Kapitel 26

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Dieses Mal wollte mir das mit dem Schlaf nicht so ganz gelingen. Immer wieder wachte ich auf und hatte das Gefühl, gerade einmal für den Bruchteil einer Minute geschlafen zu haben - wenn überhaupt.

Meine Mutter hätte meine Schlaflosigkeit vermutlich wieder auf den Vollmond geschoben. Was das anging, war sie wirklich sehr abergläubig. Bei dem Gedanken daran musste ich mit den Augen rollen.

Atlas schien sich was das Schlafen anbelangte schon weniger schwer zu tun, denn ich konnte sein leichtes Schnarchen ausmachen; in dem gedämmten Licht sehen, wie sich sein Brustkorb hob und senkte.

Ich genoss die Tatsache, dass er nicht bei Bewusstsein war, um ihn ausgiebigst zu inspizieren. Wie oft war ich jetzt schon in seinem Gesicht mit den kantigen Zügen und den leichten Ansätzen eines Bartes versunken? Konnte man das überhaupt noch mitzählen?
Wie war es überhaupt möglich, dass die Natur ein solches Wunderwerk schaffen konnte?
Und dass ausgerechnet ich ihm begegnete. Und nicht nur das, sondern dass ich auch noch gemeinsam mit ihm in einer großen Box landete, in der es nur uns beide gab?

Vorsichtig, damit er nicht aufwachte, kuschelte ich mich zu ihm in seinen Arm, presste meinen Körper fest an den seinen.
Meine Güte, das war ja schon fast peinlich wie ich mich hier verhielt!
Eng lag ich an seinen sehnigen Körper gepresst da und atmete seinen frischen Duft ein, ließ mich von dem gleichmäßigen Pochen seines Herzens betünchen.

Wann hatte ich mich das letzte Mal so geborgen gefühlt?
Ich konnte die Frage bei bestem Willen nicht beantworten, ich wusste nur, dass es schon verdammt lange her sein musste!

**********

Irgendwann musste ich es tatsächlich dann doch geschafft haben, länger als für zehn Sekunden wegzudämmern.
Denn als ich die Augen aufschlug, war Atlas bereits wach und kniete gleich neben mir, während er dabei war, mich eifrig wachzurütteln.

Ernsthaft? War das sein verdammter Ernst? Da war ich schon endlich mal eingeschlafen und dann sowas!

Kurz brummte ich irgendetwas unverständliches.
Meine Güte, konnte der Typ mich denn nicht einfach mal schlafen lassen?
„Was ist denn?", nörgelte ich genervt und auch ein wenig übernächtigt herum.

Aber dann hörte ich es auch schon selbst; ein schepperndes und schabendes Geräusch, ein Klirren.

Erschrocken zuckte ich zusammen.
Was war das?
Ich fuhr so schnell hoch, dass ich beinahe mit Atlas Kopf zusammengestoßen wäre.
Kurz wog ich die Möglichkeiten ab, was für diese Geräuschkulisse verantwortlich sein mochte. Und die naheliegendste Variante traf mich wie einen Schlag ins Gesicht. Binnen eines Bruchteils einer Sekunde war ich hellwach.

Shit! Das Scheppern und Schaben dort draußen musste sicher Oskar sein. Und das konnte nichts anderes heißen, als dass unsere gemeinsame Zeit hier in den nächsten Minuten ein Ende finden würde. Meine Güte! Die paar Tage kamen mir wirklich wie eine Ewigkeit vor!
Meine Güte, wie sehr hatte ich den Gedanken an diesen Moment hier zu verdrängen versucht?

Bei dem Gedanken daran, dass diese Ewigkeit nun ein Ende finden sollte, hätte ich heulen können!

Nicht nur das, bei dem Gedanken daran wurde  mir ganz flau.

"Hast du das gehört? Ich glaub' er ist da!" Es war nicht nötig, irgendwelche Namen zu nennen, wir wussten beide, wen ich meinte. Genauso unnötig war die Frage danach, ob er es wohl gehört haben mochte. Immerhin hatte er mich ja gerade deswegen geweckt.

"Da wären wir schon zu zweit!", erwiderte er nur und ich vermochte seinen Tonfall beim besten Willen nicht zu deuten.
Meine Güte, was dachte er bloß?

Atlas zog sich hastig seine Kleidung über. "Würde ich dir übrigens auch empfehlen!", er zwinkerte mir zu und schob mir ein rotes Kleid hinüber.

"Woher... hast du das denn jetzt gekramt?"
"Ich kann zaubern!", er grinste schelmisch.

"Ah ja, klar...", murmelte ich, während ich mir das Kleid eilig überstreifte. Es passte wie maßgeschneidert.
Ich fühlte mich wie in Trance, als ich meinen Blick zur Luke gleiten ließ und zuckte zusammen, als das Drehen des Schlüssels im Schloss zu hören war.

Und dann geschah das Unvermeidliche; die Luke nach draußen schwang auf.

Sex(y) in der BoxWo Geschichten leben. Entdecke jetzt