassen, dass er mir zuvorkam. Seine Schritte verstummten direkt hinter mir. Also gut.

Ich stand auf, drehte mich um und verschränkte meine Arme vor der Brust. Als ich ihn sah, waren weite Teile meines Selbstmitleids verschwunden. Ich presste meinen Mund fest zusammen. Ich wusste sehr wohl noch, warum ich mich wütend und verletzt fühlte. Sein Blick verriet nichts über seine Gedanken. Er hätte ebenso gut die Maske aufhaben können. Gütige Geister, wie sehr ich genau das hasste. Einen Moment lang starrten wir uns bloß an. Dann vibrierte seine Stimme im durchdringendem aber ruhigen Ton.

"Wenn du ein Problem damit hast, wie du hier behandelt wirst, dann redest du zuerst mit mir, in einem ruhigen Moment unter vier Augen. Du scheinst vergessen zu haben, was wir hier für dich tun, was ich für dich riskiere!" Auch er verschränkte seine Arme vor der Brust. Er klang müde. Sein Gesichtsausdruck wirkte mitgenommen. "Was in jedem Fall das nächste Mal ernsthafte Konsequenzen haben wird, ist, wenn du noch einmal lautstark und in aller Öffentlichkeit deinen Unmut kund tust. Haben wir uns da verstanden?" Da war kein Mitgefühl für meine Situation.

"Wag es ja nicht, mich noch einmal auf diese Art bloßzustellen!"

Ich nickte erschrocken und schwieg. Was ich zu sagen hatte war an dieser Stelle absoluter Quatsch. Ich brauchte gar nicht erst davon anzufangen, wie sehr mich das Gespräch mit seinem Vater aufgewühlt hatte. Wie schlecht ich mich damit fühlte über Enri ausgefragt zu werden, wie billig ich mir vorkam und auf die Affäre reduziert. Aber was ich ihm dennoch hätte sagen sollen, war, wie viel Angst mir die Situation danach machte. Doch für wen hielt ich mich an dieser Stelle überhaupt zu jammern? Ich würde mich nicht wie ein kleines Mädchen benehmen. Ich hatte früh gelernt kein kleines Mädchen zu sein. Dafür war kein Platz in meinem Leben. Also schluckte ich mal wieder alles runter. Ich klappte meinen Mund zu bevor ich auch nur einen Ton gesagt hatte.

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