[33] Frustration

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Ich schreite durch das Zimmer, in das Lorenzo mich gesteckt hat. Vor Wut und Frustration möchte ich am liebsten schreien.

Ich kann nicht glauben, dass er mich schon WIEDER entführt hat! Ich kann nicht glauben, dass er mich in Vermont gefangen hält! Das ist Wahnsinn!

Schäumend vor Wut schmeiße ich den Stuhl in Richtung Spiegel.

Wenigstens fühle ich mich jetzt besser. Plötzlich höre ich ein leises Klopfen an der Tür. „Lass mich in Ruhe!" rufe ich.

„Entschuldige, ich wollte nur mit dir reden...Ich lass dich in Ruhe." höre ich die Stimme von Lucia. „Moment." Ich öffne die Tür und sehe Lucia davorstehen. Sie sieht cool und majestätisch aus wie immer. Aber dann zeigt ein leichtes Zittern ihrer Unterlippe, dass sie vielleicht nicht so gefasst ist wie das Bild das sie zu projizieren versucht. „Hallo Kate."

„Lucia. Was willst du?" Frage ich verwundert. „Ich wollte nur sehen, wie es dir geht." Ohne etwas zu sagen, starre ich sie ein paar Sekunden lang an. „Dein Bruder hat mich entführt und hält mich gegen meinen Willen hier gefangen. Was glaubst du wohl, wie es mir geht?"

Lucias Wangen werden rot. „Egal, wie ich sehe, war das ein Fehler. Vergiss, dass ich gekommen bin." Ich seufze, als sie sich zum Gehen umdreht und die Tür öffnet. „Komm rein."

Ich sitze mürrisch auf der Bettkante, als Lucia langsam und steif reinkommt. Ich bemerke, wie sich ihre Augen weiten, als sie den zerbrochenen Spiegel sehen. „Ich nehme an, du hast noch nicht gegessen?"

„Nein, habe ich nicht. Und um ehrlich zu sein ist Essen das Letzte, woran ich im Moment denke." Lucia seufzt tief und reibt sich die Stirn mit der Hand, als ob sie Kopfschmerzen hätte. „Natürlich." „Lucia, das ist verrückt. Ihr könnt mich hier nicht festhalten."

„Das ist nicht meine Idee, Kate. Und ich habe dich gewarnt, dich von ihm fernzuhalten, erinnerst du dich?" Ich spüre, wie meine Wut augenblicklich verschwindet. „Das hast du. Also hast du jetzt auch einen Ratschlag für mich?"

„Hör zu, willst du mit mir zu Mittag essen? Dann können wir weiterreden." Ich zucke mit den Schultern. „Warum nicht."

Wir beide gehen runter ins Esszimmer, wo schon das Essen serviert wird.

„Also...Wie kann ich ihn dazu bringen, mich gehen zu lassen?" fange ich ohne um den heißen Brei zu reden. Lucia denkt über meine Frage nach, bevor sie langsam zu antworten beginnt.

„Mein Bruder ist vielleicht impulsiv und auch jähzornig..., aber er ist kein grausamer Mensch. Ich denke, sobald er sich beruhigt hat, solltest du ein gutes Gespräch mit ihm führen können. Und ich weiß, was er getan hat, ist unverzeihlich..."

„Da hast du völlig recht." stimme ich ihr zu. „Aber versuche, ruhig zu bleiben, wenn du mit ihm redest. Ich denke, du wirst eine bessere Chance haben, zu ihm durchzudringen, wenn du ruhig mit ihm sprichst."

„Okay. Warum ist er wütend auf mich?" frage ich interessiert nach. „Viellicht liegt es daran, dass er denkt, dass du Marcello ihm vorziehst. Das würde einen Mann wie ihn ziemlich verrückt machen."

„Ja, ich verstehe, was du meinst." Sie nimmt langsam einen Schluck von ihrem Wein, während sie mich die ganze Zeit anstarrt. „Also?"

„Hm?" fragend schaue ich sie an. „Ist dir Marcello lieber als er?" Ich spüre, wie ich erröte. „Ich ziehe Marcello vor."

„Das habe ich vermutet." Etwas überrascht erwidere ich. „Wirklich?"

„Ja...Ich meine, Lorenzo ist nicht gerade der einfachste Mensch auf der Welt, um ihn zu lieben, nicht wahr?" „Nicht, wenn er sich so verhält, nein."

„Es ist wahrscheinlich besser, ihm im Moment nichts davon zu sagen." „Hast du noch einen Ratschlag für mich?"

„Nicht wirklich..., aber ich möchte, dass du weißt, dass ich mit dem, was er tut, definitiv nicht einverstanden bin." „Du bist nicht einverstanden..., aber dennoch wirst du mir nicht helfen, oder?"

Lucia seufzt. „Nein."

„Danke für das Mittagessen und das Gespräch." Bedanke ich mich." Gern. Jetzt bringen wir nicht zurück, bevor er dich suchen kommt."

Donny wartet draußen auf dem Flur auf mich. Als ich das Zimmer betrete, spüre ich, wie mein Herz sinkt. „Viellicht können wir bald wieder zu Mittag essen."

Lucia dreht sich zum Gehen um, aber ich strecke meine Hand aus und ergreife ihren Arm. „Lucia. Kannst du nichts tun, um mir zu helfen, hier rauszukommen? Bitte! Ich flehe dich an."

Lucias Mund verzieht sich zu einer grimmigen Linie. „Es tut mir leid, Kate, aber ich kann mich nicht gegen meinen Bruder stellen."

Ich rufe ihr hinterher, als sie den Raum verlässt. „Du hast zwei Brüder und ich glaube nicht, dass der andere darüber sehr glücklich sein wird!"

Sie bleibt stehen, dreht sich aber nicht um, um mich anzusehen - selbst dann nicht, als sie mir antwortet. „Marcello ist für uns gestorben, seit er uns verlassen hat." Dann geht sie.

Ich verbringe die nächste Stunde damit, durch das Zimmer zu gehen. Dabei wechseln meine Gefühle zwischen Wut, Frustration und sogar Langweile.

Bis es schließlich fest an meiner Tür klopft und Lorenzo erscheint. Ohne zu wissen, dass ich das tun würde, werfe ich mich auf ihm und schlage ihn mit meinen Fäusten. „DU BASTARD! LASS MICH SOFORT GEHEN!"

Lorenzos Mund verzieht sich zu einer grimmigen Linie. Dann packt er mich an meinen Handgelenken und zieht mich an sich heran. Er ist viel stärker als ich und egal, wie ich mich wehre, ich kann mich nicht von seinem Griff lösen. „Wie ich sehe, hast du dich noch nicht beruhigt."

„Schockierend, nicht wahr?" Er lächelt über meine sarkastische Erwiderung. „Das ist es, was ich an dir mag. Dein Temperament."

Ich starre ihn trotzig in seine Augen. So nah wie ich bei ihm stehe kann ich sehen, wie sich seine Pupillen zusammenziehen und dann erweitern, was seine Erregung über meine physische Nähe verrät.

„Du machst wohl Witze!" Ich reiße meine Hände aus seinem Griff und stoße ihn von mir weg. Seine Augen blitzen vor Frustration und Wut auf, aber er weicht von mir zurück. „Weißt du, es ist nur eine Frage der Zeit, bist du lernst, mich auch zu lieben."

Und wie aus dem Nichts ist, meine Wut zurück. „Nein, Lorenzo. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Polizei mich findet."

Er seufzt und scheint ein wenig auszuatmen. Dann fängt er steif an zu reden. „Hör zu, können wir für eine Weile einen Waffenstillstand vereinbaren? Ich bin eigentlich gekommen, um zu fragen, ob du mit mir zu Abend essen willst."

„Ich weiß nicht. Habe ich eine Wahl?" Er stößt einen weiteren Seufzer aus. „Ja, du hast die Wahl. Ich dachte, ich bringe dich zu meinem Lieblingsplatz auf dem ganzen Anwesen."

Ich kann nicht anders und spüre, wie meine Wut nachlässt und meine Neugier steigt. „Wo ist der?"

„Auf dem Gelände westlich des Hauses gibt es einen kleinen See. Seit ich jung war bin ich dorthin immer allein gegangen, wenn ich nachdenken oder einfach allein sein wollte. Ich dachte, vielleicht könnten wir etwas zu essen einpacken, eine Picknickmatte, vielleicht etwas Wein und dort ein gutes Gespräch führen."

„Das klingt schön." Lorenzo lächelt, offensichtlich freut er sich über meine Antwort. „Ich lasse dann den Koch das Essen vorbereiten. Wir treffen uns in einer halben Stunde an der Haustür."

„In Ordnung."


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