Kapitel 22

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Da ich mir fest vorgenommen hatte, das Wochenende nicht zu arbeiten, versuchte ich alle offenen Sachen heute noch zu erledigten. Die Zeit raste unerbittlich davon. Immer wieder sah ich auf die Uhr, aber die Zeiger blieben einfach nicht stehen. Ich würde wohl heute Abend kein Glück mehr haben, mit Louis zu Essen oder mit ihm ...

„Hey, ich geh nach Hause. Was machst du noch hier?", fragte Tom, denn es war schon nach acht Uhr.
„Ich möchte mal wieder ein verdammtes Wochenende haben. Zwei volle Tage. Ist das zu viel verlangt?", nörgelte ich und ließ mich mit Schwung an die Lehne meines Stuhls fallen.

„Sobald wir das Geld aus dem Vergleich haben, stellen wir noch Leute ein. Dann wird es für uns alle etwas entspannter. Bleibt es eigentlich nächste Woche dabei?" Kurz überlegte ich, was er meinte, aber dann fiel es mir wieder ein. Louis Fall.
„Ja, sicher."
„Gut, dann soll deine Sekretärin einen Termin mit meiner Sekretärin vereinbaren." Er grinste mich an.

„Ich will das gleich am Montag erledigen. Ich will nicht mehr warten", teilte ich ihm meinen Plan mit. Wenn er keine Zeit hätte, dann ging ich eben allein. Ich könnte Kelly mitnehmen und sie dann aus Versehen in dieser etwas fragwürdigen Gegend vergessen. Warum störte mich das nur so immens, dass sie mit ihm geflirtet hatte? Ich war doch nie ein besonders eifersüchtiger Typ.

Tom sah in sein Handy und tippte dann irgendetwas darauf herum.
„Geht klar. Habe den Vormittag für dich geblockt. Du hast es dir anscheinend nicht anders überlegt. Du willst den Fall also behalten?" Ich bejahte und Tom legte sein Ich-bin-mir-nicht-sicher-ob-das-eine-gute-Idee-ist-Gesicht auf. Leicht zu verwechseln mit seinem Du-bist-ja-von-allen-guten-Geistern-verlassen-Gesicht. Aber sei es drum, ich hatte meine Entscheidung getroffen. Und wie auch immer die Verhandlung ausging, damit musste ich dann leben und Louis ebenso.

Als ich endlich meine Wohnung betrat, war es schon nach Mitternacht. Meine Augen brannten und mein Kopf dröhnte. Zu allem Übel tat meine Schulter wahnsinnig weh. Louis hatte mir doch letztens eine Massage versprochen? Ich würde ihn Morgen danach fragen. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ach, Lou ...

Leise stieg ich die Treppen nach oben und öffnete die Tür zu meinem Schlafzimmer. Eingekuschelt lag er auf meiner Seite des Bettes und schlief seelenruhig. Ich fand es schön, dass er nicht im Gästezimmer war. Wenn doch, hätte ich mich eben mit zu ihm gelegt. Ich wollte nicht mehr ohne ihn schlafen. Es waren zwar erst ein paar Nächte, die wir gemeinsam verbrachten, aber ich mochte es, ihn im Arm zu halten und seine Wärme zu spüren.

Schnell nahm ich noch eine Dusche und machte mir noch eine Kleinigkeit zu essen. Ich war hundemüde, aber auch ausgehungert. Nachdem mein Magen wieder etwas zu tun hatten und sich nicht mehr selbst verdaute, schlich ich mich ins Schlafzimmer. Ich schlüpfte unter die Decke und rutschte an Louis heran. Es war sehr dunkel und ich taste auf der Matratze herum, bis ich seine Hand fand. Ich hielt sie in meiner und schloss meine Augen. Schon bald dämmerte ich weg.

„Na, du Langschläfer. Willst du heute auch irgendwann mal aufstehen?" Finger strichen sanft durch mein Haar und ich öffnete langsam meine Augen und Louis strahlte mich an.
„Hi."
„Hi." Ich rieb mir über die Augen und streckte mich. Louis war vollständig angezogen und saß auf der Bettkante.
„Wie spät ist es denn?", fragte ich und gähnte. Ich war im Eimer.
„Gleich elf Uhr."
„Was? Du hättest mich doch wecken können."
„Glaub mir, ich habe es versucht, aber ich hatte keine Chance. Außerdem siehst du hinreißend aus, wenn du schläfst." Ich zog mir die Decke über den Kopf. Man hatte mich schon vieles genannt, aber hinreißend?

„Was tust du denn da?", fragte er lachend. Er zog an der Decke und dann schwebte sein Gesicht plötzlich über mir.
„Hast du Hunger?"
„Ja, sehr sogar", antwortete ich und sah in seine wunderschönen Augen, die heute in einem hellen Blau leuchteten.
„Was hättest du gern?" Die Frage kam etwas schwerfällig über seine Lippen, auf die ich nun unablässig starrte, denn ich wollte das, was ich immer wollte.

„Dich." Ich packte ihn an den Schultern und warf ihn aufs Bett und rollte mich halb auf ihn. Erschrocken entwich ihm ein Keuchen, was ich aber sofort mit meinem Mund erstickte. Konnte man süchtig danach werden, jemand zu küssen? Noch nie war ich so darauf versessen, die Lippen einer anderen Person spüren zu wollen. Immer.

Ich küsste ihn stürmisch und Louis ließ seine Hände über meinen Rücken wandern. Ganz bedacht schob er sie unter mein Shirt und mir entfleuchte ein leises Stöhnen. Seine Finger hinterließen feurige Spuren auf meiner Haut und als er es mir bis zur Mitte meines Rückens hochgeschoben hatte, löste ich den Kuss, um mich aufzusetzen. Ich zog mir das Shirt über den Kopf und genoss Louis Blicke auf meinem Oberkörper. Ohne lang zu überlegen, befreite ich ihn auch von seinem. Eine Hand legte ich auf sein Herz und ich musste feststellen, dass es ebenfalls in seiner Brust raste, so wie mein Eigenes.

Ich ließ meine Hand über seine Wange fahren und beugte mich dann zu ihm hinunter und küsste seine Brust, da wo vorher meine Hand gelegen hatte. Wieder sah ich die vielen Narben, aber jetzt war gerade nicht die Zeit, ihn danach zu fragen, woher sie stammten. Ich küsste sie sacht und fuhr sie mit meinen Fingern nach. Unsere Augen trafen sich und ich hatte ein bisschen Bedenken, dass er sich unwohl fühlen würde, aber er legte seine Hand auf meine und lächelte leicht.

Ich beugte mich wieder nach unten und meine Lippen tanzten über seine erhitzte Haut und er griff in meine Haare. Als meine Zunge dann begann mit seiner Brustwarze zu spielen, stöhnte er auf. Dieses Geräusch katapultierte das Blut von meinem Kopf ein paar Etagen tiefer. Und ich wollte es wieder hören. Ihm das geben, was er meiner Meinung nach gerade brauchte. Ich bedeckte seinen Oberkörper mit vielen Küssen, ebenso seinen Hals und dann verband ich wieder unsere Lippen miteinander.

„Harry ... Harry ... dein Handy klingelt", nuschelte Louis, aber ich schüttelte nur den Kopf und küsste ihn einfach weiter. Mittlerweile hatte ich mich auf ihn gelegt und war zwischen seine Beine gerutscht. Ich küsste seinen Hals und saugte immer wieder an einer Stelle ... und ja, er würde wohl einen Knutschfleck zurückbehalten. Revier markiert. Nimm das Kelly. Gott, ich war so was von kindisch.

Wieder klingelte mein Handy und es wurde immer penetranter. Es lenkte mich ab, aber ich hoffte inständig, dass es jede Sekunde aufhören würde.
„Warte kurz", sagte Louis und schob mich von sich runter. Ein merkwürdiger Laut verließ meine Kehle. Ich mochte es ganz und gar nicht hierbei unterbrochen zu werden. Louis drehte den Kopf zu mir und sah mich an.

„Hast du gerade geknurrt?" Er fing an zu lachen und griff nach meinem Handy, was auf dem Nachttisch lag. Ich war selbst schuld, dass ich es immer mit mir herumschleppte. Aber ich wollte mich jetzt nicht darum kümmern. Die Welt würde schon nicht untergehen, wenn ich nicht erreichbar war. Und wenn, dann war ich zumindest mit schönen Dingen beschäftigt. Bevor Louis sich wieder zu mir drehen konnte, hatte ich mich hinter ihn gelegt. Ich nahm ihm das Handy ab und warf kurz einen Blick darauf, bevor ich es ausschaltete. Es war Tom. Wer sonst? Er würde warten müssen.

Ich legte meine Hand an sein Kinn und drehte seinen Kopf zu mir. Leicht ließ ich meine Lippen über seine streifen und meine Hand fuhr über seinen Oberkörper. Louis kam mir entgegen und küsste mich verlangend. In meinem Kopf war nur noch er. Es war wie ein Sog und ich konnte mich nicht mehr daraus befreien. Ich drückte ihn wieder auf den Rücken und meine Hand fand den Weg zwischen seine Beine. Er krallte sich in meine Haare und ich spürte seine Nägel an meiner Kopfhaut. Ich vertiefte den Kuss nochmals und hörte ein leises Wimmern. Gott, das war einfach unglaublich heiß. Woher ich den Mut nahm, ihn so zu berühren, war mir in diesem Moment selbst nicht klar. Ich wusste nur, dass ich es unbedingt wollte. Mein Becken bewegte ich gegen seinen Oberschenkel und stöhnte in seinen Mund. Plötzlich drücke mich Louis von sich. Verwirrt sah ich ihn an.

„Was ist?", fragte ich atemlos.
„Ich ... Harry, ich ...", haspelte er, aber es kam nichts weiter aus seinem Mund.
„Lou ..." Ich beugte mich zu ihm und wollte seine vollen rosigen Lippen wieder küssen, da wand er sich unter mir hervor und stürzte aus dem Zimmer.
„Louis, was ... was hast du denn?", rief ich ihm nach.

Fuck. Ich ließ mich nach hinten auf das Bett fallen und starrte an die Decke. Ich hätte nicht so forsch sein dürfen. Warum konnte ich mich denn nicht beherrschen? Na ja, die Frage war einfach zu beantworten. Es lag an ihm. Die Gefühle, die er in mir geweckt hatte, waren neu und aufregend und ich bekam sie einfach nicht mehr in den Griff.

High Walls - Larry Stylinson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt