Kapitel 59

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Als ich am Freitagnachmittag zu Hause eintraf, war Louis noch nicht da. Meine Uhr verriet mir allerdings, dass er gleich auftauchen müsste. Gestern hatte ich ein Hotelzimmer gebucht und wollte nun schnell ein paar Sachen zusammenpacken, da ich nicht erst morgen fahren wollte. So hatten wir zumindest einen vollen Tag am Strand und ich war mir sicher, Louis würde nichts dagegen haben.

Gerade als ich den Koffer nach unten schleppte, trat er zur Tür herein.
„Willst du mich verlassen? Oder schmeißt du mich raus?", fragte er grinsend.
„Zweiteres, es ist mein Appartement", gab ich frech zurück.
„Stimmt, hatte ich schon fast vergessen." Sein Blick senkte sich und mir war klar, dass mein dämlicher Spruch in getroffen hatte.
„Honey ..." Ein paar Zentimeter vor ihm blieb ich stehen. „Ich bin ein Idiot."

„Wieso? Es ist doch die Wahrheit."
„Die Wahrheit ist, dass ich möchte, dass du dich hier zu Hause fühlst. Und auch, wenn dieser Prozess vorbei ist, will ich nicht das du gehst." Er zog die Augenbrauen zusammen und sah mich verdutzt an.
„Du würdest wollen, dass ich bleibe?"

Ich berührte leicht seine Wange und lächelte ihn an.
„Ich denke, es macht keinen Sinn, dir eine Wohnung zu suchen. Du würdest mir einfach viel zu sehr fehlen. Und dann müssten wir immer hin- und herpendeln, da ich definitiv nicht bereit wäre, ohne dich einzuschlafen ... und ein paar Monate später, ziehen wir wieder zusammen. Am Ende nur eine logistische Hölle, die wir uns sparen können." Sanft küsste ich seine Lippen.

„Du hast darüber nachgedacht?" Er sah immer noch recht verwirrt aus.
„Ja, warum schockiert dich das so? Willst du denn gehen?" Er schüttelte den Kopf und Tränen schimmerten in seinen Augen.
„Du weißt genau, dass ich nie wieder von dir weg will." Ich zog ihn in meine Arme steckte meine Nase in seine Haare.
„Das musst du auch nicht."

Mein Herz tanzte in meiner Brust aufgrund seiner Worte, aber gleichzeitig schmerzte es auch. In ein paar Wochen würde sich entscheiden, wie unser weiteres Leben aussah.

***

Die Fahrt dauerte doch länger als gedacht und somit kamen wir erst am späten Abend in unserem Hotel an. Ich parkte das Auto und Louis sah mich mit weit aufgerissenen Augen an.

„Harry, das ist ... das ..." Ich sah ihn fragend an und er deutete auf das nicht ganz so kleine Hotel, welches im Dunkeln wunderschön leuchtete. Mit seinen weißen Säulen, die den Eingang säumten, erinnerte es an eine Herrenvilla aus den Südstaaten ... eine sehr große Villa.

„Das ist viel zu teuer. Spinnst du?", knallte er mir an den Kopf, als er sein Sprachzentrum wieder besser unter Kontrolle hatte.
„Nein, ist es nicht. Es gehört einem Klienten von uns und Tom und ich genießen hier gewisse Vorteile. Entspann dich."
„Oh, tut mir leid", meinte er und sah mich entschuldigend an.
„Und selbst wenn ... Lou, wir brauchen beide mal eine kleine Auszeit. Ich kann mich gerade nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Urlaub hatte", sagte ich mehr zu mir selbst als zu ihm. Ich kratzte mich am Kopf und überlegte angestrengt, aber es wollte mir einfach nicht einfallen.

Plötzlich spürte ich seine Lippen an meiner Wange.
„Dann lass uns reingehen, aber ich weiß ehrlich nicht, wie ich mich dafür revanchieren soll?"
„Red keinen Quatsch." Ich drückte ihm ein Kuss auf die Nasenspitze und stieg aus. Schnell ging ich um das Auto herum und bevor Lou die Tür öffnen konnte, tat ich es und hielt ihm meine Hand hin. Er nahm sie bereitwillig und kicherte ein wenig. Oh, ich liebte es, wenn er das tat. Denn dann verschwand dieser immer unterschwellig traurige Ausdruck für einen Moment aus seinem Gesicht und er wirkte um so vieles jünger ... so wie damals, als er noch nicht kaputt war. Seine Worte ...

Verdammt nicht jetzt, dachte ich, als sich schon wieder Tränen in meine Augen schleichen wollten. Ich drehte mich von ihm weg und wischte mir schnell über das Gesicht. Wir wollten abschalten von dieser ganzen Scheiße und ich fing an zu heulen. Großartig.
„Love, ist alles okay."
„Ja, ja, hab nur was ins Auge bekommen." Ich spürte seine Hand auf meinem Arm.
„Es ist okay", sagte er leise.
„Was denn?", schniefte ich jetzt auch noch und rang immer noch um Fassung. Es ging mir nicht darum, dass es mir peinlich war vor ihm zu weinen, aber ich wollte jetzt nicht die Stimmung ruinieren.

High Walls - Larry Stylinson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt