Kapitel 10

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"Firinn, steckt oft im Detail."

"Lija? Geht es dir gut?"

Ich lag auf meinem Bett und starrte gegen die Decke, als er mich rief und mich damit aus meinen Gedanken riss. Ich brauchte noch einen Moment, um mich zu sammeln, ehe ich ihm antwortete, ich war zu müde und mir war nicht nach seiner Gesellschaft.

"Sag was oder ich komm rauf!", befahl er und ich erschrak. Nein so eng hier oben wollte ich ihn ganz bestimmt nicht haben.

"Alles gut, ich komm gleich!" Mein Kopf brummte und ich rieb mir noch für einen weiteren Moment die Schläfen. Dann rollte ich mich langsam vom Bett und streckte mich.

Da ich dringend etwas zu trinken brauchte, blieb mir ohnehin nichts anderes übrig. Er beobachtete jeden einzelnen meiner Schritte auf den Sprossen herunter. Als er in mein Sichtfeld kam, erkannte ich, dass er seinen Mantel und Pullover inzwischen abgelegt hatte. Eine dünne weiße Tunika, mit weitem Halsausschnitt, ließ nun die Umrisse seines muskulösen Körpers erahnen, der sich gegen den Stoff spannte. Das und die Erinnerung, wie er vor wenigen Stunden gegen die Kreaturen kämpfte, hätte durchaus bedrohlich wirken können, aber er gab mir dieses Gefühl nicht. Doch seine schwarze Maske war wie immer fest an seinem Platz.

"So hast du dir deinen Spaziergang wohl nicht gerade vorgestellt, mmh?" Mir war so, als hörte ich ein Lächeln in seiner Stimme, doch für einen Schlagabtausch war ich nicht aufgelegt.

"Lass es einfach gut sein, bitte", entgegnete ich ihm erschöpft. Mir fehlte definitiv die Stimmung für Sprüche, nach dem, was da draußen vor sich ging.

"Komm, lass uns in die Küche setzen", flüsterte er mit gesenktem Kopf, "Mema ist gerade eingeschlafen. Ich hab ihr versprochen, dass ich noch nach dir sehe. Hast du hunger?"

"Nicht wirklich, danke."Doch ich bewegte mich in die Richtung, die er mir vorgab.

Er schob mich zum Tresentisch und ich konnte mir nicht helfen, aber ich hatte das Gefühl, die Hütte war auf einmal kleiner als sonst. Jetzt, nachdem er mich einmal durch den ganzen Wald gezogen hatte, war die Hemmung, mich anzufassen, offenbar für ihn verschwunden. Es fehlte ihm wohl plötzlich an Notwendigkeit, den ganzen Platz zu nutzen, um sich möglichst aus dem Weg zu gehen. Doch es verpasste mir jedes Mal einen kleinen Funken, dort, wo wir uns berührten. Ich fragte mich, ob es ihm auch so ging. Manchmal schaute er mich so an und ich dachte, etwas in seinen Augen ablesen zu können, aber nur die Augen waren mir zu wenig, um Schlüsse zu ziehen. Seine Hand an meinen unteren Rücken fühlte sich jedenfalls angenehm warm an und manchmal sehnte ich mich danach, dass mich jemand einfach mal hielt. Aber ich war es ja gewohnt mit den Dingen, die passierten, allein zurechtzukommen und ich würde es sicher auch wieder tun.

Er lief auf die andere Seite des Tresens, um mir ein Glas Wasser zu holen. Dann stützte er sich mit beiden Armen mir gegenüber auf dem Tisch ab, sodass seine Nacken- und Schultermuskulatur imposant hervortrat.

"Hast du einen Kratzer abbekommen? Irgendwo?", fragte er mich mit seiner tiefen vibrierenden Stimme, "Das wäre schlecht. Die Kratzer und Bisse infizieren sich sofort, wenn du verletzt bist, dann muss ich mich darum kümmern." Ich konnte durch die Maske nicht erkennen, ob er besorgt oder nur bemüht war, aber ganz sicher wollte ich nicht, dass er sich um mich kümmerte.

"Nein. Es ist nichts."

"Gut." Er machte eine kleine Pause, bevor er weiter sprach. Er senkte seinen Kopf vorher, um mit meinem auf einer Höhe zu sein und fixierte mich abermals mit seinem Blick.

"Wo hast du zu kämpfen gelernt?"

"Was?", stieß ich erschrocken hervor. Er meinte offensichtlich den Moment, als ich einen Nahärra mit seinem Messer erledigt hatte. Mein Puls stieg sofort an.

NebelwaldjägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt