34. Wir bekommen ein Konzert?

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Einige Stunden später hatte Niall sich schließlich überreden lassen, Louis das Steuer zu übergeben.

Schon allein der Rechtsverkehr in Frankreich machte ihn irre, Mary litt unter Reiseübelkeit und Harry war viel zu beschäftigt damit, die Umgebung genauestens zu betrachten.

Louis schien von allen wie immer die ruhigste Hand zu haben.

Niall war müde.

Er war mit den Kindern früh aufgestanden und Mary's Wecker sabotiert, um ihr zumindest einen Teil der Arbeit abzunehmen.

Jetzt allerdings war er mit seiner Kraft am Ende und er fragte sich, wie seine Frau es eigentlich jeden Tag schaffte, auf zwei Kinder aufzupassen und gleichzeitig den Haushalt zu erledigen.

Er hatte es noch nicht einmal geschafft, währenddessen zu duschen.

Stattdessen war er die ganze Zeit halb nackt durch das Haus gelaufen, um die letzten Dinge zusammenzupacken.

Er betete, dass kein Nachbar aus der Wohnsiedlung durch seine Fenster gesehen hatte, wie er höchstpersönlich wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend rannte, mal ein Baby auf dem Arm, mal Alice auf den Schultern.

Es dauerte kein fünf Minuten, da war er auf der Rückbank eingeschlafen.

Und schnarchte.

Mary verdrehte entnervt die Augen. „Viel Spaß bei der Vorstellung."

„Du meinst, wir bekommen ein Konzert?", wollte Harry mit einem Augenzwinkern wissen.

Die junge Frau nickte, während sie kurz nach Hanna sah, die in ihrem Maxi Cosi tief und fest zu schlafen schien.

„Absolut", gab sie seufzend zur Antwort. „Ihr wisst gar nicht, wie anstrengend das sein kann, zusammen mit einem Säugling und einem Niall im Schlafzimmer, der den halben Regenwald abholzt."

Louis konnte sich ein herzhaftes Lachen nicht verkneifen, und Mary dachte, dass es das erste Mal war, dass er seine Etikette ihr gegenüber für einen kleinen Moment vergaß.

Als schließlich auch sie ihre Augen für einige Minuten zur Erholung schloss, lächelte Harry seinen Freund stolz an. „Das war wirklich schön von dir", lobte er und strich sanft über seinen Unterarm. „Niall war so müde."

„Das ist doch eine Selbstverständlichkeit", entgegnete Louis, wohlwissend, dass seine Mitreisenden ganz anderer Meinung waren. „Ich bin so dankbar für diese Möglichkeit und die Tatsache, dass deine Freunde mich so herzlich aufgenommen und mich jetzt auch noch nach Frankreich eingeladen haben."

Wieder spürte Harry dieses verdächtige Kribbeln, das sich bis in seine Fingerspitzen ausbreitete. „Sie mögen dich wirklich, Louis."

Mary, die nicht wirklich geschlafen, sondern lediglich die Augen geschlossen hatte, konnte sich ein Lächeln kaum verkneifen.

Sie freute sich so sehr für ihren Freund, weil er einen so wundervollen Partner gefunden hatte.

Nach allem, was er durchgemacht hatte, schien er endlich angekommen zu sein.

Louis schien ein so vernünftiger, und doch herzlicher Mensch zu sein.

Sie hatte den Eindruck, dass die beiden eine ganz besondere, unerschütterliche Bindung zueinander hatten - die Art von Bindung, die man sonst nur aus Kinofilmen kannte.

Allerdings sagte sie nichts, denn sie wollte die beiden Männer nicht in eine unangenehme Situation bringen.

Als sie schließlich in Frankreich ankamen, wurden sie herzlich von Mary's Familie in Empfang genommen.

Louis staunte über das modern eingerichtete Einfamilienhaus, in dem Mary offenbar aufgewachsen war.

Das Wohnzimmer hatte eine Glasfront, die die Räume wahnsinnig hell machten - auf eine angenehme Art und Weise.

Ein roter Teppich zierte die Wohnecke und passte damit farblich perfekt zu dem Wein, den der Vater der jungen Französin einschenkte.

Er war ein Mann mittleren Alters, der schulterlange, blonde Haare mit Bart trug und sehr athletisch zu sein schien.

Mary's Mutter war eine Frau mit einer etwas rundlichen, sehr weiblichen Figur und langen, blonden Haaren.

Sie hatte Hanna auf dem Arm und Alice an der Hand, während diese in flüssigem Französisch begann, die Anreise in sämtlichen Details zu schildern.

Schließlich begrüßten sie auch ihre Gäste und Louis zauberte aus seiner Tasche eine Flasche französischen Wein und eine Schachtel Pralinen hervor.

Harry staunte nicht schlecht.

Davon hatte er ihm gar nichts erzählt.

„Merci beaucoup de nous avoir permis de passer les prochains jours chez vous", bedanke Louis sich und wieder konnte Harry seine Überraschung kaum verbergen. „Je m'appelle Louis."

Er sprach so fließend Französisch, dass er offenbar keine Scheu zeigte, sich bei Mary's Familie in deren Muttersprache vorzustellen.

Die Freude auf dem Gesicht ihrer Mutter war kaum zu übersehen. „Vous parlez français?", hakte sie begeistert nach. „C'est pratique."

Harry erwischte sich einmal mehr bei dem Gedanken, dass er es unglaublich anziehend fand, dass Louis von der alten Schule zu sein schien.
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Hallo meine Lieben und willkommen im Wochende!🤍
Ich hab übrigens Französisch in meinem Studium belegt und mit C1 abgeschlossen. Ihr könnt euch euch auf meine Übersetzungen also verlassen😂

All the love,
Helena xx

The WriterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt