11: Homeground

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Der Blick aus dem Fenster zeigte verschwommene Felder und vereinzelte Bäume, die in der milden Herbstsonne glitzerten. Die Stimmung war entspannt und voller Vorfreude, doch es gab einen Punkt, der meine Aufmerksamkeit nicht losließ: Flo saß allein, mit einem nachdenklichen Blick, der auf die vorbeiziehende Landschaft gerichtet war.

Jamal hatte mich und die anderen Jungs mit seinem Humor in einen Strudel aus Gelächter gezogen, doch mein Blick wanderte immer wieder zu Flo. Sein ruhiges Profil, die tiefen Augen und die scharfen Gesichtszüge verrieten wenig, doch ich wusste, dass hinter dieser stillen Fassade eine Geschichte steckte, die er verbarg. Ein Moment der Erinnerung durchzog mich – seine leise, mitfühlende Art im Flur, als er mich nach meiner Panikattacke überrascht und auf seine eigene Weise unterstützt hatte.

Ein plötzlicher Entschluss überkam mich. „Ich bin gleich wieder da," sagte ich und lächelte den Jungs zu, bevor ich mich von meinem Platz erhob und mich durch den schmalen Gang nach vorne schlängelte. Jamal warf mir einen überraschten Blick zu, gefolgt von einem Grinsen. „Wirst du uns etwa untreu, Amber?" rief er mir scherzend nach, was ein Lachen bei den anderen auslöste.

„Nur kurz," entgegnete ich und warf ihm einen verspielten Blick zu, bevor ich weiterging.

Flo bemerkte mich erst, als ich vor ihm stand. Seine Augen zuckten leicht zusammen, und ich konnte die Überraschung in seinem Blick sehen, als ich mich neben ihn setzte. Ein Hauch von Anspannung schlich sich in seine Schultern, die sich versteiften, doch er sagte nichts.

„Hey," begann ich, die Stille zu brechen, und versuchte, den Ton so leicht wie möglich zu halten. „Du siehst aus, als könntest du Gesellschaft gebrauchen."

Sein Blick wanderte zu mir, bevor er wieder nach draußen auf die vorbeiziehenden Felder fiel. „Hey," sagte er leise, fast abwesend. „Ich bin es gewohnt, allein zu sein."

Die Worte trafen mich mehr, als ich erwartet hatte, und für einen Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Dann erinnerte ich mich an das Gefühl, allein zu sein – wirklich allein – und wusste, dass ich das Gespräch weiterführen musste. „Vielleicht bist du das, aber es heißt nicht, dass es immer so sein muss."

Flo warf mir einen kurzen Blick zu, und ich sah, wie seine Augen prüften, ob ich es ernst meinte. Er sagte nichts, aber die Anspannung in seinem Kiefer verriet, dass er über meine Worte nachdachte. Ich spielte mit dem Reißverschluss meines Pullovers, um die Stille zu überbrücken, und sprach weiter: „Weißt du, manchmal denke ich, dass es leichter ist, allein zu sein, weil man dann keine Erwartungen enttäuschen kann. Aber es macht auch einsam."

Er wandte sich mir langsam zu, seine braunen Augen funkelten mit einer Tiefe, die mich fast aus dem Konzept brachte. „Das ist es," sagte er schließlich, und seine Stimme klang rau. „Einsamkeit ist... einfacher."

„Es ist einfacher, aber es ist nicht besser," antwortete ich sanft. Ein leichter Windstoß ließ die Vorhänge an den Fenstern des Busses flattern, und ein Sonnenstrahl fiel auf Flo, beleuchtete die müden Linien in seinem Gesicht. Die sonst so kühl wirkende Maske, die er trug, schien einen Moment lang zu wanken, als ob er überlegte, mir ein kleines Stück seiner inneren Welt zu zeigen.

Ich entschloss mich, die Stille zu nutzen, um weiterzusprechen. „Als ich neulich eine Panikattacke hatte... ich habe gemerkt, dass du es gesehen hast. Und das hat mir gezeigt, dass du aufpasst, selbst wenn es keiner merkt." Ein Anflug von Scham durchzuckte mich, weil ich so offen sprach, aber es fühlte sich richtig an. „Ich glaube, wir alle tragen etwas mit uns herum. Vielleicht wäre es einfacher, wenn wir das nicht allein tun müssten."

Kopfspiele - Erstes BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt