3: Verschlossenes Buch

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Die „Goldene Bohne" war mein kleines Versteck inmitten von München. Ein Ort, der sich weniger wie ein Café und mehr wie das Wohnzimmer eines besonders kreativen und leicht verrückten Freundes anfühlte. Überall hingen Pflanzen, die sich wie lebendige Gardinen von der Decke schmiegten, und jedes Regal schien bis zum Rand mit alten, bunt glasierten Tassen gefüllt zu sein, die man in keinem Geschäft der Stadt finden würde. Der Duft von frisch gebackenen Keksen und einem Hauch von Zimt lag in der Luft, warm und beruhigend, wie eine Umarmung.

Ich nippte an meinem Chai-Latte und warf einen Blick über den Rand meiner Tasse zu Mathilda – oder, wie ich sie scherzhaft nannte, Tilda. Sie saß mir gegenüber und hielt ihre Tasse mit Früchtetee in beiden Händen, als würde der Tee sie auf magische Weise beruhigen. Ihr Gesichtsausdruck sagte allerdings etwas anderes. Sie war angespannt, ihre Augen leicht zusammengekniffen, während sie mir von ihrem letzten Streit mit Maxi erzählte.

„Und dann," seufzte sie und verdrehte die Augen, „hat er wieder angefangen mit diesem ‚Ich weiß nicht, was du von mir erwartest'-Quatsch. Ehrlich, Amber, ich weiß manchmal echt nicht, was ich ihm noch sagen soll."

Ich nickte und nahm einen weiteren Schluck, während ich versuchte, nicht die Augen zu verdrehen. Es war nicht das erste Mal, dass sie von einem Streit mit Maxi erzählte. Maxi war fünf Jahre älter als wir und schien manchmal in seiner eigenen Welt zu leben – einer Welt, in der Kommunikation ein Buch mit sieben Siegeln war. Tilda klang mittlerweile fast resigniert, aber irgendwo in ihrem Gesicht konnte ich das kleine Fünkchen Hoffnung sehen, dass er sich ändern würde. Ich wollte ihr nicht das Herz brechen, aber mein Verständnis für ihn schwand von Tag zu Tag.

„Und wie hat er darauf reagiert, als du ihm gesagt hast, was dich wirklich stört?" fragte ich vorsichtig.

Sie seufzte und rührte mit dem Löffel in ihrem Tee. „Na ja, er hat irgendwas gemurmelt von wegen ‚Das hab ich nicht so gemeint' und ist dann beleidigt ins Bett gegangen. Ich mein, wie soll ich denn mit jemandem klarkommen, der bei jedem Problem sofort in Verteidigungsmodus geht?"

Ich lächelte schwach und legte meine Hand auf ihre. „Tilda, vielleicht ist es einfach Zeit, dass du ihm klarmachst, was du wirklich brauchst. Kommunikation ist keine Einbahnstraße, und wenn er das nicht versteht..." Ich ließ den Satz offen, wusste, dass sie den Rest ohnehin selbst wusste, auch wenn sie ihn vielleicht nicht hören wollte.

In diesem Moment vibrierte mein Handy auf dem Tisch. Ohne viel nachzudenken griff ich danach und entsperrte es. Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, als ich die Benachrichtigung sah: @jamalmusiala10 folgt dir jetzt.

Bevor ich reagieren konnte, beugte sich Tilda über den Tisch und spähte auf mein Display. Ihre Augen weiteten sich, und sie verschluckte sich fast an ihrem Tee. „Amber! Das ist Jamal Musiala! Er folgt dir? Wie süß ist das denn?"

Ich zuckte lässig mit den Schultern, versuchte, meine wachsende Freude zu verbergen. „Ja, er ist echt nett. Wir haben uns gestern ein bisschen unterhalten, als ich beim Training war."

Tilda sah mich an, als hätte ich gerade gesagt, dass ich den Lotto-Jackpot geknackt hätte. „Ein bisschen unterhalten? Mädchen, er ist ein Nationalspieler und... er folgt dir!" Ihre Augen funkelten vor Aufregung. „Das ist fast so gut wie ein Ritterschlag."

Ich schüttelte den Kopf und lachte. „Es ist nur ein Follow, Tilda. Er ist einfach freundlich und..." Ich zögerte. „Ja, vielleicht ist er ein kleiner Sonnenschein."

Sie grinste mich breit an. „Ein kleiner Sonnenschein, der Nationalspieler ist und dir folgt. Vergiss das nicht." Sie stupste mich verspielt mit dem Finger an. „Ich will jedes Detail hören, wenn ihr euch das nächste Mal unterhaltet."

Kopfspiele - Erstes BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt