Die drei Männer betraten Harry's Apartment erst weit nach Mitternacht.
Harry war still, und doch konnte Niall ihm die Erleichterung deutlich ansehen. Doch mit der Erleichterung kam auch die Erschöpfung, und sein Körper war langsam bereit, ihn wieder ruhen zu lassen.
Erst jetzt bekam er wieder langsam Farbe in sein Gesicht.
Louis fühlte sich wie in einem Fiebertraum. Als wären die Ereignisse des letzten Tages an ihm vorbeigezogen, als wären sie gar nicht wirklich passiert.
Und Niall versuchte einfach nur, beide Zustände irgendwie miteinander in Einklang zu bringen.
Sie ließen sich auf Harry's Sofa nieder, und Harry zog die Beine dicht an den Körper. Er fror, und doch fühlte er sich wie gelähmt, während seine Gedanken noch immer rasten.
Keiner von ihnen wusste in diesem Moment, wie es mit ihnen weitergehen würde.
Harry und Niall hätten beinahe ihre Jobs verloren - und Louis seinen Vater.
Es war ein schreckliches Gefühl, mitten in der Nacht mit der Ungewissheit in der Brust aus dem Fenster zu starren, während der Regen sanft gegen die Scheibe prasselte.
Arthur war von der Polizei bis auf Weiteres aus dem Schuldienst suspendiert worden - und Evelyn würde sich wegen ihrer falschen Anschuldigungen verantworten müssen.
Eigentlich war Harry all das egal. Es gab ihm keine Genugtuung, dass man Arthur suspendieren und Evelyn bestrafen würde. Es gab ihm auch keine Genugtuung, dass er aller Voraussicht nach seine Anstellung an der Schule behalten und seine Klasse weiterhin unterrichten konnte.
Sein Inneres fühlte sich an wie ein einziges, schwarzes Nichts.
Er konnte nicht begreifen, was in den letzten Stunden geschehen war. Noch nicht.
Und trotzdem waren da die Zweifel zwischen seinen Gedanken, die ihn quälten, weil er nicht wusste, ob er irgendetwas hätte anders machen können, um diese Katastrophe zu verhindern.
Immerhin war Arthur Louis' Vater und er hatte ihr Verhältnis nicht zerstören wollen, schon gar nicht auf eine so grobe Art und Weise.
Allerdings ließ sich daran nun nichts mehr ändern. Und er konnte Louis verstehen, immerhin redete er selbst mit seinem Vater auch kein Wort mehr; wenn auch aus anderen Gründen.
Aber er konnte nicht anders, als sich schuldig und verantwortlich zu fühlen. Immerhin hätte er zumindest versuchen können, sich mit Arthur gut zu stellen. Dafür war er allerdings zu stolz gewesen.
„Woran denkst du?", fragte Niall und setzte sich vorsichtig neben ihn. Die grünen Augen waren matt und müde.
Harry zuckte nur die Schultern. „Ich weiß es nicht", gab er wahrheitsgemäß zur Antwort. „Ich glaube, ich möchte einfach nur schlafen."
Louis seufzte. „Verständlich", murmelte er und griff sanft nach seiner Hand.
Harry sah die beiden Männer abwechselnd an. „Könnt ihr hierbleiben?"
Ein warmes Lächeln schlich sich auf Niall's Lippen. „Natürlich", antwortete er und zwinkerte ihm bestätigend zu. „Und du denkst daran, was der Polizist dir empfohlen hat: Du gehst morgen zum Arzt und holst dir für den Rest der Woche eine Krankschreiben, damit du wieder auf die Beine kommst."
Der junge Lehrer zuckte die Schultern. Er war eigentlich nicht so wirklich überzeugt von dieser Idee, andererseits fragte er sich, was er in der Schule wohl ausrichten wollte. Man konnte ihn ohnehin zu nichts gebrauchen.
Allein zu Hause zu sein war allerdings sein schlimmster Albtraum - das war auch der Grund, warum er sich selbst mit der stärksten Erkältung noch immer in den Unterricht schleppte.
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The Writer
Fiksi PenggemarIn seinem Beruf als Lehrer hat Harry bereits einige Bücher gelesen, die ihn berührt haben. Trotz allem hat ihn nie ein Werk auf die gleiche Art und Weise gefesselt, wie ein Roman mit dem Titel 'Ephemeral' - doch der Autor des Buches bleibt ein Rätse...