Maple Court, das Anwesen der gräflichen Familie Eastwood, lag weit draußen zwischen leuchtend grünen Wiesen, wogenden Getreidefeldern und einer Vielzahl von Ahornbäumen, deren Laub jedes Jahr im Herbst in allen Farben von Scharlachrot bis Goldgelb leuchtete, als wollte es mit dem Sonnenuntergang konkurrieren. Das aus Sandstein erbaute Gutshaus war an die dreihundert Jahre alt und bot einen stattlichen Anblick.
Der Besitzer hatte es vor einigen Jahren in ein luxuriöses Hotel für Erholungssuchende und Tagungsgäste umbauen lassen und der Erfolg schien ihm damit in den Schoß zu fallen, wie mit fast allem, was er in die Hand nahm. Schon seine Vorfahren hatten den Gutshof so hervorragend durch die Zeit gebracht, dass er sich gut und gerne auf dem ererbten Reichtum ausruhen und ein Leben des Müßiggangs hätte verbringen können, aber das lag dem Grafen fremd. Er verdiente sich sein Einkommen im Bauwesen und auch darin war er überaus erfolgreich und hatte Aufträge in aller Herren Länder.
Auf dem Gutshof war stets reges Treiben vorzufinden und die Menschen, die dort ein und aus gingen, schätzten sich glücklich an einem pittoresken Ort wie diesem arbeiten zu dürfen. Der Graf wurde von ihnen überaus geschätzt. Er selbst wohnte ein wenig abgeschieden mit seiner Familie in einem Nebengebäude am Rande des hinteren Gartens. Das Backsteinhaus war bei weitem nicht so herrlich wie das alte Gutshaus, aber der Graf hatte es nach seinen Wünschen ausstatten lassen und nun bot es ein komfortables Zuhause und beherbergte überdies noch einen Butler und eine Haushälterin, die sich um den gesamten Haushalt der Familie bemühten, so dass seine Frau die Gräfin sich um nichts kümmern musste, sondern zu jeder Zeit ihren eigenen Anliegen nachgehen konnte.
Hier lag der wunde Punkt des Grafen, denn seine Ehe war alles andere als glücklich und seine viel jüngere Ehefrau, die Gräfin Eastwood, bereitete ihm über die Maßen Kummer. Stets von kränklicher Natur schien sie sich an manchen Tagen ausschließlich von Pulvern und Tabletten fortzubringen, während sie an anderen Tagen nicht einmal das Schlafzimmer verließ und an wieder anderen Tagen das Hauspersonal mit ihren Ansprüchen herumscheuchte und in den Wahnsinn zu treiben drohte.
Die guten Tage, an welchen er das liebevolle und zu Späßen aufgelegte Mädchen in ihr erkannte, das er einst geheiratet hatte, lagen weit zurück und wurden zunehmend rar. Seine Hotelbediensteten bekamen die Gräfin kaum einmal zu Gesicht und der Butler Mr. Burg, ebenso wie die Haushälterin Marianne verloren kein Wort über die Dame des Hauses. So sehr alle den Grafen bewunderten, so wenig beneideten sie ihn um seine Ehefrau. Und dann war da auch noch das Kind...
Die junge Lady Anne Eastwood war vor wenigen Wochen elf Jahre alt geworden. Sie war ein unscheinbares Mädchen mit einem blassen ovalen Gesichtchen unter aschblonden Haaren, die so glatt und fein waren, dass sie, zum großen Missfallen der Mutter, stets aus jeder noch so kunstvoll drapierten Frisur innerhalb kürzester Zeit wieder herausrutschten, weshalb man dazu übergegangen war, sie auf Schulterlänge zu schneiden, glatt zu kämmen und offen zu lassen.
Ihre Augen waren von einem kühlen, hellen Blau mit grauen Sprengseln und umrahmt von dunklen, anmutig geschwungenen Wimpern und ebensolchen Augenbrauen. In der Tat hatte man bereits vor Jahren einmal auf einer Gesellschaft die Mutter gefragt, weshalb sie dem Kind in diesem zarten Alter bereits die Augenbrauen nachgezogen habe, was wortlos mit einem tödlich schneidenden Blick beantwortet worden war.
Aber es waren weder die Vorzüge noch die Nachteile in ihrem Aussehen, die Anne besonders machten, sondern es war ihr Verhalten, das die sie umgebenden Menschen immer wieder aufs Neue in peinliche Verlegenheit brachte. Sie pflegte oft äußerst merkwürdige Fragen zu stellen, höchst unerwartete Schlüsse zu ziehen und häufig fragwürdige, unerklärliche Dinge zu tun. Und sobald das Mädchen ausgeprägte Emotionen zu Tage brachte, egal ob es nun Freude, Wut oder Trauer war, konnte man davon ausgehen, dass in der Nähe sogleich etwas aus unerfindlichen Gründen zu Bruch gehen musste.
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Anne Eastwood und die magische Welt (Hogwarts Fanfiction)
FanfictionSie wies auf die Tür, die nach draußen führte und sagte zu ihm: „Weißt du, das einzige, das schlimmer wäre, als da rauszugehen und zu sterben, ist zu Hause zu bleiben und nicht zu leben!" Hogwarts in den 1970ern: Anne wünscht sich nichts mehr, als n...