8. Woche
Montagmorgen, schon wieder. Ich zog mir einen hellgrauen Anzug an, ein weißes Hemd und band mir eine passende Krawatte um. Ich checkte mein Spiegelbild und ging langsam in die Küche. Mein Rücken machte mir zu schaffen. Zu lange war ich nicht mehr trainieren und durch dieses ständige vorm Computer sitzen, machte sich meine dämliche Footballverletzung wieder bemerkbar. Und immer Schmerztabletten nehmen, kam nicht in Frage. Damit wollte ich erst gar nicht anfangen.
Auf der Hälfte der Treppe, kroch mir der Geruch von frisch gemahlenem Kaffee in die Nase. Ich bog um die Ecke und sah Louis vor der Kaffeemaschine stehen.
„Guten Morgen", sagte ich und er schrak zusammen. Na, ganz toll.
„Morgen", brummte er und stelle meine Thermotasse frisch gefüllt neben der Maschine ab und drückte den Deckel darauf.
„Louis ... ich ... weiß nicht, was ich sagen soll. Du ..." Plötzlich drehte er sich um und seine blauen Augen ließen mich kurz verstummen.„Ist es wegen des Kusses? Fühlst du dich unwohl?" Diese Fragen kamen mir nur sehr schwer über die Lippen, denn ich wollte nicht, dass er sich deswegen schlecht fühlte.
Er schüttelte den Kopf und sah dann angestrengt auf meine Schuhe.
„Warum gehst du mir dann aus dem Weg?" Er zuckte mit den Schultern und blickte mich ganz kurz an.„Ich weiß nicht so richtig, wie ich das, was zwischen uns passiert ist, einordnen soll. Ich dachte du brauchst Zeit, um darüber nachzudenken", murmelte er.
„Das habe ich", antwortete ich und machte einen Schritt auf ihn zu.
„Ich auch."Er hob seinen Kopf und ich fixierte seine Augen. Ich ging vorsichtig weiter und wieder baute sich dieser Drang in mir auf, ihn küssen zu wollen. Ich blieb nur knapp vor ihm stehen. Louis wich keinen Zentimeter zurück. Ich atmete schneller und legte meine leicht zitternden Hände auf seine Wangen. Gott, ich fand ihn ... schön. Seit diesem Kuss, war alles anders. Er war nicht mehr einfach nur ein Freund. Ich beugte mich zu ihm hinunter und legte sanft meine Lippen auf seine. Kurz dachte ich, es war ein Fehler, da er nicht reagierte. Doch dann spürte ich seine Hände an meiner Taille, wie er sie unter mein Jackett schob. Ich fuhr mit meinen Händen in seine Haare und hielt seinen Kopf fest, während der Kuss immer intensiver wurde. Meine Zunge ließ ich in seinen Mund gleiten und er seufzte auf. Wieso war es so besonders mit ihm?
Seine Hände wanderten meinen Rücken empor und er presste sich an mich. Wir ließen uns beide immer mehr fallen und meine Finger hatten sich mittlerweile auf den Weg gemacht, um ihn zu berühren. Sie glitten über seinen Hals, seinen Rücken hinab und blieben auf seiner Hüfte liegen. Ich drängte ihn an die Anrichte und plötzlich bemerkte ich, dass dieser Kuss mich mehr und mehr erregte. Ihm ging es offensichtlich nicht anders und ich entfernte mich etwas von ihm. Ich sah ihn an und er hatte immer noch seine Augen geschlossen. Ich strich liebevoll über seine Wange und dann erstrahlte ein wundervolles Blau.
Ich lächelte etwas verkrampft. Unerwartet legte er seinen Kopf an meine Brust und zog mich wieder näher zu sich. Ich umarmte ihn und so verharrten wir eine Weile. Was zum Teufel hatte das alles zu bedeuten?
„Louis, ich muss los", sagte ich mit geschlossenen Augen.
„Ich weiß", erwiderte er, aber keiner von uns tat auch nur dergleichen sich zu bewegen.
„Ich werde meine Bahn verpassen."
„Mmh ...", machte er nur. Ich löste die Umarmung meinerseits, aber er hielt mich immer noch umschlungen.„Ich muss gehen." Ich küsste seinen Kopf, was eine liebevolle Geste war, aber auch irgendwie merkwürdig, da wir uns erst zum zweiten Mal nähergekommen waren. Was stimmte denn nicht mit mir? Oder war alles in Ordnung? Während ich darüber nachdachte, kam er mir langsam entgegen, um meine Lippen sanft mit seinen zu streifen.
„Was soll's die Bahnen fahren aller paar Minuten", wisperte ich nah an seinem Mund und küsste ihn nochmal. Leider blieb es nicht bei der unschuldigen Variante. Der Kuss wurde immer gieriger. Aber nicht nur von meiner Seite aus. Louis hatte meine Krawatte um seine Hand gewickelt und hielt mich damit fest. Unsere Körper berührten sich und meine Hände taten irgendwie auch, was sie wollten. Ich verlor immer mehr die Kontrolle. Ich küsste seinen Hals und er stöhnte leicht und in meiner Hose wurde es nun doch recht eng. Ich beendete den Kuss etwas abrupter als ich es eigentlich vorhatte, und sah ihn entschuldigend an.
„Verschwinde endlich", meinte er lächelnd.
„Als ob das so einfach wäre." Ich griff nach meinem Kaffee und plötzlich zog es in meiner Schulter unangenehm.
„Scheiße." Mir fiel fast die Tasse aus der Hand.
„Was hast du?", fragte er und sah tatsächlich besorgt aus.
„Ach, nur meine blöde Schulter und mein Rücken."
„Wegen deiner Verletzung damals?" Er legte seine Hand auf meine Schulter und strich leicht darüber. Ich nickte und verzog schmerzhaft das Gesicht.„Als die Spieler dich auf dem Feld über den Haufen rannten und du dich nicht mehr bewegt hast ... ich dachte für eine Moment, du wärst tot." Ich sah ihn an und schmunzelte.
„Was? Das hast du mir nie erzählt."„Mmh ... nicht? Ich habe mir Sorgen gemacht und als sie dich operieren mussten, habe ich den ganzen Tag und die Nacht im Krankenhaus gesessen. Deine Mum schickte mich irgendwann nach Hause, aber ich habe mich wieder hineingeschlichen und den Arzt belauscht, als er sagte, du könntest kein Football mehr spielen. Er sagte, du solltest dich ausruhen und dann war deine Mum ebenfalls verschwunden. Als mich keiner sah, habe ich leise dein Zimmer betreten und die ganze Nacht an deinem Bett verbracht. Früh bin ich dann verschwunden und habe eine Menge Ärger von meinen Eltern bekommen, da ich mich nicht gemeldet hatte."
„Das war echt süß von dir."
„Süß?" Ich runzelte die Stirn, denn darauf fiel mir nicht gleich etwas Passendes ein.
„Ich ... ähm ... cool, das war total cool von dir." Lachend warf er seinen Kopf in den Nacken.„Sag das bitte nicht nochmal. Bleiben wir lieber bei ... süß", entgegnete er und wurde rot. Okay? Ich hatte noch nie gesehen, dass er rote Wangen bekam. Ich grinste ihn dämlich an, denn wir befanden uns beide auf vollkommen neuem Terrain und ich hatte nicht den blassesten Schimmer, was ich tun sollte. Aber irgendwie fühlte es sich leicht und vertraut an. Als würden wir ...
Er unterbrach meine abschweifenden Gedanken.
„Soll ich ... also nur ..., wenn es okay ist ... ich könnte, so wie früher ..." Ich sah in fragend an.
„Deine Schulter ... massieren?" Oh, jetzt fiel der Groschen. Er hatte mich damals sehr oft zu meinen Physiostunden begleitet und sich angesehen, wie der Arzt meine Schulter behandelte. Das tat mir meistens gut und der Schmerz verschwand wieder für eine Weile. Da ich jung war und keine Lust hatte, ständig bei Ärzten abzuhängen, übernahm Louis irgendwann die Massagen und es funktionierte genauso gut. Außerdem war er sowieso immer an meiner Seite. Das sparte eine Menge Zeit.„Gern. Aber jetzt muss ich gehen, sonst reißt mir Tom den Kopf ab, aber dann hätte sich das andere Problem auch direkt gelöst." Ich zuckte mit den Schultern, was keine gute Idee war, ich Idiot, klaute mir noch einen kleinen Kuss von Louis und verließ mit einem breiten Grinsen im Gesicht das Haus.
Was zur Hölle geschah gerade mit mir? Ich fiel quasi in der Küche über ihn her. Aber ich hätte es nicht länger ausgehalten. Vielleicht war unsere Freundschaft deswegen seit Anfang an so stark, weil da schon immer mehr zwischen uns war und ich hatte es nur nie bemerkt? Aber bisher war mein Verlangen einen Mann zu küssen nicht vorhanden. Aber ich wollte auch keine anderen Männer küssen. Nahm ich zumindest an. Ich wollte nur Louis küssen. Zum Glück brauchte die U-Bahn eine gewisse Zeit, damit ich auf diesem Thema ausgiebig herum denken konnte.
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High Walls - Larry Stylinson FF
FanfictionWenn du die Liebe gefunden hast, lass sie nie wieder gehen. Leider ist das Finden oder auch das Festhalten gar nicht so einfach ... Harry ist ein erfolgreicher Anwalt und leitet mit seinem besten Freund Tom eine Kanzlei in Manhattan. Er ist Single...