8. Kapitel - Mädchen-Schwärmereien

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Am Freitag durfte sie den Krankenflügel verlassen und am Samstag nach dem Frühstück schlenderte die gesamte Schülerschaft aufgeregt schnatternd zum Quidditchfeld.

„Ich hoffe Hufflepuff gewinnt gegen die arroganten Gryffindors", meinte Regulus gehässig. Anne saß zwischen ihm und Eleanor und winkte hinüber zu Lily.
„Von mir aus kann gewinnen wer will", antwortete sie. „Hauptsache es ist schnell vorbei."
„Mensch Anne! Wie kannst du so etwas sagen", wies Eleanor sie zurecht. „Manchmal denke ich wirklich, du warst zu lange bei den Muggeln." Anne grinste. „Nein, Elli. Daran kann es nicht liegen. Ich finde Fußball und Tennis genau so doof. Sport ist nun mal nicht mein Ding."

In diesem Moment flitzten die Spieler der beiden Mannschaften aufs Feld und im Publikum gab es kein Halten mehr. Das erste Match der Saison begann und es wurde dominiert von Gryffindors Jägern, angeführt von James Potter. Die Leichtigkeit, mit der er und die anderen Spieler sich den Quaffel zuwarfen, den Klatschern auswichen und den gegnerischen Hüter austricksten, fand sogar Anne schließlich unterhaltsam. Neben ihr stöhnte Regulus bei jedem Treffer Gryffindors auf. Sie sah Lily, wie sie jedesmal voller Euphorie vom Sitz sprang und jubelte. Neben ihr Remus Lupin und Sirius Black, der wieder auffallend oft zu ihr herüber sah. Warum nur, machte sie das heute so nervös?

Das Spiel war kurzweilig und schnell und als Hufflepuffs Sucher den goldenen Schnatz als erster fing, hatte Potter bereits so oft getroffen, dass der Sieg mit 180 zu 170 Punkten an Gryffindor ging. Der Jubel der Schüler in Rot und Gold kannte keine Grenzen und Anne ging davon aus, dass Lily mit ihren Kommilitonen im Gemeinschaftsraum feiern wollte. Deshalb ging sie mit Eleanor und Cara zum Mittagessen.

„Und hast du gesehen, das vierte und fünfte Tor ... die hat er ganz kurz hintereinander reingemacht, der Hüter der Hufflepuffs hatte gar keine Chance."
„Aber ja, er kann die Ringe vermutlich auch mit verbunden Augen treffen!"
„Er fliegt dieses Jahr einen Nimbus 1500, der sieht soo elegant aus!"
„Hach!"
„Mit wem denkst du, wird er den Tanzkurs machen?"
„Mit Lily Evans natürlich, er macht ihr schon lange schöne Augen, aber sie will ihn nicht."
„Ach ich wünschte, er würde mit mir auch einmal tanzen."
„Ob er wohl so gut tanzt, wie er Quidditch spielt?"
„Anne, mit wem würdest du gerne zum Tanzkurs gehen?"

Fast verschluckte sie sich an ihren Kartoffeln, als Cara die Frage an sie richtete. Eleanor klopfte ihr lachend auf den Rücken.
„Unsere gute Anne würde lieber eine Woche lang Medaillen polieren, als mit einem Mitschüler zu tanzen. Nicht wahr?"
Anne wurde rot. Es stimmte, dass sie sich nicht für Jungen interessierte und dass sie die Freundinnen für ihre Schwärmereien belächelte. Aber dass Eleanor sich nun so darüber lustig machte, kränkte sie ein wenig. War sie wirklich so abweisend?
„Ach mit Amal Nazari würdest du sicher ein Tänzchen wagen, nicht?", kicherte Cara.
Amal Nazari aus Ravenclaw war ein gutaussender und sehr netter Junge. Sein üppiges dunkles Haar in Kombination mit milchkaffeebrauner Haut gaben ihm ein exotisches Aussehen und er sprach mit einem leichten Akzent in seiner melodischen Stimme. In ihrer allerersten Unterrichtsstunde in Verwandlung hatte er Anne höflich gefragt, ob er sich neben sie setzen durfte und erfreut hatte sie damals festgestellt, dass der nette Banknachbar keine Berührungsängste mit Muggelgeborenen zeigte, als sie sich gemeinsam darüber amüsierten, wie Professor McGonagall Frank Mulciber für seine gehässigen Bemerkungen Louis und Rupert Bemsley gegenüber gerügt hatte, den muggelstämmigen Zwillingen, die inzwischen Nazaris beste Freunde geworden waren. Leider hatte sich bald herausgestellt, dass Amal zum Einschlafen langweilig war und seine Mitschüler gerne mit eintönigen, wissenschaftlichen Monologen beglückte. Anne war eine der wenigen, die sich trotzdem gerne neben ihn setzte. Schon allein aus Dankbarkeit, weil er seit ihrem ersten Schultag freundlich zu ihr war.

Sie lächelte tapfer. Sollten sie doch glauben, was sie wollten. „Und wen würdet ihr gerne abschleppen?"
„James Potter!", rief Eleanor sofort.
„Nein Elli, vergiss es, Potter kannst du nicht haben", warf Cara energisch ein.
„Dann Sirius Black. Der ist zwar kein Quidditchspieler, aber dafür sieht er verdammt gut aus."
Anne prustete. „Na ihr habt euch ja hohe Ziele gesetzt!"
„Nur das Beste ist gut genug", zwinkerte Elli ihr zu.
„Ach weißt du, ich bin schon froh, wenn ich am Ende nicht mit Avery oder Mulciber tanzen muss", scherzte Anne und die Mädchen schüttelten sich angewidert. Niemand konnte die beiden Slytherin Mitschüler leiden.
„Nein", sagte Eleanor schelmisch grinsend. „Die Idioten sind schon für Seraphina und Marigold reserviert!"
Verschwörerisch grinsten die Mädchen sich an. Die beiden Mitschülerinnen hatten sich schon früh bei ihnen unbeliebt gemacht.

Eleanor sah Anne mitleidig und beschämt zugleich an. „Es tut mir leid, dass Malfoy so gemein zu dir ist. Und dass sich niemand traut, etwas dagegen zu unternehmen", flüsterte sie ihr zu. „Heute Morgen hat er im Gemeinschaftsraum alle eingeschüchtert. Er sagt, wer sich mit dir einlässt, dem würde er ein schmerzhaftes Furunkel verpassen. Ich weiß nicht, ob er das wirklich kann, aber alle haben mächtig Angst vor ihm. Sogar mein Cousin Chess und seine Freunde und die sind schon in der Vierten. Cara hier hat er auch schon angepöbelt."
Das Mädchen, das neben ihr saß, nickte und sagte leise: „Er kennt sämtliche Familien-Abstammungen aller Slytherin-Schüler. Weil meine Mutter keine Hexe ist, will er mich beobachten. Severus Snape hat er dasselbe angedroht! Halbblüter müssten sich erst beweisen, sagt er."
„Nehmt Euch lieber in Acht!", entgegnete Anne verstohlen. „Es reicht, wenn ich mich mit ihm herumschlagen muss."

„Ihr werdet Euch doch nicht mit der da abgeben?!", hörten sie da Seraphina Thynnes schneidende Stimme hinter sich. Sie und Marigold Nott, das fünfte Slytherin-Mädchen im ersten Jahrgang, waren vom Tisch aufgestanden und hatten sie zusammensitzen sehen. Eleanor und Cara wurden ganz blass und verlegen, aber Anne wollte die beiden nicht in Schwierigkeiten bringen.
„Ich habe sie nur etwas gefragt Seraphina und sie waren so höflich mir eine Antwort zu geben. Es ist ja wohl nicht verboten, mit mir zu reden, oder?"
„Mit dir würde ich mich nicht unterhalten wollen und wenn du der letzte Mensch auf Erden wärst!"
Anne sah sich mit hochgezogenen Augenbrauen um. „Dafür, dass die Menschheit noch nicht ausgestorben ist, hast Du aber gerade echt viele Worte an mich verschwendet, nicht?", meinte sie trocken. Seraphina reckte daraufhin beleidigt das Kinn in die Höhe und zog mit Marigold von dannen.
„Blöde Kuh", zischte Anne ihr hinterher.
Eleanor und Cara warfen sich unglückliche Blicke zu.
„Keine Sorge", sagte Anne zu ihnen. „Ich komme zurecht." Das war zwar weit zuversichtlicher, als sie sich fühlte, aber Aufgeben kam ganz und gar nicht in Betracht.

Eine einzelne Eule flog zu dieser ungewohnten Stunde durch die große Halle und ließ Anne eine Nachricht in den Schoß fallen.
„Was ist das?", fragte Eleanor neugierig. „Hast du einen Verehrer, von dem wir nichts wissen?" Sie und Cara kicherten amüsiert und Anne konnte nicht anders, als zu lachen.
„Nein, der ist von Professor McGonagall", gab sie Auskunft und holte das Schreiben aus dem Umschlag.
„Klingt unerfreulich, wenn du mich fragst", stellte Cara fest. „Was steht drin?"
„Strafarbeit", seufzte Anne. „Am Montagnachmittag."
„Schon wieder eine Strafarbeit?!" Eleanor machte ein unzufriedenes Gesicht. „Man bekommt dich ja kaum noch zu Gesicht! Weißt du überhaupt noch, wie unser Gemeinschaftsraum aussieht?"
„Nein. Aber ich weiß, wo die Tür dazu ist", scherzte Anne unbekümmert.

Anne Eastwood und die magische Welt (Hogwarts Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt