Kapitel 36

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"Ich hab dich nicht gleich wieder zum Training erwartet!" Lorrn räumte gerade den Waffenschrank ein, als ich in die Trainingshalle kam. Der Nachwuchs hatte seine Kampfübungen gerade erst beendet. Lorrns zusammengebundenen Haare sahen im Nacken von Schweiß durchnässt aus. Er zog sich die dünne, ebenfalls schweißdurchdrängte Tunika über den Kopf, knüllte sie zwischen seine Hände zusammen und wischte sich damit die Stirn. Der kalte Wind, der durch die offene Halle wehte, ließ mich hingegen frösteln.

"Es wird mir helfen, den Kopf frei zu kriegen", sagte ich und seufzte. Denn da war viel zu viel drin. Ich kam weiter auf ihn zu, zog meine Jacke aus und legte sie behutsam über eine der Holzbänke am Rand.

"Mmmhh und wie geht's dir?" Sein Blick war wie immer warm und gutmütig, doch er wirkte beschäftigt.

"Gut!", entgegnete ich ihm knapp und schaute auf den Boden. Hoffentlich würde er es dabei belassen.

"Gut? Ich hab Riian gesehen. Ich war froh, dass er keinen Orkan durch den Saal stürmen ließ. Was ist los mit euch? Habt ihr euch wieder gestritten?"

Ich wich Lorrns Blick aus, schaute durch die Gegend und presste dabei meinen Kiefer fest zusammen.

"Hat er dir denn nichts davon erzählt?", fragte ich ihn.

Lorrn hob bloß eine Augenbraue, als ich zu ihm zurück schaute.

"Dass er weiß, wer meine Mutter war?", fuhr ich fort.

"Okay." Er drehte sich unbeeindruckt zurück, hob ein paar der Kampfstöcke vom Boden auf und sortierte sie zurück in ihre Halterungen. Ich hatte mich inzwischen neben meine Jacke auf der Bank niedergelassen. Zog meine Beine hoch und umklammerte sie mit meinen Armen, während mein Kinn zwischen meinen Knien ruhte.

"Er weiß es schon länger und hat es mir verschwiegen. Er denkt es war Alija Stannis"

Lorrn drehte sich ruckartig um, dabei fielen ein paar der Stöcke plötzlich polternd zu Boden. "Gute Geister, ist das dein Ernst? Ist er sich da sicher?" Er blickte sich aufgeregt um. "Sprich davon lieber nie wieder in dieser Lautstärke, hörst du?"

"So schlimm ja?" Mir war klar, dass ich mich eines Tages mit den Details über sie beschäftigen musste. Aber dieser Tag war nicht heute. Das alles war schon verwirrend genug für mich. Ich schnickte ein bisschen Dreck weg, der neben mir auf der Bank lag.

"Ein Grund mehr, dass er es mir hätte sagen müssen!", flüsterte ich und ließ Lorrns Reaktion erst einmal sacken. Er ließ seinen Kopf zurückfallen und atmete tief durch.

"Hör zu, ich weiß das willst du vermutlich jetzt nicht hören, aber Riian hat für das, was er tut sicher gute Gründe. Vergiss bitte nicht, dass er mehr zu überblicken hat, als wir alle zusammen. Bei dir ist es nur etwas persönliches, bei Riian geht es um mehr als ein ganzes Land!"

Meine Stirn zog sich zusammen. Ich hätte mir ja denken können, dass er auf der Seite seines besten Freunds wäre. Aber wen hatte ich schon, um mich anzuvertrauen? Vielleicht war da zumindest eine kleine Hoffnung Lorrn würde mich verstehen. Es floss Fae Blut in mir. Ich dürfte gar nicht existieren. Meine Mutter, die ich nie kennengelernt hatte, wurde für das, was sie war, umgebracht. Nein, hingerichtet. Mein Vater hatte mir alles verschwiegen. Das war für mich eine große Sache. Nichts was jemand einem vorenthalten sollte.

"Was haben denn bitte die Information, wer meine Mutter war damit zu tun, was Riian für sein Land tut?" In meiner Stimme schwang meine Enttäuschung mit.

"Allein die Tatsache, dass du das nicht verstehst, zeigt mir, wie recht Riian damit hat,vorsichtig zu sein. Diese Informationen sind gefährlich!"

Das hatte gesessen. Was ich am wenigsten brauchte, war noch ein Mann, der mich wie ein naives, kleines Kind behandeln würde.

NebelwaldjägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt