~*~*~ Kapitel 9 ~*~*~

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Eine Weile saßen wir einfach nur schweigend in dem Raum.
Korrektur: Er saß auf seiner Matratze, ich stand wie bestellt und nicht abgeholt davor herum.

„Willst du etwa fünf volle Tage dort stehen bleiben?", riss Atlas mich aus den Gedanken.
„Besser als die Alternative!", flüsterte ich und linste in seine Richtung.

Er lachte bloß wieder rau.
„Ganz wie du willst, meine liebe Avery!"
„Nenn' mich nicht immer so!", nörgelte ich und sah ihn wieder giftig an.
„Ich denke du heißt so? Oder hat mich da jemand angelogen?" Provokant verschränkte er seine Arme vor der Brust.
„Du weißt was ich meine!"
„Ist das so?"

Meine Güte! Er trieb mich wirklich noch in den Wahnsinn!
„Ja", brummte ich, während ich den Schritt zum Kühlschrank machte, um ihn zu öffnen. Ich musste einfach irgendetwas machen, aber wenn ich noch länger an einem Fleck herumstand, würde ich wahnsinnig werden!

„Neugierig sind wir also auch, interessant."
Was war ich bitte für ihn? Ein Forschungsobjekt? Ich ging gar nicht weiter auf ihn ein, denn das hätte nichts gebracht, sondern begutachtete stattdessen den Inhalt des Kühlschranks.
Er war prall gefühlt mit Lebensmitteln, die einen sicher fünf Tage über Wasser halten konnten, ohne, dass man hungrig ins Bett gehen musste.
Ich seufzte.
Das bedeutete, dass nicht einmal Oskar dazu gezwungen war, in den nächsten Tagen hier vorbeizuschneien und uns zu versorgen.

„Ich hoffe, es ist alles in deinem Sinne?"
„Totaaaal. Ist in dem Schrank dort auch was drin?" mein Zeigefinger deutete auf das Schränkchen neben der Matratze.
Sein Blick folgte meinem Finger und er zögerte kurz. Moment! Er zögerte? Das konnte ja nichts gutes heißen.

„Ja", knapper hätte die Antwort wohl kaum ausfallen können!
Vorsichtig beugte ich mich zu dem kleinen Schränkchen hinab und öffnete die oberste hölzerne Schublade.

Mir fiel die Kinnlade herunter. Meine Güte! Was hatte er vor?
Die Schublade quellte nur so über mit Kondompäckchen.

Mir musste die Entgeisterung ins Gesicht geschrieben stehen, denn Atlas war vorsichtig auf mich zu gerückt.
„Ist nicht, wonach es aussieht!"
„Bitte was ist es dann? Das sind sicherlich hundert von diesen Tütchen!"
„Ich will dich ja nicht schwängern!"
„Wäre ja noch schöner, wenn du es wolltest! Das war auch keine Vereinbarung die in unserer Wette inkludiert war!"

Atlas lachte nur wieder rau: „Nein. Das war es nicht. Und du musst wissen, ich werde auch nur das tun, das du möchtest dass ich es tue! Und wenn du gar nichts möchtest, was ich aber nicht glaube, dann sitzen wir eben fünf Tage nur hier herum."
„Soll mich das jetzt etwa beruhigen?"
„Ja."

Meine Nerven mit ihm waren schon jetzt am Ende. Ich hatte nicht einmal eine Stunde mit ihm um; glaubte ich zumindest. Ich hatte schon jetzt Probleme damit, mein Zeitgefühl abzurufen.
Ich zwang mich, ruhig durchzuatmen. Wenn ich jetzt die Fassung verlor, würde er sich nur über mich lustig machen.
Es musste doch machbar sein, fünf Tage mit einem Menschen in einem Raum zu verweilen, oder?

Langsam ließ ich mich vor der Eingangsluke auf den Boden sinken.
Die hellen Fliesen waren steinhart und eiskalt noch dazu. Außerdem boten sie noch weniger Platz, als es auf der Matratze der Fall gewesen wäre. Sollte ich darauf wirklich schlafen?

„Du kannst auch gerne zu mir auf die Matratze kommen, wenn du magst!", bot er großzügig an, während er auf den rechten Matratzenteil neben sich klopfte.

„Danke, aber ich passe!"
Meine Antwort fiel etwas barscher aus als beabsichtigt. Andererseits fand ich, dass er sich auch nicht den freundlichsten Umgangston verdient hatte.

**********
Ich hatte es kaum zu glauben gewagt, aber wir schafften es tatsächlich, eine Weile schweigend da zu sitzen und nur stumme Blickkämpfe miteinander auszufechten.

Unermüdlich starrte er in meine Richtung, was mich ganz unruhig werden ließ. Ich hoffte inständig, dass er nicht bemerkte, wie nervös er mich damit machte. Ich hatte das Gefühl, er inspizierte jede einzelne Zucken meiner Augenlider und machte sich darüber Notizen in seinem Kopf. Wozu auch immer man sowas brauchte.
Mein Hinterteil war inzwischen schon ganz durchgefroren und ich hatte langsam das Gefühl, als würde ein dicker Dekubitus daran wachsen, so hart war der Untergrund.

Vorsichtig versuchte ich das Gewicht etwas zu verlagern, aber damit machte ich es auch nicht wirklich besser. Und gegen die aufkeimende Kälte von Boden half es erst recht nichts. Unruhig zog ich meine Knie an und presste mich mit dem Rücken an die Wand. Gemütlich war wirklich anders.

„Das Angebot steht noch immer, Avery!"
Geduldig klopfte Atlas erneut neben sich. Es erinnerte mich daran, als wolle er seinem Haustier einen neuen Schlafplatz präsentieren.

Mein Widerstand sich auf die Matratze zu setzen wurde tatsächlich immer geringer.
Was war schon dabei, zusammen mit einem Typen auf einer Matratze zu sitzen?
Vielleicht hatte meine Mom ja Recht und ich war wirklich viel zu prüde! Vielleicht machte ich mir ja wirklich zu viele Gedanken um alles, was mal nicht der üblichen Norm meines Alltags entsprach?

Andererseits hatte ich Angst davor, dass wir es nicht bloß dabei belassen könnten, sittsam nebeneinander auf der Matratze zu sitzen. Was, wenn wir Schritt für Schritt weitergingen?
Was, wenn mich der Gedanke daran nicht einmal sonderlich störte? Was, wenn mein ganzer Köper etwas wollte, dass ich so noch nie verspürt hatte?
Oh mein Gott! Wenn ich noch nicht einmal selber wusste was ich wollte, dann war ich wirklich verloren.

Irgendwo tief in meinem Inneren schrie etwas auf, dass mir sagen wollte, dass ich eigentlich ganz genau wusste, was ich wollte. Ich wollte den Gedanken daran nur nicht zulassen. Wehrte mich mit aller Kraft dagegen und die Beherrschung die es mich kostete, ihm nicht einfach um den Hals zu springen machte mich wirklich fertig!

„Na gut", die Worte kamen schneller über meine Lippen, als ich ernsthaft drüber nachdenken konnte.

Atlas grinste nur wieder schelmisch, fast, als hätte er gerade irgendeinen Siegeszug gewonnen, als ich mich neben ihm auf die Matratze plumpsen ließ.

Sex(y) in der BoxWo Geschichten leben. Entdecke jetzt