[32] Gefangenschaft

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„Bist du mein Vertrauen zurückgewonnen hast." Erwidert er wie selbstverständlich. „Das macht doch keinen Sinn! Es würde für dich keinen Unterschied machen, wenn ich eine Gefangene in diesem Raum oder in diesem Haus wäre!"

„Hmmm...Ich weiß noch nicht, ob ich möchte, dass du allein im Haus herumläufst. Das ist schließlich das Haus meiner Kindheit. Ich weiß nicht, ob ich dir trauen kann, dass du nicht all meine Sachen durchwühlst."

Ich gehe auf ihn zu, damit er mir direkt in die Augen sieht. „Mich in diesem Raum gefangen zu halten, ist unmenschlich. Ich weiß, dass nicht einmal du zu solchen Grausamkeiten fähig bist."

Lorenzo starrt mich ein paar Sekunden lang an, bevor er etwas sagt. „Gut. Du kannst dich frei in diesem Haus bewegen. Aber höre gut zu. Wenn du versuchst, das Haus zu verlassen, wirst du wieder in diesen Raum gesteckt. Und ich werde dir nicht mehr vertrauen."

„Ich hab's kapiert." Lorenzo schlendert, gefolgt von Donny, aus dem Raum. Ohne Zweifel muss dieser Donny vor der Tür Wache stehen.

Ohne zuvor meine Anspannung bemerkt zu haben, atme ich nun erleichtert aus. Jetzt, da ich allein bim kann ich mir die Umgebung genauer anschauen. Das Zimmer ist überraschend groß und luxuriös eingerichtet: mit einem Queen- Size- Bett und einem eigenen Bad.

Na, immerhin werde ich nicht in einer Bruchbude gefangen gehalten. In diesem Zimmer gibt es kein Telefon, aber an der Wand ist ein Flachbildfernseher angebracht. Es gibt auch große Fenster, die den Blick auf den riesigen Rasen vor dem Haus freigeben.

Ich hole tief Luft, öffne die Tür und trette in den Korridor nach draußen. Donny lehnt an der Wand vor meinem Zimmer. Er richtet sich auf und drückt seine Zigarette aus, als er mich sieht.

„Nur zu, der Boss sagt, du kannst dich frei im Haus bewegen." Ich rolle mit den Augen. Sieht so aus, als wäre Sarkasmus hier fehl am Platz.

Ich gehe ein paar Schritte den Flur hinunter, aber Donny beginnt sofort, mir dicht auf den Fersen zu folgen. „Wow, willst du mir den ganzen Weg folgen?"

„Der Boss sagt, ich soll dich im Auge behalten, wenn du außerhalb des Raumes bist." Erklärt er sich. „Das hat er gesagt. Was er nicht gesagt hat, war folge zwei Schritte hinter ihr."

Er zuckt mir den Schultern, hält aber nun mehr Abstand. Während ich den Flur entlanggehe, bemerke ich mehrere Fotos an der Wand. Es gibt Fotos von Lorenzo und Lucia und augenscheinlich ihren Eltern. Aber es gibt keine Fotos von Marcello.

Es ist, als wäre er aus der Familie ausgelöscht worden, als er sie verlassen hat. Ich frage mich, wie es wohl gewesen wäre, wenn ihre Mutter nicht ermordet worden wäre. In dem Moment höre ich unten jemanden summen und schaue über das Gelände.

Eine Frau, die aussieht, als sei sie in den Fünfzigern, erledigt im Wohnzimmer leichte Hausarbeit. Vielleicht ist das die Haushälterin. Ich sollte zu ihr gehen und mit ihr sprechen. Vielleicht kann sie mir helfen, wenn nicht kann sie mir ein paar Dinge verraten.

Ich gehe die Treppe hinunter in das Wohnzimmer - einen großen üppig ausgestatteten Raum. Die Frau schaut überrascht auf, als ich reinkomme. Dann senkt sie den Kopf und dreht sich um, um zu gehen. „Warten Sie!"

„Ja, Fräulein?" Antwortet sie. „Arbeiten Sie hier?"

„Ja, Fräulein. Ich heiße Yacinta. Ich mache ein weinig sauber. Ich habe mich auch um die Meister und Fräulein Lucia gekümmert, als sie jung waren."

„Waren Sie...Sie waren das Kindermädchen für Marcello und Lorenzo?" frage ich sie. „Ja, Fräulein. Ich habe sie geliebt, als wären sie meine eigenen Kinder. Es ist so traurig, was passiert ist."

Das ist meine Chance mehr zu erfahren. „Wie waren sie, als sie jung waren?"

Yacintas matronenhaftes Gesicht verwandelt sich in ein Lächeln, während ihre Augen in das Ferne blicken. „Sie waren so liebe Kinder, aber so schelmisch. Besonders Marcello! Er hatte immer irgendein Unfug in Schilde geführt."

„Marcello?" Frage ich überrascht. „Oh ja! Er war natürlich der Anführer und hat den alten Mister Castellano mit seinen Streichen in den Wahnsinn getrieben."

„Wow, Marcello war also ein schelmischer Witzbold, als er jung war. Das hätte ich nie gedacht."

„Lorenzo und Lucia folgten ihm auf Schritt und Tritt. Sie haben zu ihrem ältesten Bruder aufgeschaut. Und Frau Castellano betete ihn an. Von allen dreien stand er ihr am nächsten. Ihr Tod hat ihn ziemlich gebrochen, den armen Jungen."

„Das kann ich mir vorstellen." Die Puzzelstücke setzen sich zusammen. „Ich wünschte, er wäre nicht fortgegangen. Ich frage mich oft, ob es ihm gut geht. Mister Lorenzo weigert sich immer, über ihn zusprechen, also habe ich keine Ahnung."

„Es geht ihm gut." Erzähle ich ihr. „Oh, Sie kennen ihn also!" Verwundert schaut sie mich an.

„Ja, ich kenne ihn." Als ich das sage schmerzt mein Herz. „Ich bin so froh zu hören, dass es ihm besser geht."

„Yacinta, ich lasse sie wieder zu ihrer Arbeit gehen. Es war nett mit ihnen zu sprechen." Die Haushälterin eilt aus dem Zimmer.

Ich schaue mich sorgfältig im Wohnzimmer um. Seitlich an der hinteren Wand hängt ein Telefon, aber...Mit diesem Trottel, der mich mit Adleraugen beobachtet, kann ich auf keinen Fall telefonieren.

„Willst du sonst noch irgendwohin?" Die raue Stimme des Gangsters lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Nein. Für heute habe ich genug ausgekundschaftet."

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Ich gehe die Treppen rauf und zurück im mein Zimmer - stocksauer auf meine Gefangenschaft. Ich frage mich, ob die Fenster...Ich eile zu den großen Fenstern hinüber und versuche, sie zu öffnen aber...Verdammt, natürlich lassen sie sich nicht öffnen.

Ich starre traurig aus dem Fenster auf dem makellosen Rasen draußen. Wo eine Bewegung meine Aufmerksamkeit erregt. Da draußen ist jemand!

Ich starre die Person an, die mit einer Gartenschere eine Hecke schneidet. Es muss der Gärtner oder so sein. Ich muss seine Aufmerksamkeit erregen! Verzweifelt klopfe ich mit den Fäusten gegen das Glas. Erschrocken über den Lärm schaut der Gärtner auf.

Dann schüttelt er den Kopf und hält die Hände hoch, als wolle er sagen, Das geht mich nichts an...Und lässt die Schere fallen, bevor er wegläuft!

Ich hätte wissen müssen, dass keiner von Lorenzos Mitarbeitern es wagen würde, sich in seine Angeleigenheiten einzumischen. Ich schalte den Fernseher ein und finde einen lokalen New Yorker Nachrichtensender.

„nun zu weiteren Nachrichten: Ein örtlicher Polizeibeamter...Officer Kate Rivera, wurde als vermisst gemeldet."

Ich bin in den Nachrichten! „Officer Rivera war maßgeblich an der größten Polizeirizzia gegen den Drogenhandel in diesem Jahr beteiligt. Die Polizei bittet jeden um Informationen, die Hotline anzurufen."

Sieht so aus, als hätte Amy mein Verschwinden bereits gemeldet. Sie muss Marcello auch gesagt habe, dass es Lorenzo war, der mich entführt hat. Ich hoffe Marcello wird schnell herausfinden, wo ich bin.

Es hat keinen Sinn, ich kann im Moment nichts tun. Ich sitze in der Falle. Ich muss einen Weg zur Flucht finden!


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