10: Der Aufbruch

77 3 0
                                    

>>>>><<<<<

Der Raum war voller Energie, als ich den Presseraum betrat und mir einen Platz in der letzten Reihe suchte. Das Gemurmel der Journalisten, die das Klappern ihrer Laptops und das Summen von Stimmen mischte sich mit der kühlen, kontrollierten Luft des Konferenzraums. Die Lichter über der Bühne strahlten hell, und das DFB-Logo prangte hinter dem Podium, wo mein Vater, Julian, neben Toni Kroos und Antonio Rüdiger Platz nahm. Sie waren die Gesichter des Teams, die bereit waren, sich den Fragen der Reporter zu stellen.

Ich legte mein Notizbuch auf die Knie und machte es mir bequem, während ich mich darauf vorbereitete, die Reaktionen und Körpersprache der Spieler zu beobachten. Dies war eine großartige Gelegenheit, um nicht nur die verbale, sondern auch die nonverbale Kommunikation zu studieren – etwas, das ich in meiner Seminararbeit aufgreifen wollte.

„Guten Morgen und herzlich willkommen zur Pressekonferenz der deutschen Nationalmannschaft," begann mein Vater mit seiner vertrauten, tiefen Stimme. Seine Haltung war aufrecht, selbstbewusst, und ein leichter, professioneller Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Toni Kroos saß zu seiner Rechten, ruhig und mit einer Gelassenheit, die nur jemand ausstrahlen konnte, der in den größten Stadien der Welt gespielt hatte. Antonio Rüdiger auf der anderen Seite wirkte aufmerksam, seine Augen wanderten durch den Raum, während er die Atmosphäre einsog.

Die erste Frage kam von einem Reporter aus der Mitte des Raums. „Herr Nagelsmann, wie bereit fühlt sich das Team für die bevorstehende Europameisterschaft? Was sind die größten Herausforderungen?"

Mein Vater antwortete ruhig, sein Ton sachlich und doch motivierend. „Wir haben hart gearbeitet, und das Team hat alles gegeben, um auf diesen Moment vorbereitet zu sein. Natürlich gibt es immer Herausforderungen, vor allem in einer Meisterschaft von diesem Kaliber. Aber wir sind optimistisch und fokussiert."

Ich beobachtete, wie Toni ein leichtes, selbstbewusstes Nicken hinzufügte, und in seinem Blick lag die Gelassenheit eines Spielers, der sich nichts mehr beweisen musste. Antonio hingegen spannte leicht den Kiefer an, ein Zeichen von Konzentration und vielleicht auch ein wenig Druck. Ich notierte mir die kleinen Details – die subtile Veränderung im Ton meines Vaters, das kleine Lächeln, das Toni bei einer weiteren Frage umspielte, und die Art, wie Antonio sich etwas nach vorne lehnte, wenn eine Frage ihn direkt betraf.

„Antonio, wie wichtig ist für Sie persönlich der Erfolg bei dieser Europameisterschaft?" fragte eine andere Stimme.

Er atmete kurz durch, bevor er antwortete, die Schärfe in seinen Augen wurde sanfter. „Es ist sehr wichtig, nicht nur für mich, sondern für das gesamte Team und unser Land. Wir haben die Verantwortung, unser Bestes zu geben, und das ist es, was uns antreibt."

Die Art, wie er das sagte, ließ keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte. Seine Worte wirkten nicht wie auswendig gelernt, sondern wie eine Überzeugung, die tief in ihm verwurzelt war. Ich notierte mir seine Körpersprache, die Spannung in seinen Schultern und die Entschlossenheit in seiner Stimme.

Toni nahm sich bei seiner nächsten Antwort mehr Zeit, sein Blick ruhte gelassen auf dem Reporter. „Die Europameisterschaft ist ein Moment, in dem sich alles entscheidet. Und was wir brauchen, ist Zusammenhalt und Vertrauen."

Es war spannend, die Unterschiede zwischen den Spielern zu sehen – die stoische Ruhe eines erfahrenen Mittelfeldspielers und die energiegeladene, fordernde Präsenz eines Verteidigers. Die Pressekonferenz ging weiter, und ich ließ meinen Stift durch die Seiten meines Notizbuchs gleiten, während ich jede Reaktion und jede Nuance festhielt.

Von hinten sah ich, wie einige Reporter eifrig Notizen machten, ihre Augen funkelten vor Interesse. Dies war nicht nur eine Pressekonferenz, es war ein Moment des Aufbruchs und der Vorbereitung auf das, was kommen würde. Und während ich das alles beobachtete, fühlte ich mich seltsam verbunden – sowohl als Analystin für meine Arbeit als auch als Tochter, die ihren Vater und das Team, das er führte, aus einem anderen Blickwinkel sah.

Kopfspiele - Erstes BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt