18. Lektüre

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In der darauffolgenden Woche tauschten Niall und Harry sich in ihrer Mittagspause über das Treffen in Louis' Wohnung aus.

Niall lächelte, als er seine Colaflasche öffnete. „Ich bin wirklich sehr positiv überrascht", betonte er. „Louis scheint ein so tiefgründiger und von Grund auf ehrlicher Mensch zu sein. Sein Freund Liam hat auch einen sehr angenehmen Eindruck hinterlassen, findest du nicht?"

Harry grinste, und Niall konnte es ihm buchstäblich an den Augen ablesen: Er war verliebt.

Er war richtig verliebt.

So verliebt, wie ein Mensch es nur sein konnte.

Er konnte kaum an etwas anderes denken als den Mann, den er während einer Fortbildung kennengelernt hatte, die er eigentlich von vorne herein verflucht hatte.

Nichts und niemand hätte ihn vorbereiten können auf die Welle an positiven Emotionen, die seinen Körper bei dem bloßen Gedanken an Louis durchflutete.

Er war so anders.

So warmherzig, auch wenn Harry das Gefühl hatte, dass er die Menschen nicht gerne hinter seine Fassade blicken ließ.

Verständlich.

Schließlich hatte nicht jeder Mensch gute Absichten.

Harry hätte gerne auch einen Teil dieser Eigenschaft gehabt.

Meistens war er viel zu gutgläubig und ging davon aus, dass auch sein Gegenüber so aufrichtig und ehrlich war, wie er selbst.

Dass dem nicht immer so war, hatte er schmerzlich lernen müssen.

Ein verträumtes Seufzen entfuhrt seiner Brust.

Niall ließ sich von der guten Laune seines besten Freundes anstecken.

Er liebte Harry. Er liebte ihn so sehr.

Er war wie ein Bruder für ihn.

Ein Bruder, für den er sich nur das Beste wünschte, anstatt ihn nach einer weiteren Enttäuschung trösten zu müssen.

Harry hatte sehr unter der Situation mit Jack gelitten, und Niall hatte ihn mit jeder Faser seines Körpers verstehen können.

Aber er hatte ihm den Schmerz nicht nehmen können.

Doch jetzt, nur wenige Wochen später, schien genau dieser Schmerz sich in Luft aufgelöst zu haben.

Louis hatte Harry gezeigt, dass nicht jeder Mann ihn ausnutzen würde und Harry fühlte sich in seiner Gegenwart, als wäre er endlich angekommen.

Niall war so erleichtert, dass er Harry endlich glücklich sehen konnte.

„Ich glaube, ich liebe ihn wirklich...", hörte er seinen besten Freund da plötzlich sagen.

Niall lehnte sich in seinem Stuhl zurück und erwiderte das Grinsen in dem Gesicht seines Gegenübers, das von leicht rötlich gefärbten Wangen unterstrichen wurde.

Niall kicherte. „Du glaubst es nicht", antwortete er. „Du weißt es. Sieh' dir doch nur mal dein eigenes Grinsen im Spiegel an."

„Ich bin endlich glücklich, Niall", gestand Harry und leerte schließlich seine Kaffeetasse. „Es ist doch wirklich seltsam, in welch kurzer Zeit sich das Leben plötzlich wieder so in die andere Richtung drehen kann."

Niall nickte zustimmend. „Das habe ich dir doch gesagt", zwinkerte er. „Manchmal braucht es nur ein bisschen Geduld. Und die hast du nicht immer."

Harry stieß seinem Freund sanft gegen das Schienbein. „Du doch auch nicht."

The WriterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt