6. Woche
Die nächste Woche verging wie im Flug. Ich war jeden Tag lang in der Kanzlei, denn die Arbeit stapelte sich. Langsam, aber sicher, wusste ich nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Als endlich Sonntag war und ich nicht arbeiten musste, schlief ich bis kurz vor zehn. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als ich mich aus meinem Bett bequemte. Ich überlegte eine Runde laufen zu gehen, aber vorher brauchte ich unbedingt einen Kaffee. Ich streckte mich noch einmal ausgiebig im Bett und trottete erst ins Bad, dann in die Küche. Dort saß Louis am Tisch und las die Zeitung.
„Hey, ich dachte schon, ich bekomme dich heute auch nicht zu Gesicht", sagte er.
„Ja, es war eine anstrengende Woche. Aber heute werde ich nichts tun. Zumindest nichts, was mit Arbeit zu tun hat."„Setz dich. Ich mach dir einen Kaffee", bot er an und ich ließ mich auf den Stuhl fallen. Ich rieb mir den Nacken, denn ich war verspannt. Die viele Arbeit und auch diese ganze Sache mit Louis belastete mich. Als würde ich die Last auf meinen Schultern tragen. So fühlte es sich zumindest gerade an. Ich brauchte dringend mal wieder eine Massage.
Er stellte mir die Tasse vor die Nase und lächelte mich an. Heute war er nicht so muffelig wie sonst. Ich genoss diese Tatsache, dass er sich endlich etwas besser zu fühlen schien, auch in meiner Gegenwart. Aber das würde sich wohl bald wieder ändern, denn sein Fall lag demnächst auf meinem Tisch und ich wollte es nicht mehr länger hinauszögern. Er musste endlich mit mir reden. Ich wollte auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Bei dieser Anklage konnte es durchaus passieren, dass er für einige Jahre hinter schwedischen Gardinen verschwand und dafür wollte ich nicht verantwortlich sein.
Ich hatte noch nie einen Fall übernommen, der mich persönlich betraf. Aber irgendwann, war bekanntlich immer das erste Mal. Aber damit wollte ich ihn heute nicht nerven. Gerade war er etwas lockerer und ich hoffte, es würde ihm dann leichter fallen, sich mir zu öffnen.
Nach dem Kaffee fragte ich Louis, ob er eine Runde mit mir Laufen gehen wollte. Er schüttelte nur den Kopf und deutete auf seine Rippen. Wir entschieden uns für einen Spaziergang und ich freute mich darüber, dass er mit mir mal das Haus verließ. Ich zeigte ihm ein bisschen die Gegend und wir unterhielten uns. Louis brauchte zwischendurch immer mal eine kleine Pause, da er doch noch nicht wieder ganz fit war.
Als wir zurückkamen, kochten wir gemeinsam und ganz allmählich schlich sich ein vertrautes Miteinander ein. Wir aßen vor dem Fernseher und debattierten über alte Filme, so wie wir es früher oft getan hatten. Ich lachte viel und auch ihm entglitten immer mal die verhärteten Gesichtszüge und ich fand es schön, ihn etwas gelöster zu sehen.
7. Woche
Zu schnell verging dieser Tag und nach einem beschissenen Montag, einem langen Dienstag und einem vollkommen verkorksten Mittwoch, beschloss ich am Donnerstag die Kanzlei eher zu verlassen. Ich ging direkt in eine Bar und Tom begleitete mich. Ich bestellte mir einen Bourbon-Whiskey und als dieser leer war, direkt den Nächsten. Tom blieb nur bei Wasser, da er noch mit seinem Sohn Felix zum Fußball musste. Er war ein fünfjähriger quirliger Kerl und hielt seine Eltern extrem auf Trab. Er sah aus wie Tom, nur in klein. Die gleichen dunklen braunen Augen, nur das Felix seine schwarzen Haare nicht schneiden wollte und sie ihm schon über seine Schultern reichten. Ich mochte ihn wahnsinnig gern und wenn ich bei Tom war, dann spielten wir meistens mit seinen tausend Legosteinen und verwüsteten das Zimmer, was meinem Geschäftspartner gar nicht zusagte.
„Komm schon, ich muss los. Beweg deinen alkoholisierten Hintern."
„Heyyy, ich bin doch nicht alko ... holi ... siert ... denke ich." Schweres Wort.
„Na ja, du hörst dich nicht gut an. Du hättest vielleicht keine Doppelten bestellen sollen."
„Ich habe heute noch nichts gegessen. Hatte keine Zeit. Diese Woche war einfach nur der Horror.", quengelte ich.
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High Walls - Larry Stylinson FF
Hayran KurguWenn du die Liebe gefunden hast, lass sie nie wieder gehen. Leider ist das Finden oder auch das Festhalten gar nicht so einfach ... Harry ist ein erfolgreicher Anwalt und leitet mit seinem besten Freund Tom eine Kanzlei in Manhattan. Er ist Single...