Kapitel 32.2

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Ich war schon eine ganze Weile zurück in meinem Zimmer, als es plötzlich an meiner Tür klopfte. Die Fae Magie hatte sich inzwischen komplett verflüchtigt. Lorrns Hemd hatte ich mit meinem langärmligen Nachthemd getauscht und meine geflochtenen Haare entwirrt, die mir nun in lockiger Pracht in jeder Richtung abstanden. Das Chaos auf meinem Kopf war ein Abbild von dem darin.

Ich ignorierte das Klopfen. Ich war mir sicher, dass er es war, aber nicht, ob ich ihn wirklich schon sehen wollte. Auch wenn es mir kindisch vorkam. Ach was, die ganze Situation war wirklich sehr kindisch. Die Tür ging einen Spalt weit auf.

"Können wir reden, bitte?" Riians Stimme klang leise und kratzig. "Es tut mir leid!"

"Ach ja?" Ich drehte mich erst gar nicht nach ihm um. Ich war damit beschäftigt, ein paar meiner Kleidungsstücke auf einem Stuhl zusammenzulegen. Ich tat so, als würde das wirklich sehr viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt benötigen.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er trotzdem einen Schritt ins Zimmer trat und hinter sich die Tür schloss. Ich strich schnell die Ärmel meines Nachthemdes über meine schmerzende Haut herunter.

Erst als ich ihn einmal schwer atmen hörte, drehte ich mich schließlich doch zu ihm um. Auch seine Haare waren durcheinander und in seinem Gesichtsausdruck lagen Spuren von Reue, vielleicht auch Sorge. Ob Lorrn ihm ins Gewissen geredet hatte? Einen Moment blieben wir stumm, unfähig den Anfang zu machen. Zu scheu, offen miteinander zu sprechen. Uns war beiden bewusst, auf welchem heiklen Terrain wir uns nun befanden. Was es preisgeben könnte, über die ganze Situation zu sprechen. Noch war ich unschlüssig, ob ich das überhaupt wollte. Doch etwas in mir konnte es nicht zurückhalten.

"Was genau tut dir denn leid?"

Er schluckte und lehnte sich mit seinem Rücken und Hinterkopf gegen die Tür. Er sah wirklich erschöpft aus. Vielleicht hatte die Veranstaltung ihm mehr Kraft gekostet, als ich dachte.

"Es war falsch von mir, dich auf dein Zimmer zu schicken. Auch, dass ich wütend auf Lorrn und dich war. Und es tut mir auch leid, dass ich den Abend nicht mit dir zusammen sein konnte, obwohl ich es sehr viel lieber gewesen wäre." Er sprach ruhig, viel leiser als sonst und ließ dabei seinen Kopf an der Tür leicht hin und her rollen. Der Klang seiner Stimme war fast traurig. Es schmerzte ein bisschen, ihn so zu sehen.

Doch hatte er es immer noch geschickt formuliert. Vage genug. Ich hätte es so stehen lassen können und alles wäre vermutlich gleich geblieben. Aber irgendwie konnte ich es nicht. Ich sah ihn an und ahnte, dass da mehr war und es fiel mir schwer, es länger zu ignorieren. Nicht mit dem Wissen über meine eigenen Gefühle.

"Wir sind kein Paar, Riian. Wenn dich gestört hat, was hätte zwischen mir und Lorrn passieren können, dann will ich dich daran erinnern, dass wir kein Paar sind und ich machen kann, wonach mir der Sinn steht!"

Ein Brummen. Ein leises. Und doch war es da. Es brachte mein Herz aus dem Takt. Ich hielt die Luft an. Er schaute mich nicht an, sein Blick war inzwischen auf die Zimmerdecke gerichtet.

"Ich weiß, du hast recht."

Riian ließ sich Zeit. Er atmete langsam ein und ich konnte seinen mahlenden Kiefer deutlich erkennen. Er vermied es, mich anzusehen. Da war es. Da war so viel mehr.

"Es ist nur, plötzlich sehe ich dich Lachen. Endlich. Nachdem ich dich mal wieder tagelang kaum hab Lächeln sehen. Du stehst da mit Lorrn und lachst. Du nimmst mit ihm sogar total überraschend wieder eine Waffe in die Hand. Ja, vielleicht hätte ich mich einfach nur für dich freuen sollen. Hätte ich auch, wenn ich nicht plötzlich so verdammt eifersüchtig gewesen wäre."

Mit den letzten vier Wörtern schaute er zurück zu mir. Direkt in meine Augen und nach einer Reaktion suchend, die er unter keinen Umständen verpassen wollte. Ich fühlte mich so erstarrt, dass ich mich fragte, ob er mir etwas ansehen konnte. Ob er etwas von den Gefühlen sah, die es in mir auslöste. Nein, nein, tu das nicht.

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