Kapitel 40

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In meiner Mittagspause ging ich ins Fitnessstudio und blieb dort ganze zwei Stunden. Zuerst ging ich auf das Laufband und danach trainierte ich an den Geräten. Das Gespräch mit meiner Mum ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich sollte ihr Enkelkinder schenken. Was denn auch sonst? Ich hatte mich gerade Hals über Kopf in einen Mann verliebt und ich schätzte mal, egal wie viel Mühe wir uns gaben, ein Baby käme dabei nicht heraus.

Was wenn sie dann wütend auf mich wäre? Ich war ihr einziges Kind. Würde sie meine Entscheidung akzeptieren, wenn ich mich für Louis entscheiden würde? Gesetzt den Fall, dass es zwischen uns funktionierte. Aber wie stand Louis eigentlich dazu? Wollte er eine Familie? Und warum in drei Gottes Namen malte ich mir gerade eine Zukunft mit ihm aus? Ich traute mich noch nicht einmal ihm zu sagen, dass ich in ihn verliebt war. Die Kinderfrage sollte wohl in unserem Fall noch warten. Und vor allem sollte ich mir erst einmal darüber klar werden, ob ich grundsätzlich Kinder wollte. Warum hatte meine Mum dieses dämliche Thema überhaupt angeschnitten? Ich hatte weder Zeit noch Lust mich damit auseinanderzusetzen.

Verschwitzt ging ich unter die Dusche und dann zurück im Büro, aß ich eine Kleinigkeit und führte noch ein paar Telefonate. Gerade als ich kurz meine Augen schloss und durchatmete, ploppte eine Nachricht von unserem internen Messanger auf. Von Jane: Du hast Besuch.

„Was ist denn jetzt schon wieder?" Langsam stand ich auf und rieb mir den Nacken. Ich lief den Gang entlang und augenblicklich bildete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht, als ich ein paar braune verstrubbelte Haare sah. Es war so schön ihn zu sehen. Wie auf Kommando kribbelte mein Bauch und ich beschleunigte meine Schritte.

Er drehte sich zu mir und grinste. Er hatte einen Beutel in der Hand und lehnte an unserer Empfangstheke.
„Hey, was machst du hier?", fragte ich, aber bevor er antworten konnte, beugte ich mich zu ihm und küsste ihn.
„Hi", erwiderte er. Jane und Kelly standen nicht weit von uns und als Louis bemerkte, dass die beiden uns ansahen, bekam er ganz rote Wangen. Er war einfach so süß.

„Ich denke, ich mache jetzt Feierabend", grinste ich die beiden Frauen an. Kelly lächelte mich an, was Louis sofort bemerkte. Als er das letzte Mal hier war, hatte ich ihn quasi aus ihren Fängen befreit, aber seitdem war einiges geschehen. Bisher hatte ich es ihm nicht erzählt.

„Du und Kelly versteht euch jetzt gut? Wie ist denn das passiert?", fragte er leise.
„Ach, wir haben uns mal unterhalten und festgestellt, dass wir uns doch recht sympathisch sind." Ich weiß, es war eine Lüge und ich tat das nicht gern, aber was, wenn er mir nicht glaubte? Nein, das Risiko war ich nicht bereit einzugehen. Außerdem gab es genug Geheimnisse zwischen uns, vor allem von seiner Seite aus. Auf eins mehr oder weniger, kam es dann wohl auch nicht mehr an. Gott, das hörte sich schrecklich an und war bestimmt nicht gesund für eine Beziehung. Waren wir denn in einer? Irgendwann sollten wir mal darüber reden.

„Harry, bevor du verschwindest, zeig mir nochmal, wie das hier mit diesem blöden Programm funktioniert? Es ist eine gute Idee, dass du die Website der Kanzlei etwas aufpeppen willst, aber warum muss ich das tun?" Jane sah mich an und sie hatte diesen Ich-formuliere-es-nett-aber-eigentlich-bin-ich-angepisst-Blick drauf.

„Geht ganz schnell", sagte ich zu Louis und setzte mich vor Janes Bildschirm. Auch Kelly linste mir über die Schulter.
„So ... jetzt musst du nur hier draufklicken und das Bild ... Hey, warum geht das nicht? Warte ... nochmal ... Wieso hängt das jetzt über diesem Schriftzug? Es sollte doch in den Hintergrund?" Nach zehn Minuten redeten Kelly, Jane und ich durcheinander, weil jeder von uns eine Idee hatte, aber keine davon funktionierte. Entschuldigend sah ich zu Louis, der nur seine Augen verdrehte und hinter mich trat.

„Gib mir mal die Maus. So ... wo willst du das Bild haben?", fragte er.
„Da", antwortete ich und zeigte auf den Bildschirm.
„Okay und den Schriftzug hier?"
„Ich dachte vielleicht dort oben rechts in die Ecke", sagte ich schulterzuckend.
„Nein ... auf keinen Fall. Wie soll das denn aussehen? Steh mal auf", befahl er und nahm auf dem Stuhl Platz. Er blickte eine Weile auf unsere Website und fing an, alles durcheinander zu bringen.

High Walls - Larry Stylinson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt