Während Niall die müden Kinder ins Bett brachte, setzte Mary sich mit Harry und Louis auf die Terrasse.
„Ich glaube, ich bin noch erschöpfter, als beide Kinder zusammen", gab sie lächelnd zu und stellte eine Flasche Wein auf den Gartentisch.
Harry seufzte und musste sich eingestehen, dass es ihm genauso ging. „Wir werden alt, Mary", schlussfolgerte er.
Louis verdrehte belustigt die Augen. „Jetzt übertreib mal nicht", gab er zurück. „Du bist doch noch keine Achtzig."
„Naja", machte Harry. „Wenn es nach meinem Gefühl geht..."
Während Mary vier Weingläser auf den Tisch stellte, hoffte Harry inständig, dass dieser ihn nicht auf der Stelle einschläferte.
„Schön, dass wir uns endlich kennenlernen", wand Mary sich an Louis und lächelte.
Louis erwiderte ihr Lächeln und nahm den ersten Schluck aus seinem Weinglas. „Die Freude ist ganz meinerseits."
Eine gepflegte Ausdrucksweise, wie immer – Harry hätte schwören können, dass er wieder zum ersten Mal vor ihm stand, um sich ihm vorzustellen.
Er fühlte sich, als wäre er wieder in der Bibliothek des alten Klosters, umgeben von dem sanften Duft nach Sandelholz und Vanille.
„Niall hat schon viel erzählt", erwiderte Mary. „Aber man muss ihm wirklich alles aus der Nase ziehen."
Harry konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Typisch Niall."
Auch er nahm schließlich einen Schluck aus seinem Glas. „Wir haben uns auf dem Seminar kennengelernt, zu dem Arthur uns vor ein paar Wochen verdonnert hat."
Mary nickte. „Ich erinnere mich", sagte sie. „Der geplante Trip nach Schweden, den du absagen musstest."
Harry nickte. „Ja, genau", gab er zur Antwort und konnte einmal mehr den Groll in seinem Tonfall nicht unterdrücken. „Andererseits hat alles seine guten Seiten."
Ein verträumtes Schmunzeln umspielte Mary's Lippen. „Die Geschichte ist so romantisch."
Sie freute sich sehr für ihren Freund – und konnte die Anziehung zwischen den beiden Männern förmlich spüren.
Dazu brauchte man sie nur anzusehen.
Als Niall schließlich zu dem Trio stieß, stöhnte er entnervt auf und füllte sein Weinglas fast bis zum Rand. „Nach dieser Gute-Nacht-Geschichte brauche ich eine sechswöchige Erholungskur in der Karibik."
Harry schnaubte schadenfroh auf. „Was ist denn passiert?", wollte er wissen. „Soweit ich erkennen kann, hast du weder Zöpfe noch Glitzer im Gesicht."
Niall streckte ihm den Mittelfinger entgegen und schüttelte den Kopf. „Müde Kinder sind eine Folter für menschliche Nerven."
Nun war Mary diejenige, die ihren Mann auslachte. „Welche Nerven?"
Da er seiner Frau nicht widersprechen konnte, nahm Niall ein paar kräftige Züge aus seinem Weinglas – dass sein Geduldsfaden nicht gerade der dickste war, war kein Geheimnis.
Wenn er seine Töchter ins Bett brachte, hatte er vorher schon das Gefühl, das Ganze nur mit einer Tagesdosis Valium überstehen zu können.
Müde Kinder waren anstrengend.
Man konnte ihnen nichts mehr Recht machen, sie weinten und schrien, jeder Satz war zu viel, und doch zu wenig – ganz egal, wie gut man es ihnen meinte.
„Schlafen die Mädchen jetzt?", hakte Mary nach.
„Ja", antwortete Niall entnervt. „Und nein, ich habe ihnen keine Bratpfanne über den Kopf gezogen."
Mary stieß ihren Mann mit dem Ellbogen in die Rippen. „Jetzt sei doch nicht so grob."
Louis beobachtete Harry's besten Freund mit Neugier.
Er selbst hatte keine Freunde mit Kindern, weshalb er sich nie Gedanken darüber gemacht hatte, wie das wohl wäre.
Als es draußen begann, zu regnen, setzte sich die Gruppe ins Wohnzimmer und Niall schaltete den Panoramakamin im Wohnzimmer an, während der Fernseher leise im Hintergrund lief.
Schließlich blickte er Harry und Louis in die verliebten Gesichter und konnte erkennen, dass auch Louis sich zunehmend wohler mit Harry's Freunden fühlte.
Es war ihm wichtig, ihm einen vertrauensvollen Eindruck zu vermitteln. Schließlich wollte er, dass Harry glücklich war.
Und er konnte sehen, dass Louis Harry wahnsinnig glücklich machte.
Er schien ein sauberer Kerl zu sein und ernste Absichten zu haben.
Niall war erleichtert, dass Harry dieses Mal endlich an jemanden geraten war, der ihn wirklich zu mögen schien.
Dann allerdings fiel ihm eine ganz andere Sache wieder ein. „Wolltet ihr nicht nach Frankreich fahren?"
Während Harry gerade protestieren wollte, wurden Mary's Augen ganz groß. „Ihr wolltet nach Frankreich fahren?"
Harry schüttelte entschieden den Kopf. „Nein", antwortete er. „Niall will nur uns hinschicken, damit es ihm erspart bleibt."
Louis zuckte die Schultern und sah verträumt in die Luft. „Also ich hätte nichts gegen einen Trip ins Elsass..."
Mary schien förmlich aufzublühen, als sie das hörte. „Dann lasst uns doch alle zusammen fahren."
Während Niall förmlich nach Luft schnappte, schlich sich auf Louis' Gesicht ein begeistertes Grinsen.
Er würde sich wahnsinnig freuen, erneut nach Frankreich zu fahren - zusammen mit einer Einheimischen würde er sicher noch viel mehr über die Region lernen können, als als Tourist.
Harry beobachtete belustigt die gegensätzlichen Reaktionen der beiden Männer. „Tja, Niall", grinste er, „Dann wirst du wohl mitkommen müssen."
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Meine Lieben,
ich wünsche euch einen wundervollen Samstagabend!
Diese Woche bin ich mit den Kapiteln ein bisschen später dran. Donnerstag war stressig und gestern hatte ich einen längst überfälligen Filmeabend mit einem guten Kumpel.
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen! Danke für's Lesen.♥️All the love,
Helena xx

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The Writer
Fiksi PenggemarIn seinem Beruf als Lehrer hat Harry bereits einige Bücher gelesen, die ihn berührt haben. Trotz allem hat ihn nie ein Werk auf die gleiche Art und Weise gefesselt, wie ein Roman mit dem Titel 'Ephemeral' - doch der Autor des Buches bleibt ein Rätse...