46. Kapitel - Regulus Black

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Als Anne an diesem Abend den Slytherin Gemeinschaftsraum betrat, fand sie dort die beiden Drittklässler vor, die im Chor sangen, sowie eine Handvoll weiterer Schüler die für irgendeine andere Aufgabe zurückgekehrt waren und die sie nicht näher kannte.

Auf dem grünen Sofa vor dem imposanten Kamin saß Regulus allein und starrte mit trübem Blick in das kleine Feuer, das trotz der sommerlichen Wärme vor ihm flackerte. Erst wollte sie auf dem Absatz kehrt machen und an ihm vorbei zu ihrem Schlafsaal huschen, doch dann überlegte sie es sich anders und setzte sich geradewegs neben ihn.

Als er bemerkte, wer sich da niedergelassen hatte, rückte er sofort ein Stück von ihr ab.
„Du musst mich nicht fürchten, ich werde dir schon nichts tun", sagte Anne beruhigend und sah ebenfalls eine Weile den knisternden Flammen zu. Regulus wirkte angespannt.
„Warum hast du das getan?", fragte sie ihn schließlich.
Er musste nicht erst fragen, was sie meinte.
„Ich wollte, dass man euch nach Hause schickt", gab er frei heraus zu. Sie war erstaunt. „Warum?"

Darauf antwortete er nicht. Stattdessen fasste er sich unwohl dreinblickend verstohlen an den linken Arm, was Anne nicht entging. Sie griff energisch nach seiner Hand und schob seinen Ärmel zurück. Das dunkle Mal prangte deutlich auf seiner hellen Haut. Entsetzt sog sie lautstark den Atem ein und er zog seinen Arm sogleich zurück, um den Ärmel wieder darüberzuschieben.

Tränen traten in Annes Augen, als sie ihn ansah. Er war ebenso attraktiv wie sein Bruder, wenn auch etwas kleiner und dünner. Sein kohlrabenschwarzes Haar trug er kürzer als Sirius und seine Augen waren dunkler, fast schwarz. Seine Kleider waren edel und sorgfältig gepflegt und er trug sie mit vornehmem Stolz, während Sirius die teuren Hemden und Westen mit Verachtung auftrug und deshalb immer einen etwas schlampigen Eindruck erweckte.

„Wir waren einmal Freunde, Regulus. Was ist nur geschehen, dass wir uns nun auf verfeindeten Seiten begegnen müssen?"
Er sah sie nicht an, sondern starrte weiterhin ins Feuer. Sie wollte ihre Hand auf seinen Arm legen, aber er schüttelte sie wehrhaft ab.

„Damals hätte ein Wort von dir genügt", brach es wehmütig aus ihm heraus und zum ersten mal seit langer Zeit sah er ihr direkt ins Gesicht. Sie glaubte ihn nicht wiederzuerkennen so viel Hass und Verbitterung sprach aus seinem Blick.
„Ein Wort und ich wäre dir überall hin gefolgt. Vielleicht wäre ich sogar für dich von zu Hause weggelaufen, wie Sirius. Aber du hast dich für ihn entschieden!"
„Sirius ist nicht für mich davongelaufen", erwiderte sie betroffen.

„Nein, vielleicht nicht. Aber ich wäre fast vom rechten Weg abgekommen ..."
„Vom rechten Weg?!" Nun wurde sie aber zornig. „Hältst du es etwa für den rechten Weg, dich wegen deines verletzten Stolzes den Todessern anzuschließen?"
„Du nimmst dich viel zu wichtig, Anne", warf er ihr vor. „Du solltest dich lieber fürchten. Fürchte dich, vor dem was dir bevorsteht!", sagte er bedrohlich und verfehlte seine Wirkung damit nicht. Sie schreckte zurück.

„Warum sucht er nach mir, Regulus?", fragte sie flüsternd.
„Glaubst du etwa, dass er mir das sagen würde? Wahrscheinlich ist ein Schlammblut, das offen die Slytherin-Schlange auf der Brust trägt, ihm einfach zuwider ..."

Fast tat sie ihm leid, wie sie ihn jetzt verzweifelt ansah. Aber sie fing sich schnell und entgegnete: „Wenn er das glaubt, ist er nicht so allwissend, wie er denkt."
„Das wird ihn nicht abhalten ..." Sie glaubte einen Anflug von Angst über sein Gesicht huschen zu sehen. Er war nicht so überzeugt vom Todesser-Dasein, wie er tat. Seine Hände zitterten und er bemühte sich Haltung zu bewahren, sie spürte es genau.

„Wenn er die Muggel so sehr hasst", sagte sie dann unvermittelt, „warum hat er sich selbst zu einem ihrer Adligen ernannt? Unter Hexen und Zauberern gibt es keine Lords und Ladies ... Warum also hat er sich einen Titel gegeben? Er ist selbst kein Reinblüter. Hast du darüber schon einmal nachgedacht?"
Regulus schluckte. Sie rückte näher und sprach ganz leise: „Vielleicht solltest du dich besser fürchten. Wenn, dann sterbe ich für die Seite, die ich frei gewählt habe. Du hingegen bist nur ein Spielball eines Wahnsinnigen."

Anne Eastwood und die magische Welt (Hogwarts Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt