Kapitel 50

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13. Woche

„Ich hätte gern 20 Stück von dem Erdbeerkuchen, 20 Stück vom American Cheesecake und 20 belegte Brötchen", bestellte ich in der Bäckerei. Die Verkäuferin sah mich erstaunt an und packe dann die Kuchenstücke zusammen. Eine andere Frau fing an die Brötchen zu belegen und in eine große Tüte zu stapeln. Ich hatte Matts Bitte, Erdbeerkuchen mitzubringen nicht vergessen. Hoffentlich empfing mich Matt heute etwas freundlicher. Ich wusste, dass ich das letzte Mal Tilda mit meinen Worten hart getroffen hatte, auch wenn es keine Absicht war. Und Matt war in irgendeiner Weise ihr Beschützer. Aber vielleicht funktionierte diese Gemeinschaft auch einfach so.

Ich ging direkt in Richtung Tildas Zelt und zu meinem Glück, saß sie davor und las in einem Buch. Ihr Gesicht hellte sich sofort auf, als sie mich erkannte.
„Harry, schön dich zu sehen. Wie geht es dir?", fragte sie.
„Mir geht es gut. Und dir?"
„Ach ja, es geht so. Was hast du denn heute dabei?", wollte sie wissen. Sie hielt mir ihre Hand entgegen und ich half ihr beim Aufstehen. Dabei stöhnte sie etwas und griff sich an den Rücken.
„Was hast du denn?"
„Komm du mal in mein Alter, dann wirst du es selbst merken", scherzte sie und ich lächelte sie an.
„Wo ist Matt? Ich habe Erdbeerkuchen dabei."
„Der ist hier irgendwo. Wird bestimmt gleich auftauchen."

Und kaum hatte sie es ausgesprochen, spürte ich eine große Hand auf meiner Schulter und er drückte kräftig zu. Blöd nur, dass es meine kaputte Schulter war.
„Ahhh ...", entwich mir ein kleiner Schmerzenslaut.
„Habe ich dich verletzt, Herr Anwalt?", fragte er und setzte dabei eine gespielt mitleidige Miene auf.
„Nein. Alte Footballverletzung. Macht immer mal wieder Ärger."
„Wo hast du gespielt?"
„Nur in der High-School, aber meine Karriere war sehr schnell beendet."

„Ging mir auch so. Habe viele Jahre gespielt, aber mein Kopf hat das nicht so gut vertragen. Musste aufhören, obwohl ich sehr gut war." Das glaubte ich ihm aufs Wort. Mit seinem Körperbau hatte er mit Sicherheit alle Spieler vom Feld gepflügt.
„Tut mir leid", sagte ich zu ihm.
„So ist das Leben. Man bekommt nie das, was man will", antwortete er und das erste Mal schimmerte ein anderer Mensch unter der immer zornigen Fassade hindurch.

„Du wolltest Erdbeerkuchen. Ich habe ihn dir mitgebracht." Sein Lachen, welches klang, als würde gleich die Erde aufbrechen, trieb mir trotz allem ein Schauer über den Rücken. Ich brauchte wohl noch eine Weile, um mich an sein Auftreten zu gewöhnen.
„Soll ich dir die Sachen abnehmen und verteilen?", fragte er tatsächlich und ich nickte ihm zu.
„Welchen Kuchen möchtest du? Ich gehe davon aus, dass du mit uns isst."
„Ich nehme einfach das, was übrig ist", entgegnete ich. Ansprüche würde ich sicher nicht stellen.
„Guter Mann. Bin gleich wieder da", sagte er und stapfte davon.

Tilda sah mich eine Weile an und streckte dann ihre Hand nach mir aus. Ich nahm sie und hielt sie fest.
„Ich habe lange über deine Bitte nachgedacht und ich werde es tun. Ich mache eine Aussage."
„Du? Was? Wirklich? Tilda, ich danke dir von Herzen." Automatisch beugte ich mich nach unten und schloss sie in meine Arme. Als ich mich von ihr trennte, strahlte ich sie an.

„Erklärst du mir, wie das von statten geht?", fragte sie.
„Natürlich tue ich das. Ich würde sagen, wir suchen uns einen geeigneteren Ort und ich werde deine Aussage notieren. Wir haben noch Zeit, dich auf diesen Termin vorzubereiten. Du musst dir keine Gedanken machen. Es wird kein langer Prozess werden. Ich bin die ganze Zeit dabei ..."
„Und ich auch", polterte plötzlich Matt hinter mit, sodass ich wieder mal einen Schreck bekam. Er war so groß, aber konnte sich anschleichen wie eine Raubkatze.

„Gibt es vielleicht hier irgendwo ein Café oder ein ..."
„Vier Sterne Restaurant?", fiel mir Matt ins Wort.
„Wir können auch in meine Kanzlei fahren", schlug ich vor.
„Willst du uns zeigen, wie gut es dir geht und was du alles hast und wir nicht?", quatsche Matt schon wieder dazwischen. Langsam nervte er mich mit seinen dämlichen Kommentaren.
„Nein Matt, das will ich mit Sicherheit nicht", gab ich ihm zu verstehen. Er funkelte mich an, aber diesmal gab ich nicht klein bei. Auch wenn er größer war als ich, hielt ich seinem Blick stand.

High Walls - Larry Stylinson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt