Anne Eastwood und die magische Welt (Hogwarts Fanfiction)

66. Kapitel - Die gestohlene Zeit

Schon kurz nach Neujahr wurden Sirius gute Vorsätze hart auf die Probe gestellt.
Hector Gutierrez kam zu Besuch nach Hogwarts. Er musste mit ansehen wie Anne energisch aufsprang und dem jungen Mann freudig um den Hals fiel, wie dieser sie mit seinen starken Armen herumwirbelte, wie sie ihm in einem unaufhaltsamen Wortschwall jede Kleinigkeit der letzten zwei Wochen erzählte und wie sie sich danach stundenlang einträchtig ans Klavier zurückzogen.

Ihr gegenseitiger Umgang war so zärtlich und vertraut, wie er einst zwischen Hector und seiner Schwester gewesen war. Wie selbstverständlich berührte er sie andauernd, ihre Hände, ihre Arme und Schultern, ihre Seite, ihr Haar und sogar ihr Gesicht. Sie spielten gemeinsam auf der Klaviatur und er saß mit ihr Schulter an Schulter. Anne kicherte und lachte unentwegt und Sirius musste nach einer Weile das Zimmer verlassen, um nicht von seiner Eifersucht übermannt zu werden.

Er hatte James von seiner neuen Situation berichtet, aber der konnte nicht verstehen, wie man sich lieben konnte, aber sich zugleich nicht festlegen wollte. Sirius war sich selbst nicht im Klaren, ob das wirklich möglich war. Da Anne ihn außerdem gebeten hatte, den anderen nichts von ihren Eltern zu erzählen, konnte er den Kern ihres Problems nicht mit seinen Freunden diskutieren.

Aber er würde es schon schaffen! Er würde die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Er war nicht bereit sie aufzugeben. Nicht noch einmal ...

Bis zum Ende der Weihnachtsferien war Anne wieder im Leben angekommen. Das Ministerium verweigerte ihr jedoch, ihren Zauberstab zu führen und schloss sie vom Unterricht in Hogwarts aus. Auch ein positives Gutachten von Murdoch, der sie gleich im Januar besucht hatte, änderte daran nichts. Sie durfte sich nur in ihrem abgetrennten Bereich aufhalten und keinen Kontakt mit den Schülern haben.

„Wenn Sie diese Bedingungen in Hogwarts nicht bewerkstelligen können, wird sie in Gewahrsam ins Ministerium verlegt", betonte Mr. Crouch und Dumbledore tobte vor Zorn.
Schließlich wurde ein Anhörungstermin vor dem Zaubergamot für sie festgelegt, zu dem sie sich möglicherweise rehabilitieren könnte.

„Mitte Juni?!" Anne war so überfahren von dieser Neuigkeit, dass sie sich setzen musste, als Dumbledore ihr davon berichtete.
„Dann beginnen bereits die Jahresabschlussprüfungen..."

Dumbledore seufzte. „Wir sollten in Betracht ziehen, dich die Klasse im nächsten Schuljahr wiederholen zu lassen."
„Nein, das kommt gar nicht in Frage", entgegnete Anne stur und sprang ungehalten auf. „Ich werde nicht von meinem Jahrgang zurücktreten!"
Dumbledore sah sie durchdringend an.

Zornig lief Anne vor dem Fenster auf und ab. „Das Ministerium mag mich vielleicht einsperren, meine Lebenszeit wird es mir aber nicht stehlen!"
„Bitte setz dich", sagte Dumbledore ernst.
„Was?"
„Du läufst herum wie ein aufgescheuchtes Huhn."
Missmutig setzte sie sich auf den Rand ihres Bettes und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

Dumbledore trat zu ihr heran.
„Ich fürchte du hast die Tragweite deiner Situation nicht begriffen. Du kannst vielleicht den Schulstoff aufholen. Aber du wirst diesen Raum bis zur Anhörung nicht mehr verlassen. Das heißt du wirst nicht am Schulleben teilhaben. Du wirst niemanden besuchen und du wirst nicht nach Hause fahren können. Ich würde durchaus behaupten, dass das Ministerium dir damit Lebenszeit stiehlt ..."

Sie wusste, dass er recht hatte. Frustriert verbarg sie das Gesicht hinter den Händen und versteckte die bitteren Tränen, die ihr in die Augen traten. Nun hatte sie sich mühsam in ein Leben zurückgekämpft, das sie hatte beenden wollen und nun durfte sie es nicht leben.

Sie seufzte herzzerreißend.
„Warum werde ich so bestraft? Ich wollte doch niemals jemandem Schaden zufügen. Niemandem außer mir selbst..."
„Du hast etwas, was das Ministerium will und nicht bekommen kann. Der Erlass des Ministeriums ist vielmehr eine Reaktion auf meine Anordnung, dich nach Hogwarts zu holen."