Als Harry eine Stunde später wach wurde, hörte er Stimmen in der Küche.
Er brauchte eine Weile, um sie zuzuordnen.
Als jedoch zu ihm durchsickerte, dass es Louis war, der sich mit Niall unterhielt, rutschte ihm fast das Herz in die Hose.
Mit einem Satz war er hellwach.
Er strich sich das schulterlange Haar aus dem Gesicht und atmete tief durch.
Dann stand er auf und trottete langsam zu den beiden Männern, die miteinander am Esstisch saßen.
Niall lächelte seinen Freund sanft an. „Geht es dir besser?"
Zaghaft nickte er und mied Louis' Blick, der unaufhörlich und besorgt auf ihm lag.
Nach all den Dingen, die Louis eben gehört hatte, sah er Harry ganz anders als vorher.
Er sah die Dinge, die zwischen ihnen passiert waren und seine Reaktionen darauf in einem völlig anderen Licht.
Das Mitgefühl in ihm und sein schlechtes Gewissen standen ihm tief ins Gesicht geschrieben.
Vorsichtig legte er eine Hand an Harry's Hüfte. „Können wir reden?"
Harry nickte stumm, der Blick getränkt von Kummer.
„Dann setzt euch nach draußen", schlug Niall vor und lächelte die beiden Männer aufmunternd an. „Ich bringe euch noch etwas zu trinken und dann könnt ihr euch in aller Ruhe unterhalten."
Während Harry durch Niall's Wohnzimmer auf die Terrasse ging, schlang er beide Arme um den noch immer schmerzenden Körper.
Noch im selben Moment schwor er sich, nie wieder auch nur einen Tropfen Alkohol anzurühren.
Trotz des warmen Wetters war ihm kalt, er fröstelte, und jeder Windzug ließ ihn kurz erzittern.
Louis ließ sich ihm gegenüber nieder und einen Moment lang herrschte eine unangenehme Stille zwischen den beiden Männern.
Niemand wusste so recht, wie sie das Gespräch beginnen sollten.
Nachdem Niall wie versprochen einen Krug Wasser mit Zitrone vor ihnen abstellte, hoffte er, dass das Vitamin C Harry's Kopfschmerzen ein wenig lindern würde.
Er sah wirklich aus wie ein lebender Toter.
Dann ließ er das Paar allein und kümmerte sich um das Abendessen, in der Hoffnung, dass sie nach dem Gespräch zusammen essen und sich von den Strapazen der letzten Stunden erholen konnten.
Als sich die Tür hinter Niall schloss, seufzte Louis tief auf. „Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, als du plötzlich weg warst", gestand er. „Ich konnte dich einfach nicht mehr erreichen."
Erneut wich Harry seinem Blick aus. „Es tut mir leid."
„Nein, mir tut es leid", schüttelte Louis den Kopf. „Ich hätte mit dir sprechen müssen. Ich habe dir wehgetan, und das war der größte Fehler, den ich bisher in meinem Leben gemacht habe."
Harry fand im Moment nicht die richtigen Worte; er war überrascht von Louis' ehrlicher Art und Weise und seiner aufrichtigen Entschuldigung.
Er hätte mit einer Erklärung gerechnet, die als Ausrede dienen sollte - nicht aber mit der Tatsache, dass es ihn selbst schmerzte, ihn verletzt zu haben.
„Warum hast du es dann nicht getan?", wollte er wissen, viel weniger als Vorwurf, als eine ernste Frage, auf die er bisher selbst keine Antwort hatte finden können.
Louis presste die Lippen zusammen, während er sich die gleiche Frage selbst stellte.
Ja, warum eigentlich nicht?
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The Writer
أدب الهواةIn seinem Beruf als Lehrer hat Harry bereits einige Bücher gelesen, die ihn berührt haben. Trotz allem hat ihn nie ein Werk auf die gleiche Art und Weise gefesselt, wie ein Roman mit dem Titel 'Ephemeral' - doch der Autor des Buches bleibt ein Rätse...