Kapitel 42

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Avery

Mir stieg der ekelerregende Geruch von Benzol in die Nase und ich konnte jeden meiner Knochen spüren, als wollten sie sich plötzlich gegen mich auflehnen und mir einen Streich spielen, um mich zu ärgern.

Erst als ich die Augen aufschlug wurde mir bewusst, dass ich mich in keiner normalen Situation befand. Und schon dreimal nicht in einer, in der man sich gerne befand.

Meine Güte, man hatte mich entführt! Der Gedanke fuhr wie ein harter Stachel durch mein Bewusstsein. Wer war dieser Typ, der mich eben betäubt hatte? Warum hatte er mich überhaupt betäubt?

Total verdreht musste ich irgendwo liegen. Ich tippte auf die Rückbank eines Autos. Denn ich konnte den Motor unter mir rattern hören. Man hatte mir irgendetwas übergestülpt, sodass alles was ich sehen konnte, das einfallende Licht war, welches sich auf irgendeinem Weg durch den Stoff mogelte.

Immerhin hatte ich nichts mehr im Mund.

Vorsichtig begann ich, mich zu bewegen und aus dieser ekligen Position zu befreien und aufzusetzen. Jeder Knochen schmerzte.

"Sie ist wach! Gib ihr nach!"

Gib ihr nach? Irgendwoher kannte ich diese Stimme. Aber woher? 

Ich hob meine Hand, um mir dieses etwas vom Kopf zu streifen, doch meine Hand wurde schon im nächsten Moment von einer anderen abgefangen.

"Verdammt, wo bin ich? Was wollt ihr von mir?", meine Stimme klang hysterisch.
"Schweig!"

"Lasst mich hier raus!", ich schrie nun und begann, gegen die für mich unsichtbare Hand anzukämpfen. Plötzlich spürte ich wieder etwas spitzes irgendwo an meinem Arm. Es musste dasselbe Mittel wie eben sein, denn ich spürte schlagartig, wie mich wieder diese Müdigkeit befiel und ich, ganz gleich wie sehr ich dagegen ankämpfte, zusammensackte und erneut das Bewusstsein verlor.


**********

Als ich das dieses Mal die Augen aufschlug, war der Sack über meinen Kopf verschwunden. Dafür waren allerdings meine Hände hinter meinem Rücken gefesselt und meine Beine jeweils an die Stuhlbeine des Stuhls, an den man mich gebunden hatte, festgeschnallt.

Mein Nacken war ganz steif davon, dass mein Kopf bis auf meine Brust gehangen hatte, während ich bewusstlos gewesen war.
Ich brauchte einen Moment, um die mir anhaftende Müdigkeit vollends von mir abzuschütteln.

Wo zum Teufeln war ich? Was machte ich hier?
"Hallo? Ist hier jemand?", rief ich in die Dunkelheit des Raumes hinein.

"Bitte! Kann mir irgendjemand helfen?"
Unruhig wackelte ich auf meinem Stuhl hin und  her, in dem Versuch, die Fesseln vielleicht doch irgendwie lösen zu können.

"Hallo??", rief ich erneut und war dem Verzweifeln so langsam wirklich ziemlich nahe.

"Da ist aber jemand ungeduldig!"

Ich zuckte zusammen, als ich diese Stimme hörte. Es war der Typ, der mich entführt hatte.

"Was wollen Sie von mir?"
"Hah. Das Wüsstest du wohl gern!" Mir war nicht entgangen, dass er vom Siezen ins Dutzen ünergegangen war. War das ein Zeichen dafür, dass er mich noch mehr lächerlich machen wollte?

"Ich hätte mal behauptet, dass es mein gutes Recht ist, zu erfahren was mit mir geschieht und weshalb ich hier bin."
"Ich hätte mal behauptet, dass du so ziemlich gar keine Rechte mehr besitzt, solange du hier bist!", stellte er klar.

"Wirklich, ich habe Ihnen doch nichts getan!"
"Mir nicht, aber es gibt dennoch Personen, die sich von dir angegriffen fühlen!"

"Angegriffen? Wovon denn? Ich... kann mir nicht erklären, mit wem ich irgendwie irgendwann mal Streit oder ein anderweitiges Problem gehabt haben sollte!"

"Wirklich nicht? Dann denk mal scharf nach!"

"Aber das tue ich doch schon die ganze Zeit über!", keifte ich den Typen an, inzwischen nun mehr als verärgert.

"Scheinbar nicht genug!" Langsam schritt er um mich auf meinem Stuhl herum und musterte mich ausgiebig.

"Wir können die Zeit aber auch anderweitig als mit nachdenken überbrücken, wenn du magst! Wie wäre es mit ein wenig Sex? Wir können auch mit ein paar heißen Küssen starten. Aber du verstehst sicherlich, wenn ich dich dafür nicht von dem Stuhl abbinden kann. Du siehst wirklich hinreißend in dem Kleid aus!"

Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich noch immer das edle Abendkleid von Atlas trug, welches sich elegant meinen Körper entlang schmiegte.

"Das wäre das absolut letzte, das ich tun wollen würde!", entgegenete ich. Was stellte der Typ sich eigentlich vor? Dass er mich entführen konnte und ich mich vor lauter Freude an seinen Hals warf und eine Runde mit ihm vögeln wollte? Hatte er sie noch alle?

"Ich muss sagen, im betäubten Zustand fand ich dich deutlich ansehnlicher!" Er kam einen Schritt auf mich zu, sodass er nun direkt vor mir stand. Langsam strich er um meine Brüste herum und jede Berührung brannte sich in meine Haut ein, als würde er gerade ein Feuerzeug dazu benutzen. Aber anders als bei Atlas, empfand ich bei ihm nur einen Haufen Ekel und Angewidertheit.

"Bleiben Sie von mir weg!", zischte ich und spuckte wütend in seine RIchtung. Doch er verstand es, rechtzeitig auszuweichen und mir somit die Genugtuung zu verwähren, ihn zu treffen.

"Das... hättest du besser nicht getan!", wütend umfasste der Typ mein Kinn und sah mir giftig in die Augen.
"Das wird noch ein Nachspiel haben!"

"Was wollen Sie denn noch mit mir machen? Entführt worden bin ich jedenfalls schon!", giftete ich ihn an.

"Ich glaube, du unterschätzt, zu was ich alles in der Lage bin, Kleines!"

"Ach, können Sie sich plötzlich in einen Vampir verwandeln und mir das Blut aussaugen oder wie?" Ich wusste nicht, woher ich plötzlich all diesen Mut nahm, ihm das alles ins Gesicht zu sagen. Genauso wenig wusste ich, ob ich es gut finden sollte, dass ich mich traute, auf solch freche Weise mit ihm zu reden. Das letzte was ich wollte, war, meine Situatuion hier weiter zu verschlimmern!

"Schlimmer geht immer!", brummte er, als hätte er soeben meine Gedanken gelesen.

"Hier ist noch jemand, der dich glaube ich auch einmal kennenlernen möchte!" Der Typ drehte sich etwas zur Seite und schob jemanden hinter der Tür hervor.

Als der Typ mit dem dunklen Haar in mein Sichtfeld trat und sich zu mir umdrehte, schnappte ich erschrocken nach Atem.
„Rhone? Rhone Soul?" Die Überraschung stand mir sicher ins Gesicht geschrieben. Und jetzt wo ich ihn so vor mir sah, in Angesicht zu Angesicht, erkannte ich erst richtig die Ähnlichkeit, die er optisch zu Atlas hatte. Er besaß dasselbe kantige Kinn, dieselben markanten Gesichtszüge. Aber nicht dasselbe Grinsen.

„Ganz richtig!" Rhone lachte trostlos und trocken auf.
„Der bin ich!"

„Was mache ich hier? Warum bin ich hier? Was machst du hier? Solltest du nicht tot sein? Und..."
„Fragen über Fragen! Ich lasse euch mal alleine. Ihr sagt mir Bescheid, wenn Ihr mich braucht, Hoheit?!"

Sex(y) in der BoxWo Geschichten leben. Entdecke jetzt