Am darauffolgenden Montag musste Harry sich regelrecht zur Arbeit quälen.
Zu groß war die Angst vor dem, was ihn dort erwarten würde.
So wie er Arthur kannte, hatte er bestimmt eine böse Überraschung für ihn geplant.
Niall hingegen konnte gar nicht glauben, was er da hörte.
Entsetzt schüttelte er den Kopf und nippte nervös an seiner Kaffeetasse, während er überlegte, was er seinem besten Freund jetzt sagen sollte.
Die Situation schön zu reden machte keinen Sinn.
Doch die blinde Wut ließ ihn nicht mehr los.
„Den kauf ich mir jetzt", sagte er also, leerte den Rest seiner Tasse und knallte sie auf den Tisch.
„Nein", sagte Harry augenblicklich und hielt ihn am Arm zurück. „Ich habe genug Ärger. Mehr kann ich mir nicht mehr leisten."
Niall seufzte und sah Harry mitfühlend an. „Ich kann dich ja verstehen, Harry, das tue ich wirklich", antwortete er. „Aber du kannst dir das doch nicht gefallen lassen."
Natürlich war dem jungen Lehrer bewusst, dass sein Freund und Kollege absolut Recht hatte.
Wenn er nicht wollte, dass diese Spielchen ewig so weitergingen, musste er seinem Vorgesetzten klare Grenzen setzen.
Erst Recht, weil er Louis die Last nicht auferlegen wollte, sich zwischen ihm und seinen Eltern entscheiden zu müssen.
„Was hat Louis eigentlich zu der ganzen Sache gesagt?", wollte Niall wissen, als hätte er seine Gedanken gelesen.
Harry zuckte die Schultern. „Er hat versucht, mich davon zu überzeugen, dass das nichts mit mir zu tun hat", erzählte er. „Aber ich kenne Arthur. Keine andere Lehrkraft behandelt er so wie mich - und das, obwohl ich ihm wirklich noch nie etwas getan habe."
Niall nickte zustimmend. „Das ist wohl wahr."
Harry stellte seine Tasse noch einmal unter die Kaffeemaschine.
Das Koffein konnte er nach den letzten schlaflosen Nächten gut gebrauchen, auch, wenn es seine Nervosität nur noch mehr verstärkte.
Noch in der Mittagspause zitierte Arthur ihn in sein Büro.
Nichts, was der Lehrer nicht erwartet hätte.
Nur leider konnte er sich auch denken, wie das Ganze enden würde.
Arthur redete nicht lange um den heißen Brei herum, sondern kam direkt zum Punkt. „Sie können sich sicher vorstellen, weshalb ich Sie in mein Büro gebeten habe."
Harry verdrehte die Augen. „Genehmigen Sie mir endlich meinen Versetzungsantrag?"
„Nein", gab der Rektor zur Antwort. „Ich möchte Ihnen klarmachen, dass ich Ihr übergriffiges Verhalten nicht länger dulden werde. Jeder weitere Vorfall wird Konsequenzen haben."
Harry schnaubte verärgert, während er spüren konnte, wie sein Puls in die Höhe schoss. „Übergriffiges Verhalten?", wiederholte er fassungslos, „Sie können mir doch keine beruflichen Defizite vorwerfen, nur weil Ihnen mein Privatleben nicht passt."
„Was ist eigentlich mit der Klassenarbeit in Geschichte?", hakte Arthur nach, ohne auf seine Frage einzugehen. „Wie kann es sein, dass sie mit einem Durchschnitt von 4,3 so schlecht ausfiel?"
Harry zuckte die Schultern. „Das weiß ich nicht", antwortete er wahrheitsgemäß. „Aber das kommt vor. Das ist in meinen Klassen nicht öfter der Fall wie bei anderen."
Arthur lachte spöttisch auf. „Vielleicht konzentrieren Sie sich in Zukunft lieber auf Ihre Schüler und den Unterricht, anstatt mit meinem Sohn zu schlafen."
Harry ballte wütend die Hände zu Fäusten. „Ich glaube, ich habe mich wohl verhört."
Arthur schüttelte den Kopf, ohne dabei eine Miene zu verziehen. „Und ich glaube, Sie haben mich schon ganz gut verstanden."
Harry schluckte und kämpfte gegen den Drang an, dem Dreckskerl seine Meinung zu sagen, doch dann erinnerte er sich an Niall's Worte.
Und plötzlich sprudelte all das, was er die ganze Zeit zurückgehalten hatte, nur so aus ihm heraus. „Jetzt hören Sie mir mal zu, Sie Schlauberger", fauchte er, „Ich weiß nicht, was in Ihrem Leben dermaßen schief gelaufen sein muss, um sie so hasserfüllt werden zu lassen. Sie können mir meinetwegen meinen beruflichen Alltag zur Hölle machen, aber aus meinem Privatleben haben Sie sich rauszuhalten."
Wütend drehte Harry sich um, ging aus dem Raum und schlug ohne ein weiteres Wort die Tür zu.
Eigentlich hätte er erwartet, dass Arthur ihm nachstürmen und zurückschreien würde, doch nichts davon geschah.
Es blieb still auf dem Schulflur.
Schließlich, als die Klingel wenige Sekunden später die Mittagspause beendete, machte Harry sich auf den Weg in seine Klasse und begann mit dem Unterricht.
In der ganzen Aufregung hatte er ganz vergessen, sich mental darauf vorzubereiten, dass Evelyn wieder die obligatorischen unterschwelligen Annäherungsversuche starten würde.
Heute hatte sie sich sogar etwas ganz besonderes einfallen lassen.
Während der Rest der Klasse das nächste Kapitel las, rief sie Harry zu sich, augenscheinlich, weil sie eine Frage hatte.
Dass das eine Lüge war, hätte Harry sich eigentlich von Anfang an denken können.
Sie hatte Parfüm aufgetragen.
Eins von der absolut aufdrängenden Sorte, die bei ihm lediglich Kopfschmerzen verursachte.
Während sie sich irgendwelche absolut sinnbefreiten, eigentlich selbsterklärenden Fragen ausdachte, zog sie ihr Top weiter nach unten, um ihm ihren Ausschnitt zu präsentieren.
Harry beantwortete ihre Fragen, schenkte ihr dann keine weitere Aufmerksamkeit mehr und kehrte zurück an sein Pult.
Dieser Tag war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.
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Hmmm... Verständliche Reaktion?
Was sagt ihr?
Freue mich auf eure Antworten.🤍All the love,
Helena xx
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The Writer
Fiksi PenggemarIn seinem Beruf als Lehrer hat Harry bereits einige Bücher gelesen, die ihn berührt haben. Trotz allem hat ihn nie ein Werk auf die gleiche Art und Weise gefesselt, wie ein Roman mit dem Titel 'Ephemeral' - doch der Autor des Buches bleibt ein Rätse...