Kapitel 27

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"Wenn große Mächte walten, wird es in Morra nie Frieden geben."

Ich lag auf dem Bett und starrte gegen den samtigen Stoffvolant, als es plötzlich an der Tür klopfte. Langsam rieb ich mir über meine verquollenen Augen. Aber ich ignorierte es. Da war niemand, den ich in diesem Moment hätte sehen wollte. Niemand.

Auch Mirrin hatte ich für unbestimmte Zeit weggeschickt. Ich rechnete es ihr hoch an, wie sie zwischen mir und dem Fae Soldaten gegangen war, um ihm klarzumachen, mich besser loszulassen. Danach war sie hartnäckig, aber ich wollte wirklich allein sein.

Es klopfte wieder und plötzlich ging die Tür einen Spalt auf. Tarra streckte ihren Kopf in mein Zimmer.

"Darf ich reinkommen?"

"Schickt dich Riian?"

"Äh, nein." Sie machte einen zaghaften Schritt nach vorne, ließ aber ihre Hand an der Tür. "Zumindest nicht direkt. Ich hab ihn gefragt, warum der Flur komplett demoliert ist und dann dachte ich, ich komm und seh mal nach dir?" Ihr schiefes Lächeln wirkte aufrichtig.

Ich schaute wieder zurück gegen den samtigen Flor des Stoffes und atmete schwer. Tarra trat nun endgültig herein und schloss hinter sich die Tür.

"Ich muss schon sagen Eelin, du machst Eindruck. Erst haust du Kinnon eine runter und dann bringst du Riian dazu einen ganzen Flur zu verwüsten", scherzte sie amüsiert, während sie auf mein Bett zulief.

Ich schnaubte auf und fuhr mir durchs Gesicht. Das war eine Katastrophe. Tarra schaffte es, dass ich mich innerhalb von Sekunden noch schlechter fühlte. Doch sie lachte nur. Sie lachte? Ich war zu müde dafür.

"Wie schlimm ist es?" Ich setzte mich langsam und blickte zu ihr hoch.

"Nichts, was sich nicht ersetzen lässt. War eh nur hässlicher, alter Krempel."

"Du weißt bestimmt, dass ich das nicht so meine." Ich beobachtete, wie sie sich zu mir auf die Bettkante setzte. Ich schlang die Arme um meine Knie und legte mein Kinn darauf ab. Was wollte sie überhaupt bei mir? Ich hatte sie bisher nur einmal gesehen.

"Ich glaub du kannst aufatmen, Riian bekommt das wieder hingebogen. Immerhin hat er den Flur verwüstet, nicht du!" Sie meinte das ernst. Ihr Ton klang positiv. Sie behielt ein kleines Lächeln auf den Lippen, während sie mich aufmerksam musterte.

"Und bekomm ich das wieder hingebogen. Mit ihm?"

Tarra zog die Augenbrauen leicht zusammen. "Das wirst du herausfinden, wenn du mit ihm redest, schätze ich!"

Da war ein Knoten in meinem Bauch der sich verdammt fest anfühlte und mich das Gespäch fürchten ließ. Das fühlte sich nicht richtig an. Ich fühlte mich nicht richtig an.

"Hey, das sieht nicht gut aus, du solltest da eine Salbe drauf machen!" Ihr Lächeln war plötzlich verschwunden und sie nickte in Richtung meines Arms. Ich zog meinen Ärmel schnell über die offene Haut und wich ihrem Blick aus.

"Ich hab das nicht gewusst, dass Riian das kann." Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf. "Ich mein ich hab schon gesehen, wie er kleinere Dinge herumrückt, aber das?"

Tarra neigte ihren Kopf etwas schräg herunter, um mich besser betrachten zu können.

"Macht es dir Angst?"

Ich nickte zögerlich. "Nicht, dass er so etwas kann. Aber-, dass es, -dass ich."

"Dass, er die Kontrolle verloren hat?"

Hatte er das? Ich hatte es befürchtet. Ich nickte erneut.

"Weißt du." Tarra seufzte, bevor sie weitersprach. "Channeln ist komplex und stark an unsere Gefühlswelt gebunden, musst du wissen. Sowie an den jeweiligen guten Geist, den wir Channeln. Doch für Halbfae ist die Sache sehr viel komplizierter. Tendenziell können Halbblüter sogar noch tiefer Channeln."

NebelwaldjägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt